Zumwinkel-Nachfolge:Der Chefmacher

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Eigentlich geht der ehemalige Lufthansa-Chef Jürgen Weber in Rente - tatsächlich ist er mächtiger denn je und regelt nun gleich dreimal die Zumwinkel-Nachfolge.

Jens Flottau

Es war dem Anlass angemessen ein rauschendes Fest. Die Lufthansa hatte in Washington einen riesigen Saal schmücken lassen und viele derjenigen eingeladen, die Jürgen Weber in seiner Karriere begleitet hatten. Es kamen Hunderte Kollegen, vor allem die Vertreter seiner Star Alliance, um dem Vorstandschef der Lufthansa kurz vor seiner Pensionierung noch einmal die Aufwartung zu machen. Und als die große Party vorbei war, zog sich der sichtlich gerührte Weber mit seinen Vertrauten in die Kellerbar seines Hotels zurück und erzählte noch lange von alten Zeiten. So wie das eben ist, wenn einer glaubt, dass das Arbeitsleben in der ersten Reihe langsam vorbei ist.

Zumwinkel-Nachfolge: Regelt die Nachfolge von Zumwinkel: ehemaliger Lufthansa-Chef Jürgen Weber.

Regelt die Nachfolge von Zumwinkel: ehemaliger Lufthansa-Chef Jürgen Weber.

(Foto: Archivfoto: AP)

Die nächtlichen Reflexionen an der Hotelbar sind fünf Jahre her, aber dass Jürgen Weber seither aus der ersten Reihe zurückgetreten sei, kann man kaum ernsthaft behaupten. Sein Einfluss in der deutschen Wirtschaft dürfte eher größer als kleiner geworden sein. Weber ist Aufsichtsratschef der Lufthansa und sitzt unter anderem in den Kontrollgremien der Allianz Lebensversicherungs-AG, der Bayer AG und der Deutschen Bank. Doch sein derzeit wichtigstes Mandat rückt den 66-Jährigen plötzlich wieder ins Rampenlicht: Weber muss als Aufsichtsratschef der Deutschen Post einen Nachfolger für Klaus Zumwinkel finden, der wegen der Steueraffäre als Vorstandschef zurücktreten musste und der zu allem Überfluss auch noch ein enger Freund ist.

Lufthansa vor der Pleite bewahrt

Webers Verdienste um die Lufthansa stehen außer Frage: Er hat das Unternehmen Anfang der neunziger Jahre vor der Fast-Pleite bewahrt und aus dem einst einer Behörde ähnelnden Gebilde einen privaten Konzern mit für ihr Ergebnis selbst verantwortlichen Geschäftsfeldern gemacht. Die von ihm mitgegründete Star Alliance ist für die gesamte Branche stilbildend geworden: In den vergangenen Jahren haben sich mit wenigen Ausnahmen alle wesentlichen Fluggesellschaften in solchen Bündnissen formiert.

Wenn es aber einen Bereich gibt, bei dem Weber als Lufthansa-Chef nicht immer eine glückliche Hand gehabt hat, dann sind es Personalentscheidungen. Alle neuen Konzernsparten sollten in ihren Märkten möglichst absolute Spitze werden und kräftig expandieren. In zwei Bereichen ging das zumindest zwischenzeitlich daneben. Die Cateringtochter LSG Skychefs expandierte unter ihrem damaligen Vorstandschef Helmut Woelki - intern auch "Küchen-Napoleon" genannt - koste es, was es wolle. Woelki schloss, um die LSG in Skandinavien und gegen die damalige Swissair-Tochter Gate Gourmet zu etablieren, offenbar so ungünstige Verträge, dass die Lufthansa später über die Haftpflichtversicherung für Manager einen hohen dreistelligen Millionenbetrag zurückholen wollte.

In der Touristik wollte Weber die damalige C&N Touristik (heute Thomas Cook AG) ganz groß herausbringen und machte seinen langjährigen Vertrauten Stefan Pichler - damals bekannt als "Deutschlands ehrgeizigster Manager" - zum Konzernchef. Marketingexperte Pichler erwies sich in der großen Branchenkrise nach 2001 als überfordert. Im Herbst 2003 entließ ihn der Aufsichtsrat, und Weber konnte ihn nicht retten.

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