Wertpapiere:Warnschuss

Wer Immobilienaktien kauft, sollte die Entwicklung der Zinsen im Blick haben. Im Frühjahr zeigte sich, wie empfindlich die Märkte reagieren.

Von S. Gröneweg

Für die Kurse vieler Immobilienaktien ging es lange Zeit nur in eine Richtung: nach oben. Ursache dafür ist ein ideales Umfeld gewesen. Dazu gehören die extrem niedrigen Zinsen, steigende Immobilienpreise und nach Sicherheit suchende Anleger. Hinzu kamen und kommen mögliche Firmenübernahmen, die die Fantasie der Märkte beflügeln. Diese glückliche Konstellation bleibt aber nicht unbedingt so bestehen.

"Der Warnschuss kam im April", sagt Helmut Kurz vom Bankhaus Ellwanger & Geiger, Fondsmanager und Spezialist für Immobilienaktien. In der letzten Aprilwoche sei der Zins für zehnjährige Bundesanleihen rasant gestiegen. "Zwar von einem extrem niedrigen Niveau, aber in sehr kurzer Zeit und da waren einige Anleger schon erschrocken", ergänzt Kurz. Die Furcht vor der Zinswende ging um. Die Kurse der börsennotierten Immobiliengesellschaften bekamen das zu spüren. Die Aktie des größten deutschen Wohnkonzerns, der Deutschen Annington, kostete am 27. April noch mehr als 30 Euro. Bis Mitte Juni verlor sie 20 Prozent an Wert, danach erholte sie sich allerdings wieder und liegt derzeit bei etwa 29 Euro. Die Titel der Deutschen Euroshop - einem Betreiber von Shoppingcentern - lagen Ende April noch bei 46,8 Euro, derzeit notieren sie bei 41 Euro.

Viele Unternehmen wappnen sich schon mal für die Wende. Sie erhöhen das Kapital

Bisher bekommen die Unternehmen noch billige Kredite, können sich also günstig refinanzieren, was Geld spart und die Erträge erhöht. Sollten die Zinsen steigen, müssten die Gesellschaften wieder mehr Geld für ihre Kredite bezahlen. Dann könnten vor allem diejenigen, die zu viele Darlehen aufgenommen haben, in Schwierigkeiten geraten. Das lässt sich mit einem normalen Hauseigentümer vergleichen. Vermutlich wappnen sich die Verantwortlichen in den Unternehmen nach der Erfahrung im Frühjahr für genau diesen Fall, und zwar mit Kapitalerhöhungen. "Etliche Gesellschaften haben in den vergangenen Wochen neue Aktien ausgegeben und auf diese Weise ihr Eigenkapital erhöht", berichtet Kurz. Viele Verantwortliche erklären zwar, dass das eingesammelte Geld für Zukäufe gedacht sei. Aber eine niedrige Fremdkapitalquote gilt als entscheidendes Kriterium für die Robustheit einer Gesellschaft.

Auch die Immobiliengesellschaften in den europäischen Nachbarländern haben in den vergangenen Wochen frisches Geld eingesammelt. Sie brachten viele Wandelanleihen auf den Markt. Ein komplexes Produkt, das immer beliebter wird. Bei einer Wandelanleihe handelt es sich um ein festverzinsliches Wertpapier. "Die Verzinsung ist im Vergleich zu anderen festverzinslichen Wertpapieren etwas geringer", erklärt Kurz. Dafür habe der Inhaber aber ein besonderes Wahlrecht. Er könne die Anleihe während einer Frist zu einem vorher festgelegten Verhältnis in Aktien des Unternehmens eintauschen. Der Investor erhält somit nicht nur regelmäßige Zinsen, sondern kann zusätzlich noch auf steigende Aktienkurse spekulieren. Ob sich diese Spekulation lohnt? Man müsse bedenken, dass die Titel vieler Gesellschaften schon recht teuer seien, sagt Kurz. Bei den Betreibern von Gewerbeimmobilien in Deutschland sieht er allerdings immer noch Kursfantasie durch mögliche Fusionen oder Übernahmen. "Die Firmen bündeln ihre Bestände, um sie effektiver zu bewirtschaften", sagt der Fondsmanager.

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