Wirtschaftskriminalität:Anlagebetrug hat Hochkonjunktur

Die Immobilienfirma S&K lässt grüßen: Schäden durch Betrügereien mit Kapitalanlagen sind im vergangenen Jahr dramtisch gestiegen. Das Bundeskriminalamt wünscht sich, dass noch viel mehr Wirtschaftsdelikte angezeigt werden.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Es ist eine beunruhigende Nachricht: Der Schaden durch Betrügereien mit Kapitalanlagen ist im Jahr 2013 um 27 Prozent angestiegen, meldet das Bundeskriminalamt (BKA) in seinem Lagebericht zur Wirtschaftskriminalität. Eine Mitschuld daran haben demnach die niedrigen Zinsen: Sie treiben Menschen in riskantere Geldanlagen, Anleger lassen sich immer häufiger auf ein gefährliches Vabanque-Spiel ein.

So auch im Fall um die Immobilienfirma S&K, die zunächst mit sehr hohen Renditen geworben und dann Tausende Anleger um rund 100 Millionen Euro geprellt haben soll. Seit über einem Jahr sitzen die beiden Hauptverantwortlichen nun in Untersuchungshaft. Dieses Großverfahren ist einer der Gründe für den Anstieg des Betrugsvolumens. "Den Beschuldigten wird unter anderem zur Last gelegt, im Rahmen von Immobiliengeschäften ein so genanntes Schneeballsystem aufgebaut zu haben, um angeblich weit über dem Durchschnitt liegende Renditen zu erwirtschaften", so das BKA. Teilweise sollen diese Renditen aus neuen Anlegergeldern bestritten worden sein. Es ist noch offen, wann die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die S&K-Verantwortlichen erheben wird.

Insgesamt ging die Zahl der Wirtschaftsdelikte zwar zurück, die Summe der dadurch verursachten Schäden stieg aber leicht auf 3,8 Milliarden Euro. Das ist knapp die Hälfte des im vergangenen Jahr insgesamt durch Kriminelle verursachten Schadens von rund acht Milliarden Euro. Dabei machten die Delikte der Wirtschaftskriminalität gerade einmal 1,2 Prozent der insgesamt polizeilich bekannt gewordenen Straftaten aus.

Das BKA wies dabei aber darauf hin, dass die Daten das tatsächliche Ausmaß der Wirtschaftskriminalität nur eingeschränkt wiedergeben. Straftaten, die von Staatsanwaltschaften oder Finanzbehörden direkt und ohne Polizeibeteiligung verfolgt werden, seien in den polizeilichen Statistiken nicht erfasst.

In jedem Fall dürfte das genannte Schadensvolumen nur die Spitze des Eisbergs sein: BKA-Präsident Jörg Ziercke sagte, die Lage bei der Wirtschaftskriminalität sei geprägt von einer hohen Dunkelziffer, enormen Schäden und langjährigen Großverfahren der Ermittlungsbehörden. Viele finanzielle Folgen blieben zudem im Dunkeln, weil zum Beispiel Wettbewerbsverzerrungen oder Ansehensverluste von Unternehmen nicht beziffert werden können.

Grauer Kapitalmarkt lädt zu Betrügereien ein

Noch immer würden Wirtschaftsdelikte zudem zu selten zur Anzeige gebracht, sagte Ziercke. "Gleiches gilt für die Korruption - sie ist ein enger Begleiter der Wirtschaftskriminalität." Er forderte daher dazu auf, Korruptionsfälle konsequent anzuzeigen. "Es muss in unser aller Interesse liegen, das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unserer Wirtschaftsordnung aufrechtzuerhalten", betonte der Behördenchef.

Für die Anlage- und Finanzierungsdelikte spielt laut BKA der sogenannte graue Kapitalmarkt eine bedeutende Rolle. Dieser Teilbereich des Finanzmarkts ist nur wenig reguliert, entsprechend groß ist der Wildwuchs. Zu den hier gehandelten Produkten zählen beispielsweise Genussrechte, wie sie das inzwischen insolvente Windenergieunternehmen Prokon jahrelang vertrieben hat. Diese Papiere gewähren Anlegern zwar Anspruch auf Teile des Gewinns, erlauben ihnen in der Regel aber keine Mitsprache im Unternehmen. Geht die Firma pleite, verlieren die Besitzer der Genussrechte ihr Geld zudem als erste.

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