WestLB:Angst vor dem Absturz

Lesezeit: 3 min

15 Milliarden Euro haben Kleinsparer in Zertifikate der maroden WestLB investiert. Jetzt müssen sie um ihr Geld bangen.

Markus Zydra und Martin Hesse

Friedrich Merz hat nun doch vier Interessenten ausgegraben, die ihre Kaufabsicht an der WestLB bekunden. Die Frage ist, was mit der Landesbank geschieht: verkaufen, aufspalten oder abwickeln?

Zur Zeit weiß niemand, was mit der WestLB passieren wird. (Foto: dpa)

Eine Entscheidung, welche Umbaumaßnahmen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle der EU vorlegen soll, wird an diesem Montag erwartet. Geht das Düsseldorfer Geldhaus tatsächlich an einen Privatinvestor, beginnt für viele Sparer eine schlimme Phase der Unsicherheit - sie bangen um ihre Zertifikate.

Die WestLB hat rund 15 Milliarden Euro dieser Inhaberschuldverschreibungen ausgegeben, die hauptsächlich über Sparkassen an Privatkunden verkauft wurden. Geworben wurde auch mit der besonderen Sicherheit dieser Papiere - ein Fall Lehman schien ausgeschlossen. Eine Sparkasse oder eine Landesbank wie die WestLB wird im Ernstfall immer vor der Pleite gerettet, weil alle anderen aus dem Sektor helfen.

Dieser kollektive Rettungsschwur wird als Institutssicherung bezeichnet, die auch Zertifikate umfasst. Privatbanken lassen Zertifikate-Inhaber dagegen ungeschützt. Als die Bank Lehman Brothers 2008 pleiteging, mussten deutsche Zertifikate-Besitzer hohe Verluste hinnehmen.

Was passiert also, wenn die WestLB an ein Privatinstitut geht? "Bei einem Verkauf der WestLB an eine private Bank würde diese aus der Sicherungsreserve ausscheiden", sagt Reinfrid Fischer, Rechtsanwalt der Kanzlei Wilmer Hale.

"Für den Fall des Ausscheidens besteht allerdings eine ausdrückliche Regelung, die Altverbindlichkeiten einschließlich der Schuldverschreibungen sichert", sagt Fischer und bestätigt damit die Einschätzung der WestLB. Die Zertifikate seien demnach in jedem Fall bei einer Bankeninsolvenz geschützt.

"Das ist juristisches Neuland"

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband formuliert es weniger deutlich. "Die WestLB kann auch nach einem Eigentümerwechsel in der Sicherungsreserve verbleiben, wenn der neue Eigentümer öffentlich-rechtlich ist." Unbeantwortet bleibt aber die Frage: Was gilt, wenn der neue Eigentümer nicht öffentlich-rechtlich, sondern privat ist?

"Das ist juristisches Neuland, ein solches Problem gab es noch nicht", sagt Lars Klöhn, Professor für Rechtswissenschaft an der Uni Marburg. "Es wird dann auch von der Struktur der Transaktion abhängen, ob es bei jedem Verkauf an einen privaten Investor zu einem solchen Statutenwechsel kommt", sagt Klöhn.

Natürlich gibt es immer wieder Eigentümerwechsel auf dem Derivatemarkt. So übernahm die australische Macquarie Bank die Derivatesparte von der Kölner Sal. Oppenheim. Doch das geschah innerhalb des Privatbankensektors, wo Zertifikate im Pleitefall der emittierenden Bank sowieso ungeschützt sind.

"Wenn die WestLB an eine Privatbank verkauft wird, dann müsste dieser Schutz enden, denn bei den Privatbanken greift im Insolvenzfall keine Einlagensicherung für Zertifikate", sagt Georg Bitter, Professor für Bankrecht an der Universität Mannheim.

Allerdings weiß 24 Stunden vor dem Stichtag am 15. Februar immer noch niemand, wie es mit der WestLB weitergeht. Alles scheint möglich. Die besten Chancen wurden am Wochenende einem Konzept eingeräumt, das die Auflagen der EU berücksichtigt und eine Aufspaltung vorsieht.

Der Plan ließe sich mit dem Wunsch der Sparkassenverbände des Rheinlandes und Westfalens vereinbaren, Teile des Geschäfts als Verbundbank im Sparkassenlager zu behalten.

Doch was geschieht, wenn niemand den Geschäftsbereich Zertifikate übernehmen will? Die als mögliche Käufer gehandelten Beteiligungsgesellschaften J.C. Flowers, Apollo und Blackstone haben nicht den Ruf, Geld zu verschenken. "Eine Haftung gegenüber einem Käufer kann nur geltend gemacht werden, wenn die WestLB insgesamt übernommen wird", sagt der Münchner Rechtsanwalt Peter Mattil.

Er gibt den Sparern folgenden Rat: "Als Zertifikatinhaber würde ich an den Stützungsfonds schreiben und eine Bestätigung verlangen, dass das Zertifikat im Falle einer Insolvenz geschützt ist." Die finanzielle Lage der Westdeutschen Landesbank ist bekanntlich sehr schlecht, strittig ist deshalb vor allem, wie die Lasten eines Umbaus verteilt werden. "Die Eigentümer werden bei einem Verkauf nicht annähernd den Preis bekommen, zu dem die WestLB in ihren Büchern steht", heißt es in Finanzkreisen.

Schon jetzt hat der Bund auf Basis des neuen Restrukturierungsgesetzes drei Brückenbanken gegründet. Über solche Auffanggesellschaften werden notleidende Geldhäuser künftig abgewickelt oder neu organisiert.

Eine Brückenbank könnte sofort für die schwer angeschlagene Düsseldorfer Landesbank genutzt werden. Ob dieses neue Instrument verhindern kann, dass im Falle einer Schieflage eine Panik unter Gläubigern von Banken ausbricht und andere Geldhäuser ins Straucheln geraten, ist noch nicht erwiesen.

© SZ vom 14.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: