Windsor-Hochzeit und die Börse:Kate verleiht Flügel

Eine Bank im Rausch der Gefühle: Wenn der Adel heiratet, lohnt sich das für Aktien. Wer das nicht glaubt, muss sich nur die Entwicklungen nach den jüngsten Vermählungen anschauen. Lediglich eine Hochzeit aus dem Reich der Tulpen passt nicht ganz zur These.

Hans-Jürgen Jakobs

Es ist Frühling auch in Frankfurt, überall sprießt es aus dem Boden und den Bäumen, Liebespaare schlendern am Main entlang, und dann stehen da im zweitgrößten Kreditinstitut des Landes in ein paar Wochen viele Milliarden Euro zur Verfügung, um den lästigen Staat als Mitfinanzier loszuwerden. Wer will es den Spezialisten im großen Geldturm der Commerzbank verdenken, dass es ihnen ganz leicht wird ums Herz - und ihr Blick auf die größte Gefühlsgeschichte dieses Jahres fällt. Sonst blicken Frankfurts Banker ja oft neidisch auf das, was in der City von London passiert, diesmal aber glänzen die Augen vor Rührung. Royal Wedding! Doch bei aller frühlingshaften Freude über die Heirat der beiden Jungspunde William und Kate - die klare Logik der Ökonomie fordert ihr Recht.

Letzter Handelstag 2008 an der Börse

Man sollte mal nicht unterschätzen, welche Folgen so eine Adelshochzeit für den Aktienmarkt hat.

(Foto: dpa)

"William & Kate könnten Börse beflügeln", titelt der Medien-Service der Commerzbank und hat errechnet, dass Adelshochzeiten im Schnitt fünf Prozent Plus erbracht haben. Fünf Prozent! Der Börsenhimmel hängt voller Geigen. Während alle Welt sich über den Nippes zur Vermählung königlich amüsiert, über all die Tellerchen und Tässchen, wälzten die als "Staatsbanker" gescholtenen Herzblatt-Volkswirte die Aktien und Folianten, um all die Wunderkurssteigerungen damals bei Caroline/Prinz August (plus 32 Prozent), Victoria/Daniel Westling (14 Prozent) sowie Felipe/Letizia (sechs Prozent) zu erfassen.

Redlicherweise wird auf das trübe Beispiel von Willem Alexander und Máxima aus dem Reich der Tulpen (minus 44 Prozent) hingewiesen. Und auch die Verehelichung von Prinz Charles mit Diana Spencer hatte demnach zunächst nur dem britischen Aktienindex gutgetan, nicht dem Dow Jones aus den abgebrühten USA. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und eine Liebe noch keine Hausse, das ist bei aller Euphorie die Warnung der Romanzenforscher aus dem Geldturm in ihrer Service-Rubrik "Trend".

Apropos Trend: "The trend is your friend", lautet eine der ehernen Börsenregeln, die immer hervorgekramt werden, wenn das Unbegreifliche begreiflich gemacht werden soll, das Auf und Ab der Börsenkurse, in die manch Unentwegter - vom Heiratsmuffel bis zum Musterehemann - viel seiner Barschaft steckt, um sich auch eine Rolls-Royce-Kutschenfahrt leisten zu können, am liebsten rund um Whitehall.

An diesen schönen William-Kate-Tagen mag man andererseits nicht an all das Blut denken, das fließt, wenn jemand die Regel "Greife nie in ein fallendes Messer" ignoriert. Die beiden Liebenden von London haben den ersten Ehekrach ja noch vor sich, ihr Leben ist ganz in Rosa, so wie die Befindlichkeit bei der vom Eise des Staates befreiten Commerzbank.

Die nächste Finanzkrise kommt bestimmt, sagen sie sich im Geldturm und haben den Spruch "Kaufen, wenn die Kanonen donnern" eingekringelt. Aber vorher, wenn der ganze Much-ado-about-nothing-Kram der Royals vorbei ist, werden sie plakatieren: "Sell in May and go away/remember to come back in September." Sommers, wenn die frisch Vermählten ans Kinderzeugen denken, sind die Kurse angeblich flach, und im Herbst, wenn die Eheleute Wiegen anschauen, zieht alles an.

Noch so ein Spruch. Er stimmt genauso wenig wie die anderen Börsenregeln. Wahr ist in diesen Tagen nur eins: das Wort: "Ja."

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