Wechsel bei BayernLB:Außer Kontrolle

Der bisherige Vorstandsvorsitzende Werner Schmidt geht wegen Milliarden-Risiken - sein Nachfolger Michael Kemmer muss über Fusionen nachdenken.

Thomas Fromm und Katja Auer

Wer sich in den vergangenen Tagen im Umfeld der BayernLB-Eigentümer umhörte, vernahm die Signale. Leise und hinter vorgehaltener Hand, aber unmissverständlich: Landesbanken-Chef Werner Schmidt stand kurz vor dem Aus. Spätestens seitdem ihm Anteilseigner vorwarfen, er habe vorläufige Zahlen zur Milliardenbelastung durch die Kreditkrise am Verwaltungsrat vorbei veröffentlichen wollen, gilt sein Schicksal als besiegelt.

Wechsel bei BayernLB: Erst seit eineinhalb Jahren bei der BayernLB: der neue Vorstandsvorsitzende Michael Kemmer.

Erst seit eineinhalb Jahren bei der BayernLB: der neue Vorstandsvorsitzende Michael Kemmer.

(Foto: Foto: AP)

"Werner Schmidt hat viele Vorteile, neigt aber zu Spontanreaktionen", heißt es im Lager der Eigentümer. Die BayernLB gehört je zur Hälfte dem Freistaat Bayern und den bayerischen Sparkassen. "Außerdem will Schmidt am liebsten alles machen - den Hof kehren und sich danach gleich auch um die Kapitalanlagen kümmern.".

Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein formulierte es diplomatischer, als er am Dienstag im Landtag Stellung zu Schmidts Abgang nahm. Der Rücktritt sei "konsequent" gewesen, weil es "offensichtlich war, dass es schwere Kommunikationsprobleme zwischen dem Vorstandsvorsitzenden und den beiden Eigentümern gegeben hat". Wie freiwillig der Rücktritt vonstatten ging, wollte Beckstein nicht sagen. Aber "dass das Klima nicht mehr gestimmt hat, hat jeder gesehen, auch wenn er dreiviertel blind war".

Dass man bei der BayernLB nun schnell wieder zur Tagesordnung wird übergehen können, kann man zurzeit ausschließen. Für die Opposition in Bayern ist Schmidt ein "Bauernopfer", das nicht von "dem eklatanten Versagen" von Finanzminister Erwin Huber ablenken könne. Huber ist stellvertretender Vorsitzender im Verwaltungsrat der BayernLB, dem Kontrollgremium der Bank.

Schwierige Zeiten für Nachfolger

Auch für Schmidts Nachfolger Michael Kemmer dürften nun schwierige Zeiten anbrechen: Der Manager, der erst seit anderthalb Jahren bei der BayernLB arbeitet, war zuvor bei der Hypo-Vereinsbank für das Risikomanagement verantwortlich. Der aus dem privaten Bankensektor stammende Kemmer muss also nun anstelle des gelernten Sparkassenmannes Schmidt den täglichen Spagat zwischen Politik und Bankgeschäft schaffen. Zu tun gibt es für ihn eine Menge: Seit Samstag ist bekannt, dass die BayernLB insgesamt vier Milliarden Euro im US-Immobiliengeschäft mit niedriger Bonität investiert hat.

Bislang mussten die Münchener Banker lediglich 600 Millionen Euro abschreiben - und verweisen stolz auf ihren voraussichtlichen operativen Vorjahresgewinn von einer Milliarde Euro. Doch es könnte die BayernLB dennoch knüppeldick erwischen: Denn der US-Hypothekenmarkt ist längst kollabiert. Je länger die Finanzkrise dauert, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit eines Totalausfalls der BayernLB-Investments Dann läge der Abschreibungsbedarf der Bank um ein Vielfaches über den zuletzt gemeldeten 600 Millionen Euro.

Zudem dürfte die Krise des Instituts nun zusätzlich eine Diskussion über die Zukunft der Landesbank anheizen. Bereits am Dienstag sprach sich die bayerische FDP dafür aus, die BayernLB in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Dies würde denjenigen in die Hände spielen, die das Institut dem Zugriff der Politik entziehen wollen. Außerdem dürfte der Streit zwischen bayerischen Sparkassen und der Regierung im Freistaat nach dem Rücktritt Schmidts erst richtig an Fahrt gewinnen.

Vom Präsidenten des bayerischen Sparkassenverbande, Siegfried Naser, weiß man, dass er das Haus lieber gestern als heute mit der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in Stuttgart zusammenlegen und so eine starke Südschiene schaffen möchte. Pläne, die bei der Landesregierung nicht ankommen - hier fürchtet man, beim Zusammenschluss mit der größeren LBBW den Kürzeren zu ziehen - und damit den Finanzplatz München zu schwächen.

Eindeutige Einladung

Längst aber loten bayerische und schwäbische Sparkassenvertreter gemeinsam Chancen der Südschiene aus. "Wenn wir frei wählen könnten, dann wäre es uns mit der BayernLB wohl", sagte der Präsident des Sparkassenverbands, Peter Schneider, vor einigen Tagen - eine eindeutige Einladung an die Bayern. Ob sie erhört werden, hängt am Ende von Politikern in München ab, und davon, ob der Freistaat bereit ist, seine Macht bei der BayernLB, zumindest teilweise, abzugeben. Ministerpräsident Beckstein wiegelt auf die Frage nach Fusionsgesprächen ab: Diese "Gerüchte haben null Realitätsgehalt, jedenfalls weiß ich von nichts".

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