Süddeutsche Zeitung

IWF: Nachfolge für Strauss-Kahn:Europas Erbhof

Nach dem Rücktritt von Dominique Strauss-Kahn debattiert die Welt über dessen mögliche Nachfolger. Doch wer wählt ihn? Welche Aufgaben hat er? Und warum kamen bislang alle IWF-Chefs aus Europa? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Nach dem Rücktritt des Geschäftsführenden IWF-Direktors Dominique Strauss-Kahn wegen des Vorwurfs der versuchten Vergewaltigung gewinnt die Nachfolgedebatte an Fahrt. Daneben geht es aber auch um Punkte wie diese: Wie wird der IWF geführt? Wer bestimmt und ernennt den neuen Chef? Fragen und Antworten.

Wer hat bei Entscheidungen des IWF das letzte Wort?

Zentrale Beschlüsse des IWF werden in letzter Konsequenz von den 187 Mitgliedsländern getroffen, die auch das Kapital stellen. Jedem Staat wird ein Kapitalanteil (Quote) zugeordnet. Je höher die Quote, desto mehr muss das Land einzahlen. Damit verbunden sind aber auch Stimmrechte. So haben die USA einen Stimmanteil von 16,7 Prozent, Japan von 6,25 Prozent und Deutschland von 5,8 Prozent. Zentrale Beschlüsse im IWF müssen mit einer Mehrheit von 85 Prozent getroffen werden. Die USA verfügen somit de facto über eine Sperrminorität.

Wie ist die Leitung des Fonds organisiert?

Entscheidungen werden vom IWF-Stab unter Leitung des Geschäftsführenden Direktors vorbereitet und vom Exekutivdirektorium gebilligt. Dieses Führungsgremium besteht aus 24 Direktoren. Fünf von ihnen werden von den Mitgliedsstaaten mit den größten Quoten ernannt, die verbleibenden vertreten jeweils mehrere Mitgliedsländer, die in Stimmrechtsgruppen zusammengefasst sind.

Wie wird der Geschäftsführende Direktor des IWF bestimmt?

Der Geschätsführende Direktor des IWF wird von den 24 Exekutivdirektoren gewählt. Die Direktoren wählen ihrerseits den Geschäftsführenden Direktor (Managing Director, kurz MD). Nach Kontinenten verteilt stellt Nordamerika derzeit zwei Exekutivdirektoren, Südamerika drei, Asien sechs, Europa neun, Australien einen und Afrika drei Exekutivdirektoren.

Was sind die Aufgaben des Geschäftsführenden Direktors?

Der Geschäftsführende Direktor hat eigentlich kein Stimmrecht, kann jedoch bei Stimmenparität mit seinem Votum den Ausschlag geben. Er ist für das Tagesgeschäft, die Organisation und die Personalpolitik des Fonds zuständig. Als Kontrollorgan fungiert das Exekutivdirektorium, das dem MD die Amtsführung entziehen kann. Grundsatzentscheidungen werden vom Gouverneursrat des IWF und vom International Monetary and Financial Committee getroffen, die bei den Herbst- und Frühjahrstagungen von IWF und Weltbank zusammenkommen.

Warum konnten sich die Europäer bislang immer den Chefposten sichern?

Die großen Wirtschafts- und Währungsräume USA und Europa haben sich informell darauf verständigt, wichtige Posten untereinander aufzuteilen. Demnach stellen die USA traditionell den Direktor der Weltbank, während der Geschäftsführende Direktor des IWF aus einem EU-Mitgliedsland kommt. Diesen wichtigen Posten hatte auch der spätere deutsche Bundespräsident Horst Köhler von 2000 bis 2004 inne. Insbesondere die Schwellenländer dringen jedoch seit Jahren darauf, dass das informelle Abkommen gekippt und der Posten des MD ausgeschrieben wird. Bei der Wahl von Strauss-Kahn hatten diese Staaten bereits die informelle Zusage erhalten, dass der nächste IWF-Chef nicht mehr nach der alten "Erbhof-Politik" bestimmt werden soll. In den Statuten ist diese Änderung jedoch ebenso wenig wie die alte Regelung verankert.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1099424
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/Reuters/pak
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.