Zoff beim Bankenrettungsfonds:Die Politik allein zu Haus

Lesezeit: 3 min

So war das nicht geplant: Wenige Wochen nach Einführung des mächtigen Soffin ist das Konstrukt de facto ruiniert wie manche Bank. Jetzt muss sich der Fonds selbst stabilisieren.

Hans von der Hagen

Der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung ist wie sein Name: für die tägliche Arbeit zu kompliziert.

Bei der Finanzmarkt- stabilisierungsanstalt haben zu viele Bäcker ihre Finger im Teig (Foto: Foto: dpa)

Wenige Leute wollen sich in diesem wichtigsten Hebel im Kampf gegen die Wirtschaftskrise viel Macht teilen, doch das misslang bisher gründlich. Stattdessen kam es zu einer fatalen Gemengelage zwischen Politik und Wirtschaft, die umso brisanter ist, weil es um so viel Geld geht. Geheim sollte die Operation Finanznotrettung sein und doch eine Sache parlamentarischer Kontrolle. Das kann nicht gut gehen.

Höchst verschwiegen

Ursprünglich sollte der Soffin vollständig bei der Bundesbank angesiedelt werden. Doch dann streikte Bundesbank-Präsident Axel Weber, weil er fürchtete, eine Abteilung seiner unabhängigen Institution stünde plötzlich unter Dienstaufsicht eines Ministeriums. So wurde rasch der Soffin geboren.

Es handelt sich dabei um eine von Finanzminister Peer Steinbrück und der Bundesregierung kontrollierte Anstalt "bei der Bundesbank". Etwas mehr als 20 Mitarbeiter sollen die Arbeit machen und bis zu 480 Milliarden Euro an notleidende Banken verteilen.

Kontrolliert wird das Tun formal vom Parlament, doch um die Geschäftsinteressen der Banken zu wahren, ist der Soffin höchst verschwiegen. Abgeordnete erfahren mehr über den Bundesnachrichtendienst als über den Soffin in einer Frankfurter Villa der Bundesbank.

Die Stoßgeburt im Herbst hat bleibende Schäden verursacht: Bis heute ist unklar, wer eigentlich beim Soffin das Sagen hat. Formal führt ein Leitungsausschuss, faktisch ist es der in Berlin von Politikern besetzte Lenkungsausschuss.

Es ist kein Zufall, dass jetzt mit Günther Merl und im Dezember mit Karlheinz Bentele ausgerechnet die beiden Wirtschaftsvertreter aus dem einst dreiköpfigen Leitungsausschuss aus "persönlichen Gründen" ausgetreten sind.

Verblieben ist der ehemalige Finanzminister von Baden-Württemberg, Gerhard Stratthaus - ein Politiker der CDU und ein "lonesome hero".

Merl hat früher die Landesbank Hessen-Thüringen erfolgreich geleitet, Bentele war Chef des Rheinischen Sparkassenverbandes. Beide hatten erkannt, was Soffin für sie bedeutet: viel Arbeit und wenig Ertrag. Sie schrieben Entscheidungsvorlagen für die Politik, hatten selbst nichts zu sagen und sollten am Ende die Verantwortung tragen. Als Grüß-August handelt man sich normalerweise nicht so viel Ärger ein.

Zeit für eine Bilanz

Darum hat die Politik jetzt ein Riesenproblem mit ihrer Riesengeldverteilungsmaschine. Wer soll Günther Merl ersetzen? Er hatte sich wie kaum ein anderer Banker in der Finanzkrise eine weiße Weste bewahrt und galt darum als geeignet, die richtige Mischung zwischen Hilfe und Härte für die Finanzinstitute zu finden. Schon im Dezember hatte er mit Rücktritt gedroht, letztlich geholfen hat es nicht.

Jetzt stehen Kanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzmann Steinbrück vor großen Fragen: Wird der Soffin so belassen, wie er ist? Wie kann man ihn besser machen? Soll er durch eine "Bad Bank" ergänzt werden, in der die Geldhäuser ihre faulen Kredite ablagern können?

Vor allem die Position der Union ist unklar: Einige in der Partei wollen eine Radikalreform, andere sind auf Steinbrück-Kurs, der es sanfter angehen will.

Klar ist: Die Politik muss bei Vergabe der enormen Milliardensummen an Steuergeld, um die es in diesem Fonds geht, das letzte Wort behalten. Sie hat aber schon im Fall Commerzbank bewiesen, dass sie im Tagesgeschäft keine glückliche Hand hat. Auf politisches Drängen hin wurden bei der Commerzbank die Konditionen zunächst zu weich gefasst - bis die EU in Brüssel widersprach.

Theoretisch wissen alle: Grundsatzfragen und Tagesgeschäft müssen getrennt bleiben. Es dürfen nicht zu viele Bäcker ihre Finger im Teig haben. Darum reicht es nicht, jetzt einfach die vakanten Führungsjobs beim Soffin an besonders gefügige Leute zu geben - vielmehr darf die neue Struktur keine Fragen mehr offenlassen.

Gleichzeitig ist - mit dem offenkundigen Krach an der Spitze - ein guter Zeitpunkt gekommen, die Arbeit der stillen Institution öffentlich zu bilanzieren. Die Banken leihen untereinander weiterhin kaum Geld aus, zugleich ist deutlich geworden, dass die Banken noch immer auf giftigen Papieren im Wert von vielen hundert Milliarden Euro sitzen.

Offensichtlich reicht die Arbeit des Soffin zur Problemlösung nicht aus. Jetzt muss sich der Sonderfonds auf dem Finanzmarkt erst einmal selbst stabilisieren. Dass würde er wenigstens seinem Namen gerecht werden.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: