Vorstoß der Bundesregierung:Ein Fonds für alle Verlegenheiten

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Ein Währungsfonds für Europa? Die Idee ist nur ein weiterer Beleg für das klassische Verhalten Europas bei Problemen.

Claus Hulverscheidt

Es ist noch kein Jahr her, da wähnte sich Dominique Strauss-Kahn, der Chef des Internationalen Währungsfonds, am Ziel: "Der IWF", so verkündete er beim Weltfinanzgipfel im April, "ist wieder da!"

Danach sah es tatsächlich aus, denn die G-20-Staaten hatten soeben beschlossen, die Kreditmittel des Fonds auf 750 Milliarden Dollar zu verdreifachen und ihn damit zum Bollwerk gegen die globale Wirtschafts- und Finanzkrise aufzurüsten.

Möglicherweise jedoch war Strauss-Kahns Freude verfrüht, denn ob die Krise dem zuvor schwächelnden IWF tatsächlich zu einem Comeback verhelfen wird, ist wieder völlig offen.

Schuld daran sind die Griechen, denn als Angela Merkel und Nicolas Sarkozy der Erhöhung der Fonds-Mittel damals zustimmten, hatten sie vor allem Schwellen- und Entwicklungsländer als Hilfeempfänger im Visier und weniger Mitglieder der Europäischen Union - geschweige denn der Währungsunion.

Das ist der Grund dafür, warum jetzt, da ausgerechnet die Regierung in Athen am lautesten um Hilfe ruft, vom IWF plötzlich keine Rede mehr ist. Stattdessen schlägt die Bundesregierung vor, einen Europäischen Währungsfonds zu gründen, eine Art Finanz-Rot-Kreuz für Besserverdiener, weil sonst der Eindruck entstehen könnte, Europa sei ebenso wenig in der Lage, seine Probleme selbst zu lösen wie die Hungerleider in Asien und Afrika.

Als ob dieser Eindruck nicht längst entstanden wäre! Jahrelang haben die Regierungen der Eurozone weggeschaut, als die Griechen ihre Statistiken fälschten, die Spanier ihre Immobilienblase produzierten und die Italiener ihre Wettbewerbsfähigkeit verspielten.

Der Grund dafür ist simpel: Die Gremien, in denen die Europäer solche Dinge besprechen, sind politische Gremien. Man kennt sich, man weiß um die Schwächen des anderen, und man nimmt Rücksicht, weil man nie weiß, ob man nicht der Nächste sein wird, der auf der Anklagebank sitzt. In einer solchen Konstellation ist es praktisch unmöglich, Probleme ohne diplomatische Schnörkel beim Namen zu nennen und harte Sanktionen gegen solche Staaten zu verhängen, die die Stabilität der gemeinsamen Währung gefährden.

Auch bei einem EU-Währungsfonds bestünde die Gefahr, dass er nicht politikfrei arbeiten könnte - mal unabhängig von der Frage, was eine solche Gründung für das Engagement Europas im IWF und damit für dessen Gewicht in der Welt bedeuten würde.

Der IWF hat sich schon unter Horst Köhler und erst recht unter Strauss-Kahn ökonomisch neu ausgerichtet, er verfügt über die Expertise, die Durchsetzungskraft und die Finanzmittel zur Krisenbekämpfung, und er hat - anders als ein europäischer Fonds dies könnte - die ganze Welt und nicht nur einen kleinen Ausschnitt im Blick.

Die EU jedoch geht die Probleme einmal mehr nicht pragmatisch-inhaltlich, sondern politisch-institutionell an. Wer aber glaubt, die Weltfinanzmärkte ließen sich durch die Schaffung neuer Institutionen beeindrucken, der täuscht sich.

© SZ vom 08.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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