Wikileaks:Eine Bank in Angst

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Schon bald will Wikileaks-Gründer Julian Assange brisante Interna einer amerikanischen Großbank enthüllen. Er sagt nicht, welche Bank betroffen sein wird - aber es gibt da einen Verdacht. Die Börse reagiert heftig.

Julian Assange kann teuer werden. Im Januar will der Wikileaks-Mann Zehntausende Geheimdokumente einer US-Bank veröffentlichen. Sie könnten "eine oder zwei Banken in die Tiefe reißen", behauptete Assange im Magazin Forbes, ohne die Namen der Institute zu nennen. Das Material gebe "einen wahren und aussagekräftigen Einblick, wie in Führungsetagen von Banken gearbeitet wird". Er weiß, wie Spannung geschürt wird.

Hier in Manhattan dürfte die Bank sitzen, bei der Assange ein "Ökosystem der Korruption" offenlegen möchte. (Foto: AFP)

Natürlich wird in den Bankzentralen nun fieberhaft gerätselt, welches Institut betroffen sein könnte - aber es gibt bereits einen bösen Verdacht. 2009 hatte Assange in einem Interview mit der Computerworld gesagt, Wikileaks besitze zahlreiche Daten aus der Führungsetage der Bank of America (BoA). Darum stürzten an der Wall Street die Papiere der Bank of America am Dienstag um mehr als drei Prozent ab, vier Milliarden Dollar an Marktkapitalisierung wurden so vernichtet. Auch die Papiere von Goldman Sachs büßten um knapp zwei Prozent ein - Assange hatte in einem Interview am vergangenen Montag wiederum die US-Investmentbank namentlich erwähnt.

"Festplatte aus dem Vorstand"

Aufschlussreicher ist indes bislang das Gespräch mit der Computerworld. "Im Moment sitzen wir auf fünf Gigabyte von der Bank of America - eine Festplatte aus dem Vorstand", formulierte er damals. "Wie sollen wir das jetzt präsentieren? Das ist ein Problem." Natürliche könne Wikileaks eine gigantische komprimierte Zip-Datei veröffentlichen, aber das bringe erfahrungsgemäß wenig. Wichtig sei es, dass die Leute schnell in die Dokumente "eintauchen", "durchsuchen" und am Ende "etwas aus ihnen herausziehen" könnten.

In den fünf Gigabytes könnten mehr als 600.000 Seiten an Informationen stecken, hat die New York Times ausgerechnet. Darin soll es nach Angaben von Assange im Forbes-Interview um ungeheuerliche Verstöße und unethische Praktiken gehen. "Man kann es auch das Ökosystem der Korruption nennen."

Die Dokumente zeigten, dass die Aufsicht über die Branche nicht richtig funktioniere und dass Manager vorrangig ihre eigenen Interessen im Blick hätten. Die Enthüllungen gäben Einblicke in die Funktionsweise der Führungsebene und würden zu Ermittlungen und Reformen führen, behauptete Assange tapfer.

Mit den neuen Enthüllungen von Wikileaks wird es Assange zufolge für ehrliche Spitzenmanager einfacher, ihre Unternehmen zu führen. Unehrliche Firmen seien von Veröffentlichungen stärker negativ betroffen. "Und genau darum geht es." Er empfahl Unternehmen, so offen und ehrlich wie möglich zu sein und Mitarbeiter gut zu behandeln. "Wikileaks ist dazu da, mehr Freiheit und Ethik in den Kapitalismus zu bringen."

Er zog einen Vergleich mit dem untergegangenen Energiekonzern Enron. Damals waren in einem US-Gerichtsprozess zahlreiche E-Mails aus dem Unternehmen bekanntgeworden, die schwere Verfehlungen aufzeigten.

Von allen Wirtschaftsbereichen sei der Sektor Finanzen der wichtigste. Man suche Material über großangelegten Finanzbetrug, weil so viele Menschen davon betroffen seien. Er könne noch nicht sagen, ob es bei den geplanten Banken-Enthüllungen um kriminelle Handlungen gehe, sagte Assange.

Eine Sprecherin der BoA erklärte, Wikileaks habe sich jedoch weder mit ihrem Konzern in Verbindung gesetzt noch gebe es Beweise für die Behauptung.

Forbes zufolge wurde das Gespräch am 11. November in London geführt. Der ständige Aufenthaltsort von Assange ist unbekannt - mittlerweile wird er aufgrund von Vergewaltigungsvorwürfen mit einem internationalen Haftbefehl gesucht.

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