Vorwürfe gegen die HSH Nordbank:Wanzen - und falsche Geständnisse

Die HSH Nordbank könnte in eine besonders hässliche Spitzelaffäre verwickelt sein - die Hamburger Staatsanwälte ermitteln. Doch nun hat der Kronzeuge einen Rückzieher gemacht.

Kristina Läsker

Am Donnerstag wird sich der Aufsichtsrat der HSH Nordbank zur ersten Sitzung nach der Sommerpause in Hamburg treffen. Es hätte ein so schönes Treffen werden können. Am Freitag hatte die Landesbank überraschend gemeldet, sie habe - nach horrenden Verlusten in den zwei Vorjahren - wieder einen operativen Gewinn erzielt. Im besten Fall also hätten sich die 20 Kontrolleure gegenseitig versichert, dass die krisengeschüttelte Bank aus dem Gröbsten raus ist.

Neues zur ´Spitzel-Affäre" bei der HSH Nordbank

Die HSH könnte in eine der schmutzigsten Spitzelaffären verwickelt sein, die es in der deutschen Bankenszene je gegeben hat.

(Foto: dpa)

Wenn jetzt nicht neue Informationen aufgetaucht wären. Danach könnte die HSH in eine der schmutzigsten Spitzelaffären verwickelt sein, die es in der deutschen Bankenszene je gegeben hat. Eine Affäre, die selbst die jüngsten Schnüffeleien bei der Deutschen Bank in den Schatten stellen könnte.

Es geht um Geheimnisverrat, Wanzen, angezapfte Telefone und fingierte E-Mails. Um einen geschassten Vorstand und dessen Wunsch nach Wiedergutmachung sowie den freigestellten Chefjustiziar. Und um den Kronzeugen, einen Detektiv, der am Montag überraschend früheren Aussagen widersprach und den HSH-Betriebsratschef untergräbt. Eine entsprechende notariell beglaubigte Erklärung des Detektivs liegt der SZ vor.

Eines steht fest. Es gab da dieses Leck. Immer wieder dringen im Frühjahr 2009 interne Informationen nach außen - und behindern aus Sicht des Vorstands die Rettung der Bank. Was den neuen Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher ziemlich ärgert. Ein Sicherheitsfirma namens Prevent erhält den Auftrag für "Abwehrmaßnahmen", erzählt ein mit dem Vorgang Vertrauter. Etwas später, im April 2009 trennen sich Nonnenmacher und Ex-Aufsichtsratschef Wolfgang Peiner vom Vorstandsmitglied Frank Roth und erstatten Strafanzeige - wegen des Verdachts des Geheimnisverrats.

Geschasster Vorstand muss nicht der Geheimnisverräter sein

Die Staatsanwaltschaft Kiel nimmt Ermittlungen gegen Roth auf. Sie geht der Frage nach, ob der für Personal und EDV zuständige Vorstand ein Strategiepapier weitergegeben hat. Hintergrund: Im Zuge der Abwehrmaßnahmen hatten Nonnenmacher und HSH-Chefjustiziar folgendes entsonnen: Jedem der Vorstandsmitglieder habe eine optisch veränderte Version eines Strategieentwurfs erhalten, erzählen Beteiligte. Als wenig später die Version von Roth außerhalb der Bank zirkuliert, muss Roth gehen.

Gut ein Jahr später, am 24. Juni 2010, stellen die Kieler Fahnder die Recherche gegen Roth dennoch ein. "Gegen den Beschuldigten besteht kein hinreichender Tatverdacht", heißt es im Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft. Es lasse sich nicht nachweisen, dass Roth persönlich Geheimnisse verraten habe. Zu viele Mitarbeiter hätten Zugang zu dessen Büro gehabt, heißt es im Bericht.

Als Roth sich nun an Hilmar Kopper, den neuen Aufsichtsratschef der HSH, wendet und eine Abfindung fordert, blitzt er ab. "Für ein Arrangement mit Ihnen ist weder moralisch noch rechtlich irgendein Raum", schreibt Kopper dem geschassten Vorstand am 20. Juli 2010 und spricht von einem "mangelhaft geführten Verfahren". Roth ist verärgert, seine Anwälte prüfen derzeit straf- und zivilrechtliche Konsequenzen.

Das Vorstandsbüro war verwanzt

Am Samstag tauchten nun neue Vorwürfe im Spiegel auf. Sie entlasten Roth und verleihen der Affäre eine abenteuerliche Dimension. Demnach hat es die Bank nicht bei den präparierten Papieren belassen. Sie habe zudem die Sicherheitsfirma Prevent und deren Sub-Unternehmer Arndt U. gebeten, den Rauswurf von Roth gezielt einzufädeln. Festgehalten ist das in einem "Protokoll eines Gesprächsverlaufes" zwischen Detektiv U. und dem HSH-Betriebsratschef Olaf Behm, das der SZ vorliegt.

Der Detektiv hat demnach in Roths Vorstandsbüro Wanzen installiert und dessen Privatwohnung in Hamburg durchsucht. Dort versuchte er angeblich, dessen Telefon anzuzapfen, was "jedoch nicht möglich gewesen sei". Außerdem bekannte der Detektiv laut Protokoll, dass er "und nicht Herr Roth" die E-Mail mit dem geheimen Dokument versandt habe - was Roth entlasten würde.

Inzwischen haben Bank und Fahnder reagiert. Nach Zugang des Gesprächsprotokolls hat sich die Staatsanwaltschaft in Hamburg eingeschaltet: Sie ermittele gegen den Sicherheitsberater der HSH "im Zusammenhang mit einer Manipulation im Bereich der internen Kommunikation", bestätigte Staatsanwalt Bernd Mauruschat. Es bestehe der Verdacht, dass dieser gegen das Telekommunikationsgesetz verstoßen habe.

Auch die Bank hat reagiert: Am Freitag versandte Vorstand Martin van Gemmeren eine interne E-Mail mit der Nachricht, dass Chefjustiziar Wolfgang Gößmann freigestellt sei. Ein HSH-Sprecher wollte sich dazu am Montag nicht äußern. Gößmann weist den Verdacht von sich, dass er von den illegalen Spitzelaktionen gegen Ex- Vorstand Roth gewusst oder diese gar beauftragt habe. "Unserem Mandanten ist von diesem Sachverhalt nichts bekannt und er war an diesen angeblichen Sachverhalten in keiner Weise beteiligt", sagt dessen Anwalt Gernot Lehr von der Sozietät Redeker.

Gößmann ist nicht der einzige, der nichts gewusst haben will. Am Montag meldete sich der beschuldigte Detektiv und erklärte die im Protokoll festgehaltenen Sachverhalte für schlichtweg falsch. Er habe das nie gesagt und es entspreche nicht der Realität.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: