Zwangsversteigerungen:Mit offenen Karten spielen

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Auch wenn die Zwangsversteigerung droht, lässt sich manchmal noch eine einvernehmliche Lösung mit der Bank finden.

Tilman von Rohden

In den frühen neunziger Jahren kaufte Christiane Brehme für knapp 90.000 Euro ein Haus in Niederbayern und nahm einen Kredit für die Renovierung des Gebäudes auf.

Später kam eine Bürgschaft für die Firma ihres Ehemanns, eines gelernten Steinmetzes, hinzu. Der Betrieb ging 1997 Pleite, und da beim finanziell ausgebluteten Ehemann nichts zu holen war, nahm die Bank Christiane Brehme in die Pflicht. ,,Mit dieser Doppelbelastung war mein Haus nicht zu halten. Ich musste verkaufen'', sagt die heute 45-Jährige.

Doch es fand sich auf die Schnelle kein Käufer für das Haus auf dem Land. ,,Schnell und gnadenlos und ohne eine echte Chance für mich betrieb die Bank die Zwangsversteigerung'',erzählt die Mutter zweier Kinder. Zum Spottpreis von 30.000 Euro kam ihr Heim unter den Hammer, und sie blieb auf 160.000 Euro weiteren Schulden sitzen.

,,Zu diesem Zeitpunkt war ich längst in den USA. Die Probleme in der Heimat waren mir über den Kopf gewachsen. Ich wollte nur weg.'' Aus Verzweiflung hatte sie erst mal das Weite gesucht und beruflich und privat einen Neustart probiert.

Von Anfang an kooperieren

,,Die finanziellen Probleme, Existenzängste und das Gefühl der Aussichtlosigkeit führen immer wieder dazu, dass Menschen, deren Haus zwangsversteigert werden soll, den Kopf in den Sand stecken'', resümiert Ulrike Kirchhoff vom bayerischen Landesverband Haus und Grund. ,,Ein solch falsches, aber nachvollziehbares Verhalten krönt dann die Katastrophe.'' Und Sandra Löffelmann von der Münchener Vereinsbank Victoria Bauspar AG ergänzt: ,,Ich habe es schon erlebt, dass sich Schuldner erst einen Tag vor der Zwangsversteigerung meldeten. Wenn dann nicht ein fertiges Konzept vorgelegt wird, war die Mühe des Besuchs vergeblich.''

Denn bis zur Versteigerung dauert es bis zu zwei Jahre. ,,Eine kurzfristige Absage des Termins überlegt sich eine Bank deshalb gut.'' Löffelmann rät, von Anfang an zu kooperieren und mit offenen Karten zu spielen: ,,Banken haben kein großes Interesse an einer Vollstreckung.''

Nach ihren Angaben kommt es in 60 Prozent der Fälle zu einer einvernehmlichen Lösung. Diese bestehe oft im gemeinsamen Verkauf der Immobilie. Auch eine Neuberechnung der Ratenzahlungen oder eine Stundung kämen in Frage. Eine mittelfristige Tilgungsaussetzung sei dagegen kaum eine akzeptable Verhandlungsgrundlage.

Vorsicht bei zweifelhaften Beratern

Viele, denen eine Zwangsversteigerung droht, wenden sich an eine Schuldnerberatung. Ob sie dort richtig aufgehoben sind, ist längst nicht ausgemacht. ,,Diese Menschen brauchen eine schnellere Hilfe, als wir sie bieten können'', sagt Gudrun Bünte, Leiterin der AWO-Schuldnerberatung in München. Zudem seien diese Situationen in der Regel so kompliziert, dass sie schon alleine deshalb auf einen Rechtsanwalt verweise.

Neben den Rechtsanwälten bieten Berater aller Couleur ihre Dienstleistungen auf kommerzieller Basis an. Das Forum Schuldnerberatung, ein Verein in Heidelberg, schätzt, dass es 1000 bis 1500 ,,zweifelhafte'' Berater gibt. Sie seien mit Skepsis zu betrachten, weil deren Kompetenz nicht einzuschätzen sei und ihre Arbeit oft nicht mit den einschlägigen Gesetzen in Übereinstimmung stehe. Man solle lieber auf die 1200 offiziellen Schuldnerberatungsstellen setzen.

Auch die Münchner Schuldnerberatung arbeitet mit Rechtsanwälten zusammen. Diese versuchten oft, das Vollstreckungsverfahren auszusetzen, so der Leiter der Einrichtung, Klaus Hofmeister: ,,Dann ist Zeit gewonnen, mehrere Optionen auszuloten. Aber ist ein neuer Zahlungsfluss nicht abzusehen, ist eine Versteigerung kaum aufzuhalten.''

Alles auf den Prüfstand

Geprüft werden müsse ,,jedes Fitzelchen'': vorhandene Lebensversicherungen, zukünftige Erbschaften, verkaufsfähiges Vermögen wie teures Porzellan. ,,Banken sind selten eiskalt, aber Ausnahmen bestätigen die Regel'', meint Hofmeister.

So wie bei Christiane Brehme. Bei ihr machte die Bank kurzen Prozess. Dennoch hatte sie Glück im Unglück. 2005, nachdem sie sich beruflich neu orientiert hatte, beantragte sie die Verbraucherinsolvenz. ,,Meine Bank verzichtete auf alle Ansprüche, weil sie keine Chance hatte, nennenswerte Beträge von mir zu bekommen'', erinnert sie sich.

Seit einem Jahr lebt sie ohne Schulden. Ein Hass auf die unkooperative Bank sei nicht geblieben. ,,Ich bin nur kritisch gegenüber dem, was meine Bank gemacht hat und wie Banken heute Menschen zur Kreditaufnahme regelrecht verführen. So wie mich damals.''

© SZ vom 21. 3. 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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