Wirtschaftsförderer:"Sie haben andere Wünsche"

Nicht nur Flächennutzer: Wie Vermieter von Gewerbeimmobilien und Unternehmen aus der Kreativwirtschaft besser zusammenkommen, erklärt Rasmus C. Beck im Interview.

Interview Von Miriam Beul-Ramacher

SZ: Unternehmen aus der Kreativwirtschaft werden von vielen Städten und Immobilieneigentümern noch immer nicht als relevante Flächennachfrager gesehen. Und das, obwohl sie an einigen Standorten Nordrhein-Westfalens inzwischen zu den wichtigsten Motoren der lokalen Wirtschaft zählen. Warum?

Rasmus C. Beck: Weil Kreative andere Wünsche an ihren Arbeitsplatz haben als Mieter aus anderen Branchen. Kreative suchen Orte mit einer bestimmten Infrastruktur und einem gewissen Spirit. Sie wollen sich mit anderen austauschen, sich vertraglich nicht unbedingt lange binden und haben in der Regel ein eher kleines Budget zur Verfügung. Sie sind nicht einfach nur Flächennutzer, sondern quasi selbst Flächenentwickler.

Warum reagieren Immobilieneigentümer auf Kreative als Flächennutzer oder Interimsmieter oft mit einem Abwehrreflex? Steckt dahinter die Furcht, dass man die Geister, die man in nachfrageschwachen Zeiten rief, in besseren Marktphasen nicht wieder los wird?

Nein, das glaube ich nicht. Aber man muss Berührungsängste abbauen. Immobilienanbieter haben vielfach das Problem, dass sie den Wert, den Kreative für eine Liegenschaft oder Viertel haben können, nicht erkennen können, weil er nicht prompt in Miethöhen messbar ist. Wertschöpfung funktioniert da einfach anders. Immobilien und Quartiere erhalten durch die kreativen Nutzer eine neue Aufmerksamkeit. Und wenn das glückt, der Ort plötzlich angesagt ist und die Flächennachfrage steigt, klettern im Idealfall auch die Mieten. Und irgendwann auch die Bodenrichtwerte.

Gibt es Beispiele dafür schon Beispiele an Rhein und Ruhr?

Ja, die gibt es natürlich, nicht zuletzt, weil das Angebot an Altindustriestandorten, freien Wohnungen und Ladenlokalen in attraktiven, urbanen Lagen recht groß ist. Spontan fällt mir da die Street-Artistik-Gruppe Urbanatix ein. Mit ihren Shows füllen die Akrobaten die Jahrhunderthalle in Bochum. Als Proberaum diente lange Zeit eine ungenutzte und entweihte Kirche mitten in der Bochumer Innenstadt. Die Marienkirche ist dadurch zu einem angesagten Event-Standort avanciert. Das umliegende Viertel, heute als Viktoriaquartier bekannt, war früher ebenfalls von Leerständen geprägt. Gewerbetreibende, Immobilieneigentümer, Gastronomiebetreiber, Kreativwirtschaft und öffentliche Hand haben für das Quartier zusammen ein Entwicklungskonzept entwickelt, das heute schon Früchte trägt.

Die 15 Städte und Kreise der Metropole Ruhr hätten gern mehr kreative Milieus als wirtschaftliche und städtebauliche Impulsgeber. Doch die entstehen nicht durch die Ausweisung von Gewerbeflächen. Was sind die größten Probleme?

Die Eigentumsverhältnisse. Man kann als Stadt kein Viertel beleben oder umgestalten, wenn die Immobilieneigentümer nicht mitspielen. Entweder muss man in der Lage sein, die leeren Immobilien oder Brachflächen zu erwerben. Oder man muss zwischen den Akteuren vermitteln.

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