Medizin:Kunststoff oder Eigengewebe für die Brust?

Brustkrebs - Ein Brustimplantat wird untersucht

Sichtkontrolle: Ein Brustimplantat wird in Augenschein genommen.

(Foto: Boris Roessler/dpa)
  • Frauen entscheiden sich in der Mehrzahl für ein Implantat als Brustersatz.
  • Zwei Analysen im Fachmagazin JAMA Surgery zeigen nun, dass Frauen zufriedener sind, wenn sie Eigengewebe verpflanzt bekommen haben.
  • In einer weiteren Analyse zeigte sich allerdings, dass der Brustersatz mit Eigengewebe mit mehr Komplikationen einherging.

Von Werner Bartens

Erkranken Frauen an Brustkrebs, muss ihnen die Brust manchmal ganz oder zu großen Teilen abgenommen werden. Anschließend gibt es verschiedene chirurgische Möglichkeiten zur Rekonstruktion. Ein Implantat aus Kunststoff kann das fehlende Gewebe auffüllen. Ebenso ist es möglich, körpereigenes Gewebe zu verwenden. Dazu wird zumeist ein Teil der vorderen Bauchdecke verwendet und "hochgeklappt" oder vom Rücken nach vorne verlagert, was den Vorteil hat, dass Muskel- und Bindegewebe inklusive der Blutversorgung das Anwachsen erleichtern.

Frauen entscheiden sich in der Mehrzahl für ein Implantat als Brustersatz. Welche Vor- und Nachteile die Methoden langfristig haben, wurde bisher allerdings kaum untersucht. Zwei Analysen im Fachmagazin JAMA Surgery zeigen nun, dass Frauen zufriedener sind, wenn sie Eigengewebe verpflanzt bekommen haben. Dabei treten jedoch auch häufiger Komplikationen auf. Mehr als 1200 Frauen aus den USA und Kanada nahmen an der Untersuchung teil.

"Es ist ein sehr intimer Eingriff, der gut überlegt sein will"

Jene, deren Brust mit Eigengewebe "wiederaufgebaut" wurde, wie es in der Fachsprache heißt, berichteten zwei Jahre nach dem Eingriff von einer deutlich höheren Lebensqualität. Sowohl körperlich als auch seelisch fühlten sie sich besser; sie waren mit ihrer Brust zufriedener und erlebten ihre Sexualität als erfüllter. "Es ist ein sehr intimer Eingriff, der gut überlegt sein will", sagt Studienleiterin Katherine Santosa von der Universität in Ann Arbor. "Daten von so vielen Patientinnen können da eine wichtige Entscheidungshilfe bieten."

In einer weiteren Analyse zeigte sich, dass der Brustersatz mit Eigengewebe mit mehr Komplikationen einherging. Es kam öfter zu Wundinfektionen und häufiger war ein zweiter Eingriff nötig. Insgesamt lag die Rate der Zwischenfälle bei 32 Prozent, sie war allerdings sehr davon abhängig, von wo das Ersatzgewebe im Körper stammte.

Bei Implantaten drohen hingegen Kontrakturen oder Risse der Kapsel, besonders bei minderwertigen Materialien, wie der Skandal um den Hersteller PIP im Jahr 2010 gezeigt hat. Je weiter die Operation zurückliegt, desto seltener kommt es zu Komplikationen nach der Verpflanzung von Eigengewebe, sodass längerfristige Untersuchungen wünschenswert wären.

Obwohl sich die meisten Frauen mit der Verpflanzung von Eigengewebe wohler fühlen, geht der Trend in die andere Richtung. Mehrheitlich werden Implantate eingesetzt, was auch an der deutlich besseren Honorierung dieses Eingriffs in den meisten Ländern liegen mag. "Die Verwendung von Eigengewebe stagniert und ist schon im Jahr 2002 von den Implantatverpflanzungen überholt worden", schreiben Kenneth Fan und David Song in einem begleitenden Kommentar. "Wenn wir Frauen beraten, müssen wir sie besser aufklären, denn die Zufriedenheit ist ein wichtiger Faktor und die Komplikationen nach der Operation mit Eigengewebe treten fast nur am Anfang auf."

Gerade jüngere Frauen sollten zudem wissen, dass die Lebensdauer der Implantate begrenzt ist und - auch bei hochwertigen Materialien - nach zehn oder 15 Jahren eine neue Füllung nötig werden kann. Auf Dauer spreche daher viel für Eigengewebe; besser fühlen sich die Frauen damit offenbar sowieso.

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