Antibiotika bei Erkältung:Kranke Therapie

Ärzte verschreiben oft Antibiotika gegen Infekte der Atemwege. Doch solange den Kranken keine Lungenentzündung plagt, helfen die Medikamente nur marginal. Der geringe Nutzen wird mit Nebenwirkungen erkauft.

Von Katrin Blawat

Irgendwas ist um diese Jahreszeit immer, und oft macht es sich durch hässliche Geräusche aus Nase, Rachen und Bronchien bemerkbar. Laute, die man eigentlich weder sich selbst noch seinen Mitmenschen zumuten will - und die noch immer viele Ärzte und Patienten mit Antibiotika zu bekämpfen versuchen. Erfolglos, in den meisten Fällen.

Denn gegen einen einfachen Schnupfen können diese Medikamente nichts ausrichten. Antibiotika wirken nur gegen Bakterien, während Triefnase und heiserer Hals meist das Werk von Viren sind. Auch bei akuten Rachen-, Kehlkopf- und Nebenhöhlenentzündungen bringen Antibiotika allenfalls kurzfristig einen sehr kleinen Nutzen - dafür aber das Risiko von Nebenwirkungen.

Wer von einem Infekt der unteren Atemwege geplagt wird, darf sich ebenfalls kaum Linderung von einem Antibiotikum versprechen - solange es sich nicht um eine Lungenentzündung handelt. Das zeigt eine Studie mit gut 2000 Patienten in zwölf europäischen Ländern.

Die Kranken hatten entweder das verbreitete, zu den Penicillinen gehörende Antibiotikum Amoxicillin erhalten oder ein Scheinpräparat. "Patienten, die Amoxicillin bekamen, erholten sich nicht schneller oder hatten signifikant weniger Symptome", fasst Paul Little von der Universität Southhampton die Ergebnisse zusammen.

Das Mittel helfe den meisten Menschen mit einfachen Atemwegsinfektionen nicht. Und selbst wer in geringem Maß von dem Antibiotikum profitiert, muss mit Nebenwirkungen wie Übelkeit und Durchfall rechnen.

"Man tauscht möglicherweise einen allenfalls kleinen Nutzen gegen anderes Übel", sagt Eva Hummers-Pradier von der Uniklinik Göttingen, Präsidentin des europäischen Forschungsnetzwerks für Allgemeinmedizin.

Warum Patienten nach Antibiotika fragen

In vielen Hausarztpraxen jedoch ist von diesen Erkenntnissen wenig zu spüren. Einigen Studien zufolge bekommen bis zu 80 Prozent aller Patienten mit akuter Bronchitis Antibiotika verschrieben. Um eine Superinfektion zu vermeiden, wie es dann oft heißt. So nennen es Ärzte, wenn zu den Viren eine bakterielle Infektion hinzukommt. "Das aber ist bei ansonsten gesunden Menschen kaum zu erwarten", sagt Hummers-Pradier. "Und sollte es wirklich so kommen, kann man immer noch Antibiotika geben."

Aber die Kranken: Schreien sie nicht geradezu nach den vermeintlichen Allzweck-Medikamenten? Mitunter schon - doch offenbar seltener, als Ärzte es ihnen unterstellen. Unabhängig davon, ob sie Antibiotika erhielten oder nicht, zeigten sich Patienten mit akuten Atemwegsinfektionen in mehreren Studien nahezu gleichermaßen zufrieden mit ihrer Behandlung.

Wenn ein Patient den Arzt eindringlich bittet, doch irgendeine Therapie einzuleiten, stecke dahinter oft eine ganz andere Frage, sagt Hummers-Pradier. "Eigentlich will der Patient dann zum Beispiel wissen: Wie schlimm ist meine Krankheit? Gefährde ich damit andere, etwa meine Kinder?"

Geht der Arzt auf diese Sorgen ein und erklärt, dass sich auch eine normale Bronchitis lange hinziehen kann, sind zumindest manche Kranke bereit, auf ein Antibiotikum zu verzichten. Was aber können sie stattdessen für ihre Genesung tun?

"Ausruhen und feuchte Luft atmen", empfiehlt die Göttinger Ärztin.

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