Ärzte - Hannover:Studie prognostiziert steigenden Ärztemangel auf dem Land

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Ein Schild an einem Haus weist in einer kleinen Gemeinde auf eine Arztpraxis hin. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Hannover (dpa/lni) - Der Ärztemangel in Niedersachsen wird nach einer Studie der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) weiter zunehmen. Bis 2035 sinkt die Zahl der Hausärzte demnach von gegenwärtig 5044 auf 3750, teilte die KVN am Donnerstag in Hannover mit. Bei den Fachärzten droht eine Unterversorgung auf dem Land, was heißt, dass nur noch weniger als drei von vier Praxen besetzt werden können. "Die Sicherstellung der flächendeckenden vertragsärztlichen Versorgung wird immer schwerer werden", sagte KVN-Vorstandschef Mark Barjenbruch. Vor allem Hausärzte, aber auch einzelne fachärztliche Disziplinen ständen mittelfristig vor allem im ländlichen Raum stark unter Druck.

Die Kassenärztliche Vereinigung sieht sich durch die Studie in dem Kurs bestätigt, mit Geld aus dem gemeinsamen Strukturfonds mit Krankenkassen und Land in Niederlassungen und Praxisübernahmen in absehbar unterversorgte Gebiete zu investieren. Bis zu 50 000 Euro Starthilfe gibt es für eine neue Arztansiedlung. Neben der Erhöhung der Zahl der Studienplätze für Medizin helfe auch die Landarztquote. "Mit einer Landarztquote geben wir hochmotivierten Bewerbern die Chance, Ärztin oder Arzt zu werden, auch wenn sie keine Traumnote im Abitur haben", sagte der KVN-Chef.

"Wenn sich nichts tut, haben wir künftig das Problem, dass in einigen Teilen unseres Landes die Bevölkerung nur eine ärztliche Versorgung zweiter Klasse oder nur in weiter Entfernung bekommt", kommentierte der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips, die KVN-Prognose. "Die Landesregierung sollte daher mindestens die zugesagten 200 weiteren Studienplätze für Medizinstudentinnen und -studenten bereitstellen und den Numerus clausus für das Medizinstudium abschaffen." So könnten mehr junge Leute für den Arztberuf gewonnen werden.

Schon im vergangenen Jahr waren vor allem in den deutschen Flächenländern viele Stellen für Hausärzte unbesetzt geblieben - auch Niedersachsen war davon betroffen. Im Land konnten 8,9 Prozent der geplanten Plätze für Niederlassungen nicht vergeben werden, verglichen mit 5,9 Prozent im bundesweiten Schnitt. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Linke) hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Den Daten zufolge ließen sich 2019 damit weniger Hausärzte nieder als die Bedarfsrechnungen für Niedersachsen vorsahen.

Der Verband der Ersatzkassen (vdek) wies aber darauf hin, dass die Gesamtzahlen der Ärzte im Land sich im Laufe der letzten Jahre positiv entwickelt hätten. Ende 2019 gab es hier demnach 5034 niedergelassene Hausärzte - sogar eine leichte Steigerung um 70 gegenüber dem Vergleichsjahr 2008.

Die Summe aller Vertragsärzte sei im gleichen Zeitraum landesweit um 1151 auf 12 676 gestiegen - das seien deutlich mehr Mediziner, als die KVN in früheren Prognosen selbst für ein "Worst-Case-Szenario" befürchtet habe. Eine Fehlannahme dabei sei etwa gewesen, dass viele Ärzte ihre Praxen schon im Alter von 60 Jahren schließen würden. Dies sei oft nicht der Fall.

Betrachtet man den Anteil der tatsächlich besetzten Arztstellen mit den Bedarfsplanungen, treten laut den Angaben der Bundesregierung - sie basieren auf Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung - jedoch Lücken zutage. Demzufolge erhöhte sich bundesweit die Zahl der unbesetzten Stellen in den vergangenen Jahren mit Schwankungen tendenziell: Von 2123 im Jahr 2014 ging es auf 2875 im Jahr 2018 hoch. Weil die Planung für den Bedarf an Hausärzten reformiert wurde, ließen sich die Zahlen von 2019 aber nur bedingt mit denen der Vorjahre vergleichen, hieß es.

Um die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, gibt es laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine Bedarfsplanung für ärztliche Niederlassungen. Der Bund macht dazu Vorgaben, die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder erstellen basierend darauf regionale Pläne. So wird festgelegt, wie viele Haus- und Fachärzte es in einer Region geben darf.

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