Zukunft der Banken:Steuern statt schrumpfen

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Stoppt den Größenwahn: Müssten Banken mehr Kapital vorhalten, wären größere Institute automatisch weniger rentabel. Eine Lehre aus der Krise?

Martin Hesse

Schlichte Lösungen haben fast immer Charme. Sie helfen aber selten. Weil Banken zu groß sind, drohten sie die Weltwirtschaft in den Abgrund zu reißen und mussten mit viel Steuergeld gerettet werden. Machen wir sie also einfach klein, dann kann so etwas nicht wieder passieren. Schon die Diagnose, vor allem die Größe der Banken sei ein Problem, stimmt nur zum Teil. Eine Therapie, die einfach Obergrenzen etwa für die Bilanzsumme vorschreibt, ginge an dem Ziel vorbei, Finanzkrisen vorzubeugen und Bankpleiten beherrschbarer zu machen.

Bankenmetropole Frankfurt am Main: Sinnvoll wäre es, größeren Banken eine bessere Kapitalausstattung vorzuschreiben. (Foto: Foto: ddp)

Die Schweiz denkt darüber nach, wie sie die Folgen eines Kollapses ihrer Großbanken UBS und Credit Suisse entschärfen kann. Und die EU-Kommission kritisiert die Größe britischer Banken. Commerzbank und WestLB müssen sich auf Geheiß Brüssels halbieren. Diese Beispiele zeigen jedoch auch, dass es nicht um absolute Größe geht. Verursacht haben die Krise kleine wie große Banken. Darüber gefallen sind ebenfalls Kreditinstitute aller Größen, von der kleinen IKB bis zu den großen wie Citigroup und Royal Bank of Scotland. Wenn jemand gut durch die Krise kam, hing das weniger von der Größe als von der Qualität des Geschäftsmodells und des (Risiko-)Managements ab.

Richtig ist, dass der Zusammenbruch einer Großbank besonders schwere Folgen für eine Volkswirtschaft hat. Wenn das Kreditbuch einer Bank größer ist als die Wirtschaftsleistung ihres Heimatlandes, dann kann dieses Land die Bank nicht alleine auffangen. Am krassesten war dieses Missverhältnis in Island. Aber es wäre grotesk, alle Banken auf das Maß ihres jeweiligen Heimatlandes zurückzustutzen. In letzter Konsequenz hieße das, dass die Dominanz amerikanischer Banken in der globalen Finanzwirtschaft festgeschrieben würde, Schweizer oder Spanier aber nur eine untergeordnete Rolle spielten. Das ist nicht sinnvoll. In dem Maße, in dem Firmen eines Landes international agieren, sollten sie auch von ihren Hausbanken global begleitet werden können. In einer Zeit, da sogar Mittelständler auf allen Kontinenten präsent sind, wäre es anachronistisch, deren Banken auf Nationalmaß zu stutzen.

Die Pleite von Lehman war außerdem nicht in erster Linie wegen der Größe der Bank so gefährlich. Selbst der Kollaps kleinerer Institute wie der Hypo Real Estate barg systemische Risiken, weil Banken und Investoren nach ihrem Zusammenbruch auch anderen Instituten das Vertrauen entzogen. Diese Ansteckungsgefahr ist aus den 90er Jahren von Schwellenländern bekannt: Damals lösten selbst die Schuldenprobleme eines kleinen Landes einen Flächenbrand aus, weil Investoren in ähnlichen Ländern ähnliche Probleme vermuteten. Der gleiche Effekt ließ die Lehman-Pleite zum globalen Brandherd werden. Das zweite Ansteckungsproblem bestand darin, dass man nicht wusste, wie viele Geschäftspartner Lehman hatte, die mit in den Abgrund gerissen werden konnten.

Um die Folgen selbst großer Bankpleiten in den Griff zu bekommen, gibt es viele Maßnahmen: Die Ansteckungsgefahr könnte man entschärfen, indem man den Billionen Euro schweren und intransparenten Handel unter Banken mit Krediten und komplizierten Finanzprodukten über zentrale Plattformen abwickelt. Benötigt wird außerdem ein internationales Insolvenzrecht für Banken, das die kontrollierte Abwicklung global agierender Kreditinstitute ermöglicht. So kann der Schaden für einzelne Staaten und das Finanzsystem insgesamt begrenzt werden. Will man vermeiden, dass es überhaupt so weit kommt, ist es geboten, die nationalen Aufsichtsbehörden stärker zu vernetzen, um globale Finanzkonzerne effektiver überwachen zu können.

Schließlich wäre es sinnvoll, größeren Banken eine bessere Kapitalausstattung vorzuschreiben. Das würde mehr Sicherheit bieten und den Trend zu immer größeren Konzernen bremsen. Großbanken konnten auch deshalb mit wenig Kapital große Risiken eingehen, weil sie wussten, dass der Staat sie angesichts ihrer Größe nicht fallen lassen würde. Müssten sie mehr Kapital vorhalten, wären größere Banken automatisch weniger rentabel. Der Größenwahn verlöre an Reiz.

© SZ vom 03.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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