Verwalter:Kompetenz? Egal

Wer Wohnungen verwaltet, braucht sehr viel Wissen aus unterschiedlichen Bereichen. Trotzdem verzichtet der Gesetzgeber weiterhin auf einen Sachkundenachweis. Den Immobilienverbänden sind die neuen Regeln viel zu lasch.

Von Stephanie Schmidt

Ein Blind Date bringt angenehme und weniger angenehme neue Erfahrungen. Zumindest kann nicht viel schiefgehen. Aber diese Variante von Blind Date gefährdet womöglich die eigene Existenz: Wer sich an eine Eigentumswohnung binden will, sollte vor dem Kauf das Gespräch mit den Menschen suchen, mit denen er es künftig immer wieder zu tun haben wird. Dazu gehören etwa die unmittelbaren Nachbarn im Mehrparteienhaus oder der Mieter der Wohnung, die man erwerben möchte. Denn dessen Mietvertrag muss der neue Eigentümer übernehmen. Einen besonders wichtigen Entscheidungsträger übersehen manche Käufer schlichtweg: den Verwalter. Wem vertrauen sie da eigentlich ihre Wohnung und damit ihr Vermögen an? Wie qualifiziert ist der Verwalter, der eine Wohnanlage managt?

Bislang konnte jeder Verwalter werden; es genügte eine Gewerbeanmeldung. Das ist nicht mehr möglich. Zum 1. August dieses Jahres trat das neue Berufszulassungsgesetz für gewerblich tätige Verwalter von Wohnimmobilien sowie für Makler in Kraft. Neuerdings besteht nach Paragraf 34 c der Gewerbeordnung eine Erlaubnispflicht. Um diese Erlaubnis zu erhalten, muss der Bewerber drei wesentliche Voraussetzungen erfüllen: Er muss seine persönliche Zuverlässigkeit sowie geordnete Vermögensverhältnisse nachweisen. Eine wichtige Anforderung ist auch der Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflicht mit Mindestsumme von 500 000 Euro je Versicherungsfall.

Doch die Verwalterverbände üben herbe Kritik an der neuen Berufszulassungsregelung. "Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes", kommentiert Steffen Haase, Vizepräsident des Dachverbands Deutscher Immobilienverwalter (DDIV), die neuen Vorschriften. Bundesweit hat der DDIV 2600 Mitglieder - Verwalter, die für eine GmbH oder als Einzelkaufmann tätig sind. "Unseren Verband und mich selbst stört es am meisten, dass der Sachkundenachweis für Verwalter rausgefallen ist", lautet Haases Resümee. Ein Sachkundenachweis müsse unter anderem eine Prüfung zum WEG-Recht beinhalten, aber auch zur Technik rund ums Gebäude. "Schließlich ist der Verwalter auch mit Aufgaben der Instandhaltung und Instandsetzung betraut." Die Zulassung in ihrer jetzigen Form hält er für "Bürokratismus". Fachliche Fähigkeiten müsse man nicht unter Beweis stellen.

Haase geht davon aus, dass es in Deutschland 16 000 Verwalter gibt, die entweder nur Wohnimmobilien verwalten oder sich um einen Mix aus Wohnen und Gewerbe kümmern; belastbare Zahlen gebe es allerdings nicht. "Verwalter, die nur Gewerbeimmobilien managen, fallen nicht unter die Regelung", moniert der stellvertretende Vorsitzende des Verbands der Immobilienverwalter Bayern. "Aber fragen Sie mich nicht, warum. Ich hätte die Zulassungspflicht für alle gewerblich tätigen Verwalter eingeführt."

Wohnungen in Dresden

Verwalter betreuen oft immense Vermögen. Dennoch sind die Hürden für diesen Beruf sehr gering.

(Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Um die Zulassung müssen sich auch die Verwalter kümmern, die schon seit Jahren im Geschäft sind - egal ob man als Verwalter im Auftrag einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) oder als Mietverwalter tätig ist. Allerdings gilt für gewerblich tätige Verwalter, die bereits vor dem 1. August 2018 tätig waren, eine Übergangsfrist bis zum 1. März 2019.

Bei der Zulassung geht es um die Seriosität des Verwalters, nicht um seine Fachkompetenz

Außerdem beinhaltet das neue Gesetz für WEG- und Mietverwalter eine Fortbildungspflicht, die auch Makler betrifft. Die Fortbildungspflicht ist in der Verordnung über die Pflichten der Immobilienmakler, Darlehensvermittler, Bauträger, Baubetreuer und Wohnimmobilienverwalter (MaBV) geregelt und besagt, dass Verwalter innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren 20 Stunden in Weiterbildungen investieren müssen. Wer einen Abschluss als Immobilienkaufmann oder als Geprüfter Immobilienfachwirt vorweisen kann, muss der neuen Weiterbildungspflicht erst drei Jahre nach Erwerb dieser Qualifikation nachkommen.

An den neuen Regelungen hat Julia Wagner, Referentin für Recht bei der Eigentümerschutzgemeinschaft Haus & Grund Deutschland in Berlin, vieles zu bemängeln: "Im Zuge der Zulassung muss man zwar nachweisen, dass man nicht vorbestraft ist. Aber die Kompetenz wird nicht geprüft." Der ursprünglich angestrebte Sachkundenachweis sei "zur Fortbildungspflicht verkommen. 20 Stunden Weiterbildung in drei Jahren, das ist viel zu wenig", findet die WEG-Expertin. Gute Verwalter hätten sich auch bisher schon fortgebildet. Die Fortbildungspflicht sei "sehr schwammig formuliert". In der MaBV würden Themen genannt, zu denen man sich in Präsenzseminaren oder per E-Learning weiterbilden könne, "aber viel mehr nicht". Welche Kurse er wählt und ob er sich für Seminare der Branchenverbände oder anderer Anbieter anmeldet, ist dem Verwalter freigestellt - das können Rechts-, Finanz-, Energie- oder Technik-Themen sein. "Schlechte Verwalter lernen ein bisschen was dazu, aber wirklich besser werden sie dadurch nicht", meint Wagner. Insgesamt urteilt sie: "Das ist ein stumpfes Schwert, das da geschaffen wurde. So wie das jetzt geregelt ist, kann es nicht die Lösung sein."

Martin Metzger, Immobilienkaufmann und Vorstandsmitglied des Bundesfachverbands der Immobilienverwalter (BVI) spricht von einem "schmalen und seichten Anfang". Er sagt: "Da ist noch viel Luft nach oben." Der Verband zählt 600 Mitglieder - Hausverwaltungs- sowie Immobilienverwaltungsfirmen, die jeweils mindestens 500 Einheiten betreuen. Eine Vermögensschadenhaftpflicht war schon vor Jahren Voraussetzung für die Mitgliedschaft im BVI. Seit 2012 müssen sie auch eine Vertrauensschadenhaftpflicht haben, die Metzger für unverzichtbar hält. Sie greift zum Beispiel dann, wenn sich der Verwalter oder seine Mitarbeiter aus der Kasse bedienen oder Gelder der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) veruntreuen.

Metzger vertritt die Ansicht, dass die vorgeschriebenen 20 Stunden Weiterbildung für Verwalter in drei Jahren nicht ausreichen. "Pro Jahr setzen wir 20 Stunden Weiterbildung für unsere Mitglieder voraus", sagt der geschäftsführende Gesellschafter der Alpina Hausverwaltung Panhans und Metzger mit Sitz in Rosenheim. Seine Begründung: "Der Verwalter ist ein Beruf, für den man hoch qualifiziert sein muss: Er braucht Fachwissen aus verschiedenen Berufen - Jurist, Techniker, Notar, Steuerberater, Psychotherapeut."

Den richtigen Verwalter finden

Die Berufsbezeichnung "Immobilienverwalter" ist nicht geschützt. Wohnimmobilienverwalter müssen mehr als 65 Gesetze und Verordnungen beachten, von denen etliche immer wieder aktualisiert werden. Auch deshalb sollten WEG-Mitglieder es im Auge behalten, ob ihr Verwalter seine Kenntnisse regelmäßig auf den neuesten Stand bringt.

Um es Eigentümern zu erleichtern, ihren Verwalter zu überprüfen oder einen neuen Kandidaten zu finden, haben der Eigentümerverband Haus & Grund Bayern sowie der Verband der Immobilienverwalter (VDIV) Bayern gemeinsam eine Checkliste entwickelt. Diese behandelt die Kernthemen für die Auswahl - von der Ausbildung über den Verwaltervertrag, die kaufmännische Geschäftsführung und Vermögensverwaltung, technisches Management einer Wohnanlage bis hin zur Vergütung. Die Checkliste kann man unter www.immobilienverwalter-bayern.de/verwalterpraxis/verwaltercheckliste/index.html kostenlos herunterladen.

"Wir empfehlen Verwalter, die in Berufsverbänden organisiert sind. Sie sind oft besser qualifiziert als Verwalter, die keiner derartigen Organisation angehören", sagt Julia Wagner, Referentin für Recht bei Haus & Grund Deutschland in Berlin. "Gut ist auch, wenn Verwalter die Gegebenheiten der jeweiligen Wohnanlage kennen und binnen kurzer Zeit an Ort und Stelle sein können." Außerdem rät Wagner dringend dazu, sich von den Bewerbern Referenzobjekte zeigen zu lassen.

Auch der Bundesfachverband der Immobilienverwalter (BVI) hat eine Checkliste als PDF publiziert. Sie ist ganz unten auf der Plattform https://imeigentum.de/hausverwalter-finden platziert. Diese Liste eignet sich für ein Bewerbungsgespräch: Sie enthält Fragen, die man dem Verwalter in spe bei einem persönlichen Treffen unmittelbar stellen kann. Stephanie Schmidt

Steffen Haase, Fachbuchautor und Dozent für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, hält die festgelegte Stundenzahl für Fortbildungen ebenfalls für unzureichend. Das zeige auch seine eigene Praxiserfahrung - als Chef der Haase & Partner Wohnimmobilienverwaltung kümmert er sich im Raum Augsburg um 2600 Einheiten. Sein Verband, der DDIV, habe im September in Berlin beschlossen, dass sich alle Mitglieder mindestens 15 Stunden pro Jahr fortbilden müssen.

Wer sich nicht weiterbildet und erwischt wird, dem droht ein saftiges Bußgeld

Wie der DDIV strebt der BVI den Sachkundenachweis an. "Er ist mit der Begründung, die Anforderungen seien zu hoch, verworfen worden", sagt Metzger. Er hingegen findet es "bitter, dass es in Deutschland so einfach ist, Verwalter zu werden. In allen Ländern muss man mehr Fachkenntnisse nachweisen als bei uns". Für die Zulassung müsse man beim Gewerbeamt ein polizeiliches Führungszeugnis, einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister sowie einen Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis einreichen. Das sei nicht genug. Ihm leuchtet nicht ein, warum "überhaupt noch jemand diesen Beruf ohne nachgewiesene Qualifikation ausüben darf".

Egal, ob es um das Mess- und Eichgesetz geht, das neue Mietrechtsanpassungsgesetz, um die Energieeinsparverordnung, die digitalen Stromzähler Smart Meter, Rauchmelder oder Drohnen - Verwalter müssen sich mit etlichen speziellen Themen auskennen, sagt Rechtsanwältin Birgit Noack von Haus & Grund München. Ihr neuer Ratgeber "Vermieterwissen 2019" ist gerade erschienen und behandelt auch die neuen Zulassungsregelungen für Verwalter. "Nutzlos sind sie sicher nicht", sagt die Expertin für Miet- und WEG-Recht, "sie geben Hinweise auf die Seriosität eines Verwalters. Aber ob es ein guter Verwalter ist, wird dadurch nicht belegt." Für die Zulassung sind die Gewerbeämter oder die Industrie- und Handelskammern zuständig, das differiert von Kommune zu Kommune. Nach Noacks Angaben können dafür "schnell mal 500 Euro zusammenkommen. Jede Stadt hat andere Gebühren". Hinzu kommt der finanzielle Aufwand für die Fortbildungen. "Die Verwalter werden die erhöhten Kosten in den nächsten Verträgen an die Eigentümer weitergeben", schätzt sie. Der mit den neuen Regelungen verbundene bürokratische Aufwand dürfte laut Steffen Haase dazu führen, dass viele nebenberuflich tätige Verwalter aufgeben: "So mancher wird sagen: Jetzt habe ich keine Lust mehr."

Auch Mitarbeiter des Verwalters, die eine besondere Verantwortung tragen, müssen sich fortbilden. Den Nachweis über die Weiterbildung muss man fünf Jahre lang aufbewahren. Rechtsanwältin Noack geht davon aus, dass die Behörden stichprobenartig prüfen werden, ob Verwalter ihrer Fortbildungspflicht nachgekommen sind. Wer sie nicht einhält, dem droht ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro.

"Große Hausverwaltungen werden darüber auf ihren Homepages informieren, welche Fortbildungen die Mitarbeiter gemacht haben", sagt Birgit Noack. Häufig werde sie zurzeit gefragt, ob die Regelungen auch Verwalter inkludieren, die nicht gewerblich tätig sind. "Nein", betont sie. "Wer seine eigenen Gebäude oder Immobilien für den engsten Familienkreis privat verwaltet, ist ausgenommen von der Zulassungs- und Fortbildungspflicht. Das gilt auch für Erbengemeinschaften."

Informationen zum Zulassungsverfahren und zur Fortbildungspflicht finden sich im Internet auf den Webseiten der Industrie- und Handelskammern. Detaillierte Angaben, Checklisten und Merkblätter zum Thema gibt es zum Beispiel bei der IHK München unter folgendem Link: www.ihk-muenchen.de/de/Service/Recht-und-Steuern/Gewerbeerlaubnisse-der-IHK/Wohnimmobilienverwalter

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