Zukunft der BayernLB:Stochern im Nebel

5600 Jobs will die BayernLB abbauen - doch noch ist unklar, in welchen Bereichen. Die Mitarbeiter sind alarmiert. Sie rechnen damit, dass ganze Abteilungen wegfallen.

Thomas Fromm

Diethard Irrgang ist in einer besondern Situation. Seit Ende vergangener Woche sitzt der 53-jährige Personalratschef der BayernLB als erster Mitarbeitervertreter überhaupt im Verwaltungsrat der Bank. Dort soll er die Interessen seiner Kollegen vertreten, auf die ein harter Sparkurs zukommt.

Zukunft der BayernLB: Die BayernLB wird komplett umgekrempelt - in welchen Bereichen die Jobs abgebaut werden, ist noch unklar.

Die BayernLB wird komplett umgekrempelt - in welchen Bereichen die Jobs abgebaut werden, ist noch unklar.

(Foto: Foto: ddp)

Und er wird trotzdem nicht viel ändern können an den Weichenstellungen des Instituts. Das Management der Landesbank, die mit Finanzspritzen und Garantien von rund 30 Milliarden Euro gestützt werden muss, will Tausende von Stellen abbauen - und auch der Arbeitnehmervertreter weiß, dass es dazu im Grunde keine Alternative gibt. So klingt sein Programm für die nächste Zeit auch wenig kämpferisch. "Ich verstehe mich hier als Vermittler und muss für Interessenausgleich sorgen", sagt er der Süddeutschen Zeitung. Das, was nun auf ihn zukomme, sei ein "notwendiger Spagat".

An diesem Donnerstag hatte Irrgang seinen ersten großen Termin. Tausende von BayernLB-Mitarbeitern waren am späten Nachmittag zur Personalversammlung ins Kongresszentrum MOC im Münchner Norden gepilgert, wo Bankchef Michael Kemmer über den neuesten Stand der Sparmaßnahmen unterrichten wollte. Einige gingen mit großen Erwartungen, andere rechneten nur mit Motivationsübungen des Managements. "Zurzeit ist es wie das berühmte Stochern im Nebel", sagt ein Sachbearbeiter am Standort München. "Wir wissen nur, wie viele Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Wo genau, wissen wir nicht."

Ruhe vor dem Sturm

Tatsächlich hatte BayernLB-Chef Michael Kemmer im Dezember angekündigt, bis 2012 insgesamt 5600 der 19.200 Stellen zu streichen. Klar ist nur: So lange wird das Management nicht warten. "2012 ist eine langfristige Planung; vieles wird schon früher abgearbeitet", heißt es im Unternehmen. Klar ist auch: Die BayernLB der Zukunft wird sich auf den Mittelstand, Großkunden, gewerbliches Immobiliengeschäft und Privatkunden konzentrieren. Die Bank wird dabei zu einem bayerischen Institut geschrumpft; im Ausland werden in den nächsten Jahren Niederlassungen dichtgemacht, so etwa in Asien. Standorte wie New York und London werden auf ein Minimum reduziert.

Nach außen hin scheint alles ruhig. Hinter den Kulissen aber wird die Bank in diesen Tagen und Wochen durchleuchtet wie niemals zuvor. Jetzt geht es um die bitteren Details des Abbaus.

"In vier bis fünf Wochen werden alle genau wissen, wohin die Reise geht", sagt ein Manager. Eine Kernmannschaft von 200 Mitarbeitern kämmt in diesen Tagen Abteilung für Abteilung durch, begleitet von einem Team des US-Beraterhauses Boston Consulting. 18 Teilprojekte gibt es zurzeit, dabei geht es um Themen wie Informationstechnologie (IT), Personal und Unternehmenskultur. Jede Woche kommt mindestens einmal der Vorstand um Michael Kemmer zusammen, um über den Stand der Dinge zu beraten.

"Konkrete Gespräche" mit LBBW

Bis Ende Mai müssen die detaillierten Pläne dann zur Prüfung an die EU-Kommission nach Brüssel geschickt werden. Jeder BayernLBler weiß, dass sich die Bank von einigen ihrer zahlreichen Beteiligungen wird trennen müssen. Aber von welchen? Dass die Landesbankentochter SaarLB weitergereicht wird, gilt bereits als ausgemachte Sache. Aber sonst? Auf den Fluren der BayernLB wird seit Wochen darüber gemunkelt, die Kapitalanlagetochter BayernInvest könnte auf dem Verkaufstisch stehen. Andererseits: Hier bündelt die Bank große Teile ihres Anlagegeschäfts, hier arbeitet sie mit den Sparkassen zusammen, hier geht auch der bayerische Mittelstand ein und aus. "Wir haben über die BayernInvest viele gute Kunden", heißt es aus der Bank. Daher wäre es "unlogisch", die Tochter einfach ziehen zu lassen.

Was Kemmer auf jeden Fall behalten möchte, sind seine beiden wichtigsten und auch größten Töchter: die Kärntner Osteuropa-Bank Hypo Group Alpe Adria und die Direktbank DKB. Ob er sie tatsächlich behalten kann, wird sich erst im Frühjahr oder Sommer entscheiden - und zwar in Brüssel.

Und dann ist da noch die Frage, ob die Gespräche der BayernLB mit der Landesbank Baden Württemberg (LBBW) jemals in einer Fusion münden werden. Auch dies würde Jobs in München kosten. "Wir sind in konkreten Gesprächen", sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) jetzt. Das aber hat nicht viel zu bedeuten. Schon häufig wurde von Gesprächen zwischen den beiden Banken berichtet. Und mindestens genauso oft wurden sie wieder vertagt. Auch in Stuttgart weiß man: Solange die Regierung im Freistaat nicht bereit ist, für ihre Landesbank eine Juniorrolle an der Seite der Stuttgarter zu akzeptieren, wird es nicht zu einem Zusammenschluss kommen.

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