Süddeutsche Zeitung

Wohnen um München:Altötting

Man sollte Kirchen mögen, den Papst und am besten auch christliche Devotionalien. Trotz Wallfahrer-Rummel hat Altötting aber eine faszinierende Ausstrahlung.

Christa Eder

Eine Reise nach Altötting ist automatisch eine Pilgerreise. Seit 500 Jahren steht "Äding", wie die Einheimischen sagen, im Zeichen der Gnadenkapelle und der Schwarzen Madonna.

Eine Million Wallfahrer pro Jahr erzeugen Nebenwirkungen: Wohin man schaut, werden Devotionalien, Wachsfigürchen, Rosenkränze, Weihwasserkessel, Votivbilder, Krippen und kulinarische Kloster-Spezialitäten feilgeboten. Selbst Allerweltsgeschäfte geben sich einen heiligen Schein: Gasthof Zwölf Apostel, Engelapotheke, St.Antonius Buchhandlung.

Überall stehen Kirchen. Um den Kapellplatz sowieso, aber auch außerhalb: Basilika St.Anna, St.Magdalena, St.Konrad, Stiftspfarrkirche, Anbetungskirche, St.Josefs Kirche, Mariae Heimsuchung, Herz Jesu. Mehr Kirchen gibt es nirgends.

Von sechs Uhr früh bis spät abends Messen, Gottesdienste, Kreuzwege oder Rosenkranzbeten. Und täglich grüßt Papst Benedikt von T-Shirts, Tassen, Kerzen und Bierflaschen. Trotz aller Auswüchse rund ums Wallfahren hat der Kapellplatz, der auf einer kleinen Anhöhe im Mittelpunkt der Stadt liegt, eine auratische Ausstrahlung. Das lässt sich nicht leugnen.

Kultstätte und Energiezentrum

Vielleicht hat die Besitzerin eines Devotionalienladens ja Recht, wenn sie behauptet, der Platz sei schon immer eine Kultstätte und ein Energiezentrum gewesen. "Wir sind alte Leut'", sagt die 76-Jährige, "und uns hier heroben geht's besser als denen da unten." Somit wäre die Wohngegend um den Kapellplatz herum, im Strahlenkreis der Schwarzen Madonna, die beste in Altötting, wegen des Frischhaltefaktors.

Um den ringförmigen Kapellplatz schmiegt sich der historische Ortskern mit Hofmark und Tillyplatz, wo einmal in der Woche Bauernmarkt ist. Hier stehen alte, sauber renovierte Bürgerhäuser, teilweise mehrere hundert Jahre alt.

Lebensqualität satt

Altötting hat etwa 13.000 Einwohner und ist eine Verwaltungsstadt. Wer im Rathaus, im Krankenhaus oder in den Schulen keine Arbeit findet, pendelt nach Burgkirchen oder Burghausen. Eingesessene wie Zugezogene schätzen die Lebensqualität, die Altötting zu bieten hat. Alles ist zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen, die Versorgung ist gut. Und natürlich sind da die Berge, in nur einer Stunde ist man mittendrin.

Die Stadt begrüßt und entlässt einen mit den obligatorischen, traurig zersiedelten Gewerbegebieten. Zweckmäßige Flachbauten, Tankstellen, Baumärkte, Fast Food Restaurants, Autohäuser, Discounter. Daran schließen sich ein paar schmucklose, geduckte Geschossbauten aus den 60er und 70er Jahren an.

Neue Geschosswohnungen werden derzeit nicht gebaut, denn Altötting ist keine Stadt der Mieter, sondern der Einfamilienhausbesitzer - mit Affinität zum Baumarkt. Die finden sich in den Randlagen, vor allem in südlicher (jenseits der Bahngleise) und östlicher Richtung (jenseits der Maria-Ward-Straße).

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