"Wenn du es willst":Ein amerikanischer Traum

Der erfolgreiche Finanzmakler Christopher Gardner begann seine Karriere als Obdachloser - jetzt kommt seine Geschichte ins Kino.

Nikolaus Piper

Viele Europäer halten den amerikanischen Traum für eine Chimäre, einen Propagandatrick oder, bestenfalls, für eine große Selbsttäuschung der Amerikaner selbst. Dabei gibt es auch heute noch immer wieder packende Beispiele dafür, wie dieser Traum in Erfüllung gehen kann: Jemand nimmt sein Schicksal selbst in die Hand und kommt durch harte Arbeit und eisernen Willen von ganz unten nach ganz oben.

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(Foto: Foto: SonyPictures)

Eines dieser Beispiele ist von nächster Woche an in deutschen Kinos zu sehen. An diesem Tag startet, mit dem Hollywood-Star Will Smith in der Hauptrolle, "Das Streben nach Glück". Es ist die ergreifende Lebensgeschichte von Christopher Gardner, 52, dem farbigen Gründer der kleinen, aber überaus erfolgreichen Chicagoer Finanzmakler-Firma Gardner Rich LLC.

Mehrere Anläufe für das Traineeprogramm

Gardner wurde am 9. Februar 1954 in der Industriestadt Milwaukee im Bundesstaat Wisconsin geboren und wuchs dort in schlimmen Verhältnissen auf. Seinen Vater lernte er nie kennen, sein Stiefvater verprügelte ihn regelmäßig, seine Mutter brachte ihn ins Heim, wenn sie nicht mehr weiter wusste.

Von ihr lernte der Junge aber auch den Willen zum sozialen Aufstieg - so steht es jedenfalls in Gardners Autobiographie: "Wenn du es willst, kannst du eines Tages eine Million Dollar verdienen."

Nach der Schule ging Gardner zur Marine und wurde dort zum Sanitäter ausgebildet. Das nützte ihm nach der Entlassung aus dem Militärdienst, als er nach San Francisco umzog. Er half bei einem Herzchirurgen als Forschungsassistent aus und arbeitete als Vertreter für Medizintechnik.

1981 wurde sein Sohn Chris geboren; dessen Mutter verließ Vater und Sohn bald darauf. In diese Zeit fällt eine Begegnung, die in Gardners Autobiographie - und im Film - die Schlüsselrolle spielt: Auf einem Parkplatz beobachtete er, wie ein hervorragend gekleideter Mann einen Stellplatz für seinen roten Ferrari suchte. Das Auto faszinierte ihn so, dass er den Mann ansprach: "Sie können meinen Platz haben, wenn Sie mir zwei Fragen beantworten: Was machen Sie beruflich und wie machen Sie es?" Es stellte sich heraus, dass der Ferrari-Fahrer ein Finanzmakler war und 80 000 Dollar im Monat verdiente.

Also beschloss Chris Gardner, ins Finanzgeschäft zu gehen. Nach mehreren Anläufen konnte er schließlich an einem Trainee-Programm bei der Investment-Firma Dean Witter Reynolds teilnehmen.

Das Praktikantengehalt reichte allerdings für ihn und seinen Sohn nicht zum Leben aus. Die beiden waren, ohne dass die Leute bei Dean Witter etwas davon mitbekamen, faktisch obdachlos. Sie lebten einige Nächte in einer U-Bahn-Station in Oakland und schließlich im Wohnheim einer methodistischen Gemeinde für obdachlose Frauen.

Es ist vor allem diese Phase, die aus Gardners Leben einen Stoff für Hollywood machte. Und die Tatsache, dass er sich wirklich um seinen Sohn kümmerte: "Schon als kleiner Junge habe ich beschlossen, dass, falls ich einmal Kinder haben sollte, sie wissen sollen, wer ihr Vater ist", heißt es in der Autobiographie.

Die Aufnahmeprüfung bei Dean Witter schaffte er sofort, er bekam einen regulären Job und konnte eine eigene Wohnung mieten. 1987 gründete Gardner dann mit einem Startkapital von 10 000 Dollar seine eigene Firma, Gardner Rich.

Auch die Wahl des Firmennamens hatte es in sich: Es war eine Referenz an Marc Rich, einen umstrittenen Rohstoffhändler, den Gardner bewunderte, aber nie persönlich kennengelernt hatte. Rich war 1983 angeklagt worden wegen Steuerhinterziehung, Falschaussage und Handel mit dem Iran; zu einem Prozess kam es aber nie, und 2001 ließ Präsident Bill Clinton die Anklage fallen.

Heute ist Gardner Multimillionär, seine Firma ist Finanzpartner vieler öffentlicher Institutionen in den Vereinigten Staaten, unter anderem begleitet Gardner Rich LLC regelmäßig die Anleihe-Emissionen der Stadt Chicago.

Zum amerikanischen Traum gehört es, dass man seinen Erfolg ohne Scham genießen kann: Gardner fährt einen Bentley und ist Stargast in unzähligen Fernseh-Shows. Dazu gehört aber auch, dass man einen Teil seines Vermögens der Gemeinschaft zurückgeben sollte. Gardner verkaufte Teile seiner Firma und nutzt sein Geld und seinen Ruhm jetzt für viele karitative Aktivitäten: für Bildung, Familien und für den Kampf gegen Obdachlosigkeit. Im Jahre 2002 wählte ihn eine amerikanische Väter-Initiative zum "Vater des Jahres".

Dabei ist Chris Gardner auch ein politischer Mensch. Als kleiner Junge bekam er die Bürgerrechtsbewegung und die Rassenunruhen der sechziger Jahre mit, später beschäftigte er sich mit den Büchern von Martin Luther King und den radikalen Schwarzen-Führern Malcolm X und Eldridge Cleaver. Jetzt will er Millionen in soziale Projekte in Südafrika investieren.

Zur Premiere von "Das Streben nach Glück" kommt Gardner diese Woche selbst nach Berlin.

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