Wohnraumsanierung:Große Sprünge in der Elefantensiedlung

Mit kleinem Budget haben Architekten eine Neu-Ulmer Wohnanlage modernisiert. Die Wirkung ist groß, die Mieten sind niedrig.

Von Gudrun Passarge

Die grauen Zeiten in der Neu-Ulmer Elefantensiedlung sind vorbei. Stattdessen leuchten die Häuser mit den 372 Wohnungen jetzt in Blau, Gelb und hellem Rot. Fünf Jahre hat die Modernisierung gedauert und elf Millionen Euro gekostet.

Wohnraumsanierung: Die 23 Gebäude der Elefantensiedlung haben nach der Sanierung eine gute Energiebilanz, bunte Fassaden und moderne Bäder. Weil die Mieten niedrig blieben, veränderte sich auch die Mietstruktur nicht.

Die 23 Gebäude der Elefantensiedlung haben nach der Sanierung eine gute Energiebilanz, bunte Fassaden und moderne Bäder. Weil die Mieten niedrig blieben, veränderte sich auch die Mietstruktur nicht.

(Foto: Foto: Nps Bauprojektmanagement)

Gebracht hat sie gleich mehrere Vorteile: Elektrik und Heizung sind jetzt auf dem neuesten Stand, der Energiebedarf der Wohnungen wurde damit um die Hälfte verringert. Und auch die Öffentlichkeitswirkung sei nicht zu unterschätzen, sagt Helmut Mildner, Geschäftsführer der Nuwog (Wohnungsgesellschaft der Stadt Neu-Ulm GmbH). Man könnte es aber auch auf einen kürzeren Nenner bringen, so wie Mieter Kurt Adolf Bentele, der seit der Fertigstellung der Siedlung im Jahr 1952 hier wohnt: "Mir läbed schön."

Gebaut wurde die Siedlung vom Bund, um den Angehörigen der Wlassow-Armee eine Unterkunft zu schaffen. Diese hatten unter dem ehemaligen russischen General Andrei Wlassow auf der Seite der Deutschen gegen Stalin gekämpft. Die Nuwog kaufte die 30.000 Quadratmeter große Elefantensiedlung 1993 dem Bund ab. Ihren Namen hat sie wegen zweier Beton-Elefanten-Skulpturen, die als Kunst am Bau aufgestellt worden waren.

Sozialstruktur sollte bleiben

Heute, so berichtet Mildner, lebten lediglich noch zehn bis 15 Prozent der ursprünglichen Mieter in den Häusern. Hinzu kommen etwa 50 Prozent Gastarbeiterfamilien, hauptsächlich aus der Türkei, und zudem Menschen mit geringem Einkommen. Das war bedingt durch die günstige Miete, die vor der Renovierung noch weniger als vier Euro pro Quadratmeter betrug. Zudem lebten eher Alleinstehende in der Siedlung, was wiederum mit den Wohnungsgrößen zwischen 20 und 50 Quadratmetern zu tun hat.

"Die Sozialstruktur war relativ einfach, und das sollte auch so bleiben", sagt Mildner. Das war nur eine der Vorgaben, die das Planungsbüro Nps Bauprojektmanagement in Neu-Ulm bekam, als der Auftrag zur Modernisierung vergeben wurde.

Ziel war außerdem, Bäder zu installieren, den CO2-Ausstoß zu verringern und dabei einen Preis von 500 Euro pro Quadratmeter nicht zu überschreiten. Robert Scholz, Architekt und Geschäftsführer der Nps, ist besonders stolz darauf, dass er bei dem Projekt einen Bruttopreis von 508 Euro eingehalten hat. "Wir mussten günstig bauen und trotzdem die Grundbedürfnisse des Wohnens befriedigen", sagt Scholz.

Große Sprünge in der Elefantensiedlung

Begonnen wurde 2002, die Renovierung dauerte bis Herbst 2007. Unter anderem deswegen, weil die Fördergelder des Freistaats für das Projekt "Lebendige Wohnquartiere für Jung und Alt" nur häppchenweise kamen, wie Scholz berichtet.

Die Planer setzten sich immer wieder mit Bauherren und Mietervertretern zusammen, berieten sich über Farbgebung, Gestaltung der Freiflächen und Einbau der Badezimmer. Manch eine Badewanne verschwand aus der Wohnküche, viele Holzöfen landeten auf dem Sperrmüll. Die Planer dämmten Dächer, Kellerböden und teilweise die Fassaden. Dabei verwendeten sie statt Polystyrol Mineralwolle, weil diese umweltfreundlicher sei und später billiger in der Entsorgung. Sie bauten neue Bäder ein, neue Wohnungs- und Eingangstüren und errichteten Kommunikationsbereiche vor den Haustüren.

Außerdem wurde ein neues Heizsystem installiert. "Der Wärmebedarf für die Mieter hat sich halbiert", sagt Scholz, "und mehr als 90 Prozent wird durch den Einsatz regenerativer Energien abgedeckt." Dafür wurde auf dem Gelände eine Holzhackschnitzelheizung gebaut, die etwa 82 Prozent des Wärmebedarfs abdeckt. Den Rest liefern die Stadtwerke Neu-Ulm über das Fernwärmenetz, dessen Energie sich aus einem Gas-Blockheizkraftwerk speist.

Ausgebuchtes Gemeinschaftshaus

"Ehrlich gesagt, hat es schon ein bissl wehgetan, wie die Gasheizung rausgekommen ist", sagt Alt-Mieter Bentele. Er hatte sich - wie viele andere Bewohner auch - selbst eine Badewanne eingebaut und dazu einen Ofen, den er anfangs noch mit Holz und Kohle befeuerte.

Später engagierte Bentele einen Installateur, der alles modernisierte und auf Gasbefeuerung umstellte. Für Bentele war seine Anlage Luxus, nun sieht er aber die Vorteile der Modernisierung: "Ich muss zugeben, die Raumluft ist jetzt besser."

Außer der Energieversorgung ist auch das Gemeinschaftshaus etwas Besonderes in der Siedlung. Dort, wo früher in einem kleinen Lebensmittelladen Milch, Semmeln und Getränke verkauft wurden, sind heute die Gemeinschaftsräume der Anlage untergebracht. Gegen 30 Euro Schutzgebühr können die Bewohner hier am Wochenende ihre Feste feiern. Geschirr, Gläser und Besteck sind vorhanden, eine Küche ebenso wie Toiletten. Jedes zweite Wochenende sei das Haus ausgebucht, berichtet Nuwog-Geschäftsführer Mildner.

Große Sprünge in der Elefantensiedlung

Er freut sich darüber, dass es gelungen sei, durch die Sanierung die bestehenden Strukturen noch zu stärken. Und auch die Miete sei mit 4,90 Euro pro Quadratmeter noch immer moderat geblieben. Das spreche auch junge Leute an, "sie können sich hier mit relativ wenig Geld selbständig machen". Und wenn wirklich mal eine Familie mit zwei oder drei Kindern mehr Wohnraum benötige, könnten auch zwei Wohnungen zusammengelegt werden, "und später lässt sich das problemlos wieder verkleinern".

So spricht die modernisierte Wohnanlage verschiedene Altersgruppen an. Mildner setzt darauf, dass sich die Siedlung, die früher an einer Stigmatisierung litt, nach dem Umbau in der Öffentlichkeit besser darstellt als zuvor. "Dadurch haben wir die Chance, auch wieder neue Mieter zu gewinnen."

Sie können sich dann an den Vorteilen der Siedlung erfreuen: die parkähnliche Anlage, die Nähe zur Innenstadt, die Beete, die von den Mietern selbst gestaltet werden können.

Bei Kurt Bentele vor dem Haus blühen im Frühling Tulpen, es folgen Alpenveilchen, und den Farbakzent setzt ein roter japanischer Ahorn, den er sich ausgesucht hat. Und wenn er zum Fenster hinausschaut, sieht er alte Buchen, Ahorn und Eschen. "Da fehlt nix."

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