Währungsfonds für Europa:Ein Rettungspaket zu Weihnachten

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Die Zeit scheint reif für einen europäischen Währungsfonds: Er ist das Pendant zum IWF, der mit großen Taschen, väterlicher Strenge und vor allem dem richtigen Regel-Mix für Ordnung sorgen kann.

Stefan Kornelius

Von 2010 war ein beinahe verlorenes Jahr für den Euro und seine Hüter. Die Währungskrise wurde viel zu lange unterschätzt, die Gesetze des Marktes wurden zu wenig verstanden, die nationalen Reflexe behaglich gepflegt. Seit den Griechenland-Turbulenzen im April laufen die Mitglieder der Währungsunion dem Problem hinterher. Und weil sich 16 Regierungen auf komplizierte Rettungsmechanismen verständigen müssen und dies nun mal nicht ohne politisches Getöse abgeht, nutzen die Finanzmärkte blitzschnell ihre taktische Überlegenheit.

Diese Dynamik hat sich nach Griechenland in Irland wiederholt und wird auch vor den nächsten Schwächekandidaten nicht haltmachen. Deswegen muss der Euro-Verbund die Dynamik stoppen. Die Politik muss wie ein Surfer vor die Welle kommen und die Woge ausreiten. Und weil inzwischen die Dynamik der Krise verstanden worden ist, sollte den politischen Akteuren auch bewusst sein, wie wenig Zeit sie für ihr Wellenreiter-Kunststück haben.

Zwei Vorteile haben sich die politischen Akteure gegenüber den Märkten inzwischen erarbeitet: Erstens steht seit dem letzten Europäischen Rat das rechtliche Korsett, das auch die vor dem Verfassungsgericht zitternde Bundesregierung stützt. Damit kann Kanzlerin Angela Merkel befreiter und bündnisdienlicher argumentieren, ohne ständig die Populisten- und Kläger-Meute im Nacken zu spüren. Und zweitens hat sich in Europa weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, dass die deutschen Vorstellungen von Stabilität und Kontrolle der Währung so falsch nicht sind.

Nun kommt also die Stunde einer Idee, die tatsächlich schon vor neun Monaten heftig diskutiert und verworfen wurde: Es wird Zeit für den europäischen Währungsfonds, das Pendant zum global agierenden IWF, der mit großen Taschen, väterlicher Strenge und vor allem dem richtigen Regel-Mix für Ordnung auf den Währungsmärkten sorgen kann.

Dieser Fonds mag einen anderen Namen tragen, für seine Funktion aber gibt es keine Alternative: Unabhängig muss er sein, ausgestattet mit Geld und Kreditwürdigkeit, und vor allem braucht er Zähne. Wer den Fonds anzapft, der muss sich an strenge Auflagen halten. Das Regelwerk muss von allen Staaten gewollt sein, damit den Märkten ein Signal der Entschlossenheit entgegengesetzt wird. Und schließlich muss wie beim IWF klar sein: Wer die Hilfen in Anspruch nimmt, der muss auf Souveränität verzichten und sich einem Regelwerk für Stabilität unterwerfen, das den nationalen Parlamenten nicht schmecken wird.

Kaum jemand wird es zugeben wollen, aber ein solcher Fonds zur Rettung des Euro ist der Kern einer gemeinsamen europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die revolutionären Ideen werden in Europa häufig ein wenig umständlich über die Hintertür angeliefert. Diesmal kommt das Rettungspaket gar durch den Kellereingang. Wichtig aber ist am Ende, dass es abgeliefert wird.

© SZ vom 23.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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