Finanzmärkte:Rating-Riese zweifelt an Bonität der USA

Die USA sind die größte Schuldnernation der Welt - und die Finanzmärkte verlieren die Geduld: Die Rating-Agentur Standard & Poor's gibt dem Land zwar noch die beste Note, senkt den Ausblick aber auf "negativ". Die Wall Street drängt die Politiker, ihren Haushaltsstreit schnell zu beenden.

Nikolaus Piper, New York

Eine ernste Warnung für die Vereinigten Staaten, die größte Schuldnernation der Erde: Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) setzte den Ausblick für die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von "stabil" auf "negativ" herab. Das hat zwar direkt keine Auswirkungen, dennoch reagierten die Anleger weltweit besorgt und verkauften Aktien und amerikanische Staatsanleihen. Die Börsenkurse fielen, die Rendite amerikanischer Anleihen, also die Risikoprämie, stieg. Dabei behalten die Schuldscheine bis auf weiteres ihre Spitzennote (AAA) - sie verlieren diese aber, wenn sich bis 2013 nichts zum Besseren ändert bei der Finanzpolitik der USA.

Die Frankfurter Finanzwelt zwischen Intensivstation und Normalität

Schreck lass nach: Auch das Rating der mächtigsten Wirtschaftsnation der Welt beginnt zu wackeln.

(Foto: Archivfoto: dpa)

Anlass der Entscheidung von Standard & Poor's ist die Blockade der Haushaltspolitik in Washington.

Der Bericht brachte in die jüngsten Verhandlungen in Washington somit zusätzliche Brisanz. Dabei geht es darum, ob das republikanisch beherrschte Repräsentantenhaus die Schuldenobergrenze für die Regierung erhöht. Sie liegt derzeit bei 14,294 Billionen Dollar. Die tatsächliche Verschuldung wird diese Grenze voraussichtlich am 16. Mai erreichen. Durch Haushaltstricks hofft das Finanzministerium die Zahlungsunfähigkeit noch bis zum 8. Juli aufschieben zu können; dann jedoch ist Schluss. Es wäre ein formeller Staatsbankrott. Die Republikaner sind zu einer Erhöhung nur bereit, wenn Präsident Barack Obama weiteren Budgetkürzungen zustimmt.

Finanzminister Timothy Geithner äußerte die Hoffnung, dass die Republikaner zu einem Kompromiss bereit sein werden. In der einflussreichen TV-Sendung Meet the Press sagte er, die Republikaner "verstehen, dass es absolut unabdingbar ist, die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika zu wahren". Dies sei Präsident Obama von Unterhändlern versichert worden.

Sinnlose Regel mit großem Schaden

Die Republikaner selbst machten jedoch klar, dass sie dafür einen hohen Preis verlangen werden. "Niemand will Zahlungsausfälle", sagte zwar Paul Ryan, Chef des Haushaltsausschusses im Repräsentantenhaus und konservativer Jungstar - aber es sei auch "wichtig, dass wir einen Zugriff auf die künftige Schuldenpolitik bekommen." Ohne weitere Kürzungen werde es keinen Kompromiss geben. Damit bleibt es völlig offen, ob die USA im kommenden Monat noch den Schuldendienst auf ihre Billionen-Last werden leisten können.

Experte: Republikaner werden einlenken

Das Konzept der Schuldenobergrenze, das 1917 eingeführt wurde, ist eigentlich unsinnig. Die Verschuldung eines Staates ergibt sich zwingend aus dem Haushalt. Die Abstimmung über diesen Etat und über die Schuldengrenze zu trennen, kann nur zu Widersprüchen führen. Entscheidend ist jedoch, dass der Kongress auf diese Weise ein machtvolles Instrument in die Hand bekommt, mit dem er den Präsidenten zu Zugeständnissen zwingen kann. Die Frage ist, inwieweit der Kongress den Hebel einsetzen kann, ohne den Interessen der Vereinigten Staaten massiv zu schaden.

An den Finanzmärkten sind mittlerweile die Sorgen gewachsen, auch schon vor der Ankündigung von S&P. Nach einem Bericht des Wall Street Journal übten prominente Börsianer in den vergangenen Tagen massiven Druck auf die Republikaner aus, um den Streit um die Schuldengrenze schnell zu beenden. Anlass waren mehrere Veranstaltungen in New York, auf denen Republikaner Wahlkampfspenden bei der Wall Street einwarben.

Der Vorsitzende des Bankenausschusses im Repräsentantenhaus, Spencer Baucus, sagte, die Vertreter der Wall Street hätten ihn vor den "negativen Implikationen" gewarnt für den Fall, dass die Schuldengrenze nicht erhöht wird. Bleibe das Problem bis in den Sommer hinein ungelöst, könne dies die Märkte beschädigen. Michael Grimm, ein New Yorker Republikaner, sagte: "Die Wall Street glaubt, dass die Märkte einbrechen werden, wenn wir unsere Anleihen nicht mehr bedienen." Öffentlich äußerten sich die Wall-Street-Banken selbst nicht.

Robert Shapiro, ein Politikberater aus Washington und früherer Mitarbeiter der Regierung von Bill Clinton, hält den Gedanken für absurd, dass es die Republikaner tatsächlich auf einen Staatsbankrott ankommen lassen würden. Wichtig für die Kreditwürdigkeit der USA sei aber, dass die Probleme in einem "kohärenten Prozess" gelöst werden. "Wenn die Leute nicht miteinander reden, dann zerstört dies Vertrauen an den Märkten", sagte Shapiro der SZ. Dies könne auch zu steigenden Zinsen führen. Nach Ansicht von Ajay Rajadhyaksha, Chef des Rentenhandels bei Barclays Capital, kommt es jetzt auf Tempo an. "Die Märkte werden nervös, wenn es nach dem 16. Mai noch keine Einigung gibt."

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