Fake-Medikamente:Arzneimittelbehörde warnt vor gefälschtem Hepatitis-C-Medikament

Fake-Medikamente: Fälschung des Arzneimittels Harvoni der Firma Gilead. Die gefälschten Tabletten sind weiß, die echten orange.

Fälschung des Arzneimittels Harvoni der Firma Gilead. Die gefälschten Tabletten sind weiß, die echten orange.

(Foto: Quelle: BfArM)
  • In einer Apotheke in NRW ist ein gefälschtes Hepatitis-C-Medikament mit dem Namen "Harvoni 90 mg / 400 mg Filmtabletten" der Firma Gilead aufgetaucht.
  • Die Fake-Pillen waren weiß, und nicht wie üblich orange.
  • Patienten werden nun dringend gebeten, die Farbe und die Chargennummern ihrer Packungen zu überprüfen.

Von Kathrin Zinkant

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte warnt vor einer Fälschung des Arzneimittels "Harvoni 90 mg / 400 mg Filmtabletten" der Firma Gilead. Die Fälschung sei auf den deutschen Markt gelangt und in einer Apotheke in Nordrhein-Westfalen entdeckt worden, teilte das Bundesinstitut in Bonn mit. Ein Patient in Nordrhein-Westfalen war auf die falschen Pillen aufmerksam geworden, weil sie eine andere Farbe als üblich hatten - weiß statt orange. Ansonsten sind die Tabletten und Verpackungen nicht vom Original des Herstellers zu unterscheiden. Sogar die Chargennummer 16SFC021D stimmt mit einem real existierenden Code für den deutschen Markt überein. Das Verfallsdatum ist August 2018.

Patienten werden nun dringend gebeten, die Farbe und die Chargennummern ihrer Packungen zu überprüfen. Weiße Tabletten sollen auf gar keinen Fall eingenommen werden. Erkrankte können potenzielle Fake-Präparate gegen Vorlage eines Rezeptes in der Apotheke gegen echte Tabletten umtauschen. Die Apotheker werden die Fälle dann umgehend den Behörden melden.

Welche Substanzen in den gefälschten Pillen enthalten sind und woher sie stammen, ist derzeit noch unklar. Das BfArM untersucht die Tabletten, außerdem wird gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden der Länder ermittelt, wie weit die Fälschungen bereits verbreitet sein könnten - und ob das Medikament insgesamt zurückgerufen werden muss.

Medikamentenfälschung wird zum Handlungsfeld der organisierten Kriminalität

Harvoni ist eine der derzeit teuersten Arzneien auf dem Pharmamarkt und deshalb besonders attraktiv für Medikamentenfälscher. Eine einzige Tablette kostet mehr als 600 Euro. "Mit Blick auf den Patientenschutz bereiten uns Arzneimittelfälschungen gerade bei hochpreisigen Arzneimitteln Sorgen", sagt der Sprecher des BfArM, Maik Pommer. "So sehen wir zum Beispiel bei Krebsmedikamenten, dass sich Fälschungen verstärkt zu einem Handlungsfeld der organisierten Kriminalität entwickeln." In Deutschland gebe es derzeit allerdings nur eine überschaubare Zahl von Fällen, die in die legale Verkaufskette gelängen. Im vergangenen Jahr waren es laut Pommer nur drei.

Erst vor zwei Wochen waren allerdings Fälschungen eines anderen, noch neueren Hepatitis-C-Medikaments von Gilead einem deutschen Großhändler angeboten worden. Die Wirkstoffkombination Epclusa enthält Velpatasvir und Sofosbuvir und soll bei verschiedenen Subtypen noch besser wirken als Harvoni. In diesem Fall war die Fälschung an einer illegalen Chargennummer und Schreibfehlern auf der Verpackung rechtzeitig erkannt worden, das Medikament gelangte nicht auf den deutschen Markt.

Das nun gefälschte Medikament Harvoni mit den Wirkstoffen Ledipasvir und Sofosbuvir ist wohl den meisten Patienten mit einer Hepatitis-C-Infektion geläufig. Für einen großen Teil der der etwa 300 000 Infizierten in Deutschland bringt es Heilung. In gut 90 Prozent der Fälle kann Harvoni die Krankheit binnen Wochen beseitigen, und das ohne größere Nebenwirkungen. Das Mittel gilt heute als Standard in der Behandlung der Hepatitis C.

Hepatitis C ist eine Virusinfektion, an der jährlich etwa 5000 Menschen in Deutschland erkranken. Unbehandelt führt sie zu einer chronischen Leberentzündung und schließlich zu Leberkrebs. Nur wenige Fälle heilen spontan aus. Der Erreger HCV ist dabei nicht mit den Erregern von Hepatitis A und B verwandt, aber ähnlich ansteckend. Das Virus wird über direkten Kontakt mit infiziertem Blut übertragen. Auch sexuelle Übertragungen sind möglich, insbesondere bei Praktiken wie Analverkehr, die leicht zu Verletzungen führen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: