Alzheimer:Zweisprachigkeit schützt vor Demenz

Eine bilinguale Erziehung verschiebt den Beginn von Alzheimer und zwei weiteren Demenzerkrankungen um durchschnittlich viereinhalb Jahre nach hinten. Das gilt selbst für Analphabeten, wie eine große indische Studie jetzt zeigte.

Von Christian Weber

Wer zwei Sprachen beherrscht, darf hoffen, dass er im Alter länger vor dem geistigen Abbau durch eine Demenzerkrankung geschützt ist. Dies bestätigt erneut die angeblich bislang größte Studie zu diesem Thema, die ein Forscherteam um Suvarna Alladi vom Nizam's Institute of Medical Sciences im indischen Hyderabad im Fachmagazin Neurology (online) vorstellt.

Die Wissenschaftler hatten insgesamt 648 Menschen aus Indien über einen längeren Zeitraum verfolgt. 391 von ihnen sprachen zwei oder mehr Sprachen. Dabei zeigte sich, dass sich bei den bilingualen Studienteilnehmern drei verbreitete Arten von Demenz im Durchschnitt viereinhalb Jahre später entwickelten als bei denjenigen, die nur eine Sprache beherrschten. Dies war der Fall bei Alzheimer, der vaskulären Demenz und bei der frontotemporalen Demenz oder Pick-Krankheit.

"Unsere Studie ist die erste, die den Vorteil der Zweisprachigkeit auch bei Menschen belegt, die nicht lesen können", erläutert Alladi. "Das lässt vermuten, dass nicht das allgemeine Bildungsniveau eines Menschen diese Unterschiede erklären kann." Auch Faktoren wie Geschlecht, Beruf oder der Wohnort seien ausgeschlossen worden. Offenbar sei es tatsächlich so, dass allein das Training beim ständigen Wechsel der Sprache eine Schutzwirkung auf das Gehirn habe.

Vorteile von Geburt an

Die neuen Forschungsergebnisse zeigen ein weiteres Mal, dass Zweisprachigkeit nur kognitive Vorteile bringt - und zwar von Geburt an.

Nur auf unbegründeter "Angst und Anekdoten" beruhten früher Befürchtungen, wonach etwa eine bilinguale Erziehung Kinder beim Spracherwerb durcheinanderbringen könnte, schrieben im vergangenen Jahr Psychologen um Ellen Bialystok von der York University in einem Übersichtsartikel (Trends in Cognitive Sciences, Bd. 16, S. 240, 2012).

Im Gegenteil, es sei sinnvoll, eine Zweitsprache so früh wie möglich zu lernen, sie fließend zu beherrschen und häufig anzuwenden, damit die Vorteile der Bilingualität wirksam werden. Mit einem Sprachkurs im Rentenalter wäre man eher zu spät dran.

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