Wall Street: Schuldspruch:150 Jahre Haft für Finanzbetrüger Madoff

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"Außergewöhnlich bösartig": Bernard Madoff hat den größten Betrugsfall der Wall-Street-Geschichte ausgelöst - jetzt wird der Finanzgaukler den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen. Er selbst spricht vom "Vermächtnis der Schande".

Moritz Koch, New York

Ein New Yorker Gericht verurteilte den Finanzjongleur zu einer Haftstrafe von 150 Jahren. Bernard Madoff hatte gestanden, ein gewaltiges Schneeballsystem aufgebaut zu haben. Weltweit haben Tausende Anleger ihr Geld verloren.

Bernard Madoff hat alle betrogen: Banken, Finanzdienstleister, Stiftungen und Universitäten in Asien, Europa und Amerika (Foto: Foto: AFP)

Mit dem Strafmaß kam das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Die Verteidigung hatte auf zwölf Jahre plädiert. Richter Denny Chin nannte Madoffs Taten "außergewöhnlich bösartig". Die Opfer des Milliardenbetrügers nahmen das Urteil mit Genugtuung auf. Viele Privatanleger sind durch seine Machenschaften ruiniert.

"Vermächtnis der Schande"

Sie hatten ihm ihre gesamten Ersparnisse überlassen. Insbesondere Juden haben ein Vermögen mit Madoff-Anlagen verloren. Madoff war ein angesehenes Mitglied der jüdischen Gemeinde in New York. Auch der Holocaustüberlebende und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel vertraute ihm sein Geld und das seiner Stiftung an. Zu den Betrogenen zählen daneben Banken, Finanzdienstleister, Stiftungen und Universitäten in Asien, Europa und Amerika.

Der finanzielle Schaden, den Madoff anrichtete, konnte bislang nicht bestimmt werden. Nach Schätzungen der Staatsanwaltschaft schleuste er insgesamt 170 Milliarden Dollar durch seine Firma. Im vergangenen November, wenige Wochen bevor sein Schwindel ans Licht kam, standen 65 Milliarden Dollar von 4800 Kunden in seinen Büchern.

Das meiste Geld ist verschwunden. Vor Gericht drückte Madoff seinen Opfern sein Bedauern aus. "Es tut mir leid", sagte er ihnen. Ich weiß, dass das Ihnen nicht hilft." Dann fügte er hinzu: "Ich hinterlasse meiner Familie und meinen Enkelkindern ein Vermächtnis der Schande."

Madoff versprach seinen Investoren stabile Renditen, selbst in Zeiten des Abschwungs. Doch er investierte das Kapital, das er einsammelte, nie.

Stattdessen parkte er es auf Tarnkonten. Altanleger zahlte er mit dem Geld aus, das ihm neue Kunden überwiesen. Fast 20 Jahre gelang es Madoff, seine Geldverteilungsmaschinerie am Laufen zu halten.

Doch der Finanzkrise hielt sein System nicht stand. Als im vergangenen Herbst immer mehr Investoren ihr Geld zurückhaben wollten, flog der Betrug auf. Im Dezember wurde Madoff verhaftet, im März bekannte er sich in allen Anklagepunkten für schuldig, darunter Geldwäsche, Wertpapierbetrug und Falschaussage.

Unverdächtige Ziele

Die von Madoff in Aussicht gestellten Erträge von zehn bis 15 Prozent waren deutlich niedriger die Renditeziele aggressiver Hedgefonds. Das machte Madoff in den Augen der Aufsichtsbehörden unverdächtig.

Zudem war er zurückhaltend, vermied öffentlichkeitswirksame Auftritte. Nur ausgewählten Investoren gewährte er Zugang zu seinen Fonds. Diese Vermarktungsstrategie erwies sich als brillant: Sie verstärkte das Vertrauen in ihn, ebenso wie den Wunsch der Außenstehenden doch noch in den exklusiven Kreis aufgenommen zu werden.

Madoff behauptet, ein Einzeltäter gewesen zu sein. Selbst seine Angehörigen, die in seiner Firma arbeiteten, sollen nichts von seinem Schwindel gewusst haben. Die Staatsanwaltschaft ist dieser Darstellung gefolgt, zumindest bisher.

Das Verfahren richtete sich allein gegen Bernard Madoff. Seine Frau Ruth muss sich allerdings von Immobilien, Kunstgegenständen, Autos und Yachten im Wert von 80 Millionen Dollar trennen. Die Erlöse sollen den Opfern ihres Mannes zufließen. 2,5 Millionen Dollar darf Ruth Madoff behalten, entschied das Gericht.

Ihren Mann wird sie nur noch im Gefängnis sehen.

© SZ vom 30.06.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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