Süddeutsche Zeitung

Zusatz zur Rente:Welche Form von privater Altersvorsorge ist die richtige für mich?

Clever Geld sparen, um im Alter seinen Lebensstandard halten zu können - darum geht es bei der privaten Altersvorsorge. Nur wie soll man dabei vorgehen? Tipps für Anlagemöglichkeiten, die zu Ihnen passen.

Von Katarina Lukač

Ich-AGs, Berufsnomaden, digitale Bohème und Geringverdiener mit Vollzeitjob: In der globalisierten Arbeitswelt haben sich die Beschäftigungsverhältnisse radikal verändert. Die Zahl der Selbständigen etwa ist in Deutschland laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zwischen 1991 und 2011 um mehr als 40 Prozent auf 4,3 Millionen gestiegen. Allein: Das Rentensystem der Bundesrepublik hält an der traditionellen Trennung zwischen dem (schrumpfenden) Heer von Angestellten einerseits, sowie Beamten und Selbständigen andererseits fest. Während letztere bei der Gründung der Rentenkasse in der Kaiserzeit eher unter den Industriellen und Mittelständlern zu finden waren, sind Selbständige heute zunehmend Alleinunternehmer, zumal im Falle ehemaliger Arbeitsloser mit staatlichem Zuschuss.

Da eine private Altersvorsorge für alle drei Gruppen notwendig und für viele existenzrettend ist, gibt es annähernd so viele Anlagemöglichkeiten wie Lebensläufe - und deren Anbieter. Im Verkaufslärm geht bisweilen unter, worum es bei der Altersvorsorge eigentlich geht: clever Geld sparen, um im Alter seinen Lebensstandard aufrecht erhalten zu können.

Private Altersvorsorge aus verschiedenen Produkten

Sascha Straub, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Bayern rät den Kunden, ihre private Altersvorsorge strategisch aufzufächern: Eine im Alter selbst benutzte Wohnimmobilie könne sinnvoll sein, die betriebliche Altersvorsorge sowie in vielen Fällen immer noch der Riestersparplan. Ein zusätzlicher ungeförderter Banksparplan mit einem hohen Grundzins und darüber hinaus einem variablen Zins sei zudem ratsam. Neben diesen konservativen Produkten gehören in ein breitgestreutes Anlageportfolio zu einem kleinen Teil auch Investmentfonds "mit denen mehr Rendite erwirtschaftet werden kann", sagt Straub. Am wenigsten Risiko geht hierbei ein, wer sich für die konservative Rentenfonds-Variante entscheidet (im Gegensatz zum Aktienfonds).

Klassische private Renten- oder Lebensversicherungen haben in der aktuellen Niedrigzinsphase an Attraktivität eingebüßt. Die garantierte Beitragsrendite, also der Gewinn, den die Versicherer ihren Kunden nach Abzug der eigenen Kosten zusichern, liegt derzeit bei den meisten Anbietern sogar unter dem staatlich festgesetzten Garantiezins von 1,75 Prozent. Die Differenz entsteht dadurch, dass die Unternehmen den Garantiezins nicht auf die Gesamtheit der gezahlten Beiträge eines jeden Kunden anrechnen, sondern etwa 20 Prozent Verwaltungs- und Risikokosten abziehen - übrig bleibt der Sparanteil. Damit ist bei Neukunden nicht einmal ein Inflationsausgleich garantiert: 2012 lag die Jahresinflationsrate in Deutschland bei zwei Prozent.

Neben der garantierten Rendite geben die Versicherer jedes Jahr zwar eine Prognose ihrer Gewinne ab, an denen die Kunden mit ihrem jeweiligen Sparanteil mit einem Bonus beteiligt werden. Neukunden sollten sich von all zu optimistischen Erwartungen nicht blenden lassen. Bei Vertragsende zählt nur der Gewinn, der letztlich tatsächlich eingefahren wird - und Jahrzehnte im Voraus gar nicht prognostiziert werden kann. So sank 2012 die Zinsgutschrift der deutschen Lebensversicherer, bestehend aus der garantierten Beitragsrendite und einem Bonus, laut einer Studie des Analysehauses Morgen & Morgen auf durchschnittlich 3,9 Prozent. Und auch bei den stillen Reserven drohen Abschläge für die Kunden. Im Februar 2013 wollte der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat darüber entscheiden, ob die Unternehmen ausscheidende Kunden weiterhin nur zur Hälfte an den stillen Reserven für festverzinsliche Wertpapiere beteiligen dürfen. Doch nach heftigem Streit wurde die Entscheidung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.

Wegen der niedrigen garantierten Rendite, hohen Produktkosten und unflexiblen Vertragsbedingungen rät auch Stefan Albers vom Bundesverband der Versicherungsberater von einem derartigen Vertragsschluss ab. Sinnvoller sei, sein Geld komplett über private Kapitalanlagen wie festverzinsliche Wertpapiere anzusparen und höchstens die Verrentung - also die monatliche Auszahlung - von einer privaten Rentenversicherung organisieren zu lassen. Sofern man sich die Kosten der Vermögensverwaltung nicht komplett spart, indem man sich "seinen eigenen Auszahlplan strickt", womöglich mit der Hilfe einer Bank.

Verluste bei Kündigung oder vorübergehendem Aussetzen

Ein sicheres Verlustgeschäft machen Kunden bei einer vorzeitigen Kündigung oder Beitragsfreistellung (dem vorübergehenden Aussetzen der Versicherung): "Das ist immer mit erheblichen Nachteilen verbunden", sagt Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten. Kunden, die bis zuletzt durchhielten, seien heute leider die Ausnahme, so BdV-Sprecher Kleinlein. Dabei müssten vor allem Einsteiger bedenken: "Altersvorsorge ist kein Synonym für Versicherung".

"Nennen wir es Vermögensaufbau", schlägt Versicherungsberater Stefan Albers vor. Mit der privaten Geldanlage könne man klein anfangen: Zunächst 1500 Euro auf einem Tagesgeldkonto sammeln, ein Wertpapier kaufen und in ein Depot bei der Bank legen.

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