Süddeutsche Zeitung

Vor Insolvenzverfahren:Was Prokon-Anleger wissen sollten

Bekommen Anleger von Prokon ihr Geld zurück? Wenn ja, wann? Und was hat Konzernchef Rodbertus zu befürchten? Antworten auf wichtige Fragen.

Von Markus Balser

Nach der Pleite der Windkraftfirma Prokon bringen sich die ersten Interessenten in Stellung. Der Hamburger Solarpark- und Windkraftbetreiber Capital Stage hat Interesse an einem Kauf von Prokon-Anlagen. Auch der niederländische Hedgefonds Exchange Investors erklärte, er wolle Prokon-Anlegern Genussscheine abkaufen. Die Süddeutsche Zeitung beschreibt, was die 75.000 Anleger, die um insgesamt 1,4 Milliarden Euro bangen, jetzt beachten sollten.

Wie geht es nach dem Insolvenzantrag mit Prokon weiter?

Der Insolvenzantrag ist für Anleger ein Schock. Immerhin: Sie können sich sicher sein, dass bei der Aufarbeitung der Affäre jetzt alles geordnet und unter gerichtlicher Aufsicht abläuft. Der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin muss zunächst das Vermögen sichern. Dann wird er versuchen, das Unternehmen zu sanieren und dafür zu sorgen, dass Anleger den ihnen zustehenden Anteil - die Quote - bekommen. Penzlin muss klären, ob Prokon tatsächlich insolvent ist. Dazu werden gerade drei Rechtsgutachten erarbeitet. Prokon macht solange unter Führung des vorläufigen Insolvenzverwalters weiter. In dieser Phase ist das Unternehmen bereits vor den Forderungen von Anlegern geschützt und zahlt keine Zinsen oder Einlagen aus.

Was können die Inhaber von Genussrechten jetzt tun?

Nicht viel. Zunächst bleibt ihnen nur abzuwarten. Ihre Forderungen können Anleger im vorläufigen Insolvenzverfahren noch nicht anmelden. Erst wenn in einigen Wochen oder Monaten ein reguläres Insolvenzverfahren eröffnet wird, müssen Anleger aktiv werden und ihre Forderungen anmelden. Derweil bleibt ihnen nur der Gang zum Anwalt, um eigene juristische Schritte - etwa eine Klage gegen Prokon - zu prüfen. Können Anleger dem Unternehmen etwa falsche Beratung nachweisen, könnten sie ihre Position in der Reihenfolge der Gläubiger verbessern. Ein Rechtsstreit könnte für Anleger jedoch teuer werden.

Werden Anleger etwas von ihrem Geld zurückbekommen?

Die Chancen stehen nicht schlecht. Mit dem Insolvenzantrag ist die Wahrscheinlichkeit gesunken, dass die Inhaber von Genussrechten ihr gesamtes eingezahltes Kapital zurückbekommen. Sie müssen sich wohl auf Verluste einstellen. Umgekehrt gilt der Totalverlust derzeit als unwahrscheinlich. Der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass Prokon über einige Vermögenswerte verfügt, zumindest im Bereich der Windkraft. Einzelne der gut 50 Windparks sollen nun verkauft werden. Dafür gibt es bereits erste Interessenten. Was Anleger zurückbekommen, hängt jedoch davon ab, wie groß der Schuldenberg im Vergleich zu Eigenkapital und Vermögen ist.

Bekommt sein Geld zurück, wer seine Genussrechte schon vor der Insolvenz gekündigt hat?

Das Unternehmen wird auch die gekündigten Genussrechte zunächst nicht auszahlen. Laut Prokon werden diese gleichrangig zu den nicht gekündigten Genussrechten im Falle der Insolvenz behandelt. Somit werden die Anleger nicht früher aus der Insolvenzmasse bedient, nur weil sie gekündigt haben.

Werden Prokon-Eigentümer belangt?

Firmenchef und -gründer Carsten Rodbertus hatte nach dem Insolvenzantrag am Donnerstag erstmals öffentlich Fehler eingeräumt. Anleger diskutieren nun in Foren darüber, ob sich Manager von Prokon belangen lassen. Prokon ist eine Kommanditgesellschaft. Das bedeutet: Privateigentum der Betreiber, das nicht in der Firma steckt, ist vor Zugriffen geschützt.

Was tun deutsche Behörden, um den Fall aufzuklären?

Die Strafverfolger sind im Fall Prokon bereits aktiv geworden. Die Staatsanwaltschaft Lübeck hatte in den vergangenen Monaten bereits mehrere Strafanzeigen gegen den von Insolvenz bedrohten Windparkfinanzierer erhalten. In den vergangenen Tagen seien weitere hinzugekommen, sagte Oberstaatsanwältin Wenke Haker-Alm der Süddeutschen Zeitung. Diese Anzeigen würden nun geprüft. Man gehe der Frage nach, ob ein Anfangsverdacht wegen Betruges und weiterer Wirtschaftsdelikte bestehe, etwa eine mögliche Insolvenzverschleppung.

Wie werden die Mitarbeiter von Prokon nun bezahlt?

Für die Mitarbeiter von Prokon ist das Gehalt zunächst über das Insolvenzgeld gesichert. Es wird für drei Monate aus Staatsmitteln gezahlt.

Was müssen Prokon-Stromkunden jetzt tun?

Prokon ist seit einigen Jahren auch selbst auf dem Strommarkt aktiv und beliefert Endkunden mit Energie. Diese Kunden müssen ihrerseits erst mal gar nicht aktiv werden. Wird der Stromvertrieb durch Prokon eingestellt, werden die Kunden automatisch von ihrem örtlichen Versorger beliefert - dann allerdings zum Grundtarif und in der Regel zu einem etwas höheren Preis.

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Quelle:
SZ vom 25.01.2014/leja
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