Wohnen um München:Krailling

Die Lage ist bestens, die Bewohner sind reich. Krailling hätte das Zeug, zum schönsten Dorf Bayerns zu avancieren. Aber selbst mit Moos ist hier nicht viel los.

Von Christa Eder

Schade. Was hätte aus diesem begünstigten Flecken alles werden können! Eine Lage - besser geht's fast nicht: sanft gewellte Hügellandschaft, Seen, Wälder und mittendrin ein kleines, lebendiges Flüsschen. Krailling hätte das Zeug gehabt, zum schönsten Dorf Bayerns zu avancieren. Zudem: Die Gemeinde ist reich. Die Bewohner auch - was man dem Ortsbild leider nicht ansieht.

Wir befinden uns im Würmtal, im Landkreis Starnberg. Seit etwa 1500 Jahren gibt es diesen Ort. Mit dem Bau einer Verbindungsstraße durch die Römer begann die Siedlungsgeschichte Kraillings. Es folgte die Sippe der Chrowillinger, die dem Ort seinen Namen gab. Im 16. Jahrhundert stieg Krailling dann zur Hofmark mit eigenem Schloss auf, zu der das heutige Planegg, Frohnloh und Seeholzen gehörten.

Den großen Sprung nach vorne machte die Gemeinde aber erst nach 1945, als Zufluchtsstätte von Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Heute ist die Bevölkerungszahl auf etwa 8000 angewachsen und hat sich somit in hundert Jahren etwa verachtfacht.

Schnelles Bevölkerungswachstum ist für Dörfler meist schwer zu verkraften. Hastig hochgezogene Bauten, Zersiedelung, lieblose, belanglose Architektur und triste Gewerbegebiete sind die Folge dieser Überforderung. So auch in Krailling.

Krailling

Der lang gestreckte Ort besteht im Wesentlichen aus einer stark befahrenen Durchfahrtsstraße, an der einzelne Häuser und Wohnsiedlungen stehen. Neben alten, hübsch hergerichteten Holzvillen mit Bauerngärten stehen traurige, mit Eternitplatten verkleidete Einfamilienhäuschen, einzelne sind abbruchreif und unbewohnt.

Das Ortszentrum erschließt sich einem nicht auf Anhieb, da es keinen richtigen Mittelpunkt gibt. Ein paar Geschäfte haben sich um die denkmalgeschützte Linner-Mühle und die Brauerei angesiedelt, und um das "Kraillinger Kircherl" St. Margaret und den "Alten Wirt". Die Gemeindeverwaltung, die Schule und ein Altenheim liegen am Ortsrand.

Wer kein Auto hat und nicht gut zu Fuß ist, tut sich schwer in Krailling. Vielleicht sind deshalb so wenige Leute auf der Straße zu sehen? Für sie sei es eine Halbtagesreise, zur Gemeinde zu kommen, sagt eine Altkraillingerin. Zwar führe ein Bus dorthin, aber nur alle 40 Minuten.

Und die nächste S-Bahn-Station ist in der Nachbargemeinde Planegg. Am Ortsausgang in Richtung Pentenried befindet sich auch das so genannte "Millionenviertel", wo Besserverdiener und einige Promis leben.

Blumige Straßennamen erwecken heimelige Assoziationen. In Wirklichkeit aber findet man eine Siedlung mit überwiegend Flachbauten, 70er-Jahre Bungalows, schmiedeeiserne Gartenzäune und sterile Vorgärten. Ein paar Meter dahinter allerdings gibt es schöne Wald- und Spazierwege. Selbst mit Moos nicht viel los in Krailling. Jammerschade.

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