Verstaatlichung von Banken:Die Mogelpackung

Kanzlerin Merkel überlegt noch, Hilmar Kopper und Oskar Lafontaine sind dafür: Die Freunde der Verstaatlichung von Banken sind inzwischen eine bunte Koalition - obwohl überall Gefahren lauern.

Alexander Hagelüken

In der schlimmsten Wirtschaftskrise seit 1929 gibt es doch noch Überraschungen: Der Ex-Chef der Deutschen Bank fordert den Staat auf, Geldhäuser zu übernehmen. "Man sollte angeschlagene Banken verstaatlichen", wird Hilmar Kopper dieser Tage zitiert.

Verstaatlichung von Banken: Hilmar Kopper: Man sollte angeschlagene Banken verstaatlichen."

Hilmar Kopper: Man sollte angeschlagene Banken verstaatlichen."

(Foto: Foto: ddp)

Der einstige oberste Geldmanager der Republik ruft die Regierung auf, marode Kreditinstitute unter ihre Kontrolle zu bringen, flottzumachen und dann wieder zu verkaufen. Der 71-Jährige lenkt damit den Blick darauf, dass Deutschland in der Bankenkrise ganz anders vorgeht als übrige Nationen.

Verstaatlichungen rund um den Globus

Vielerorts findet eine zumindest teilweise Verstaatlichung statt: Der Staat wird vorübergehend Miteigentümer an Banken, um seine Anteile später hoffentlich mit Gewinn wieder zu verkaufen. Die Briten tun es, die Isländer und Belgier tun es, die Amerikaner haben es längst getan - und sie denken über weitere Schritte nach. Nach dem Aufkauf der Immobilienfinanzierer Fannie und Freddie und des weltgrößten Versicherers AIG will Finanzminister Henry Paulson womöglich weitere Bankaktien beim Staat parken.

Die Bundesregierung dagegen hat die Rettung von Hypo Real Estate (HRE) ganz anders organisiert. Sie springt mit einer Bürgschaft ein, für die es Sicherheiten gibt. Für den Steuerzahler bedeutet das, er haftet im schlimmsten Fall mit 26,5 Milliarden Euro. Aber Eigentümer, der Vorstände feuern und später womöglich Gewinne einstreichen kann, wird er nicht.

Kurzfristig frisches Geld gebraucht

Finanzminister Peer Steinbrück argumentiert, es gebe bisher keinen Bedarf für staatliche Übernahmen, weil die Bankenbranche weniger von der Finanzkrise betroffen sei als in anderen Ländern.

Der Frankfurter Finanzprofessor Martin Faust hält die Garantie-Lösung im Fall Hypo Real Estate für in Ordnung: "Die Regierung geht davon aus, dass HRE vor allem frisches Geld braucht. Wenn diese Liquidität gesichert ist, werden die Kredite zurückgezahlt und der Steuerzahler wird nicht belastet."

Wenn das Problem eher kurzfristig sei und die Banken nicht wie derzeit in Großbritannien längerfristig Eigenkapital brauchten, könne man auf eine Verstaatlichung verzichten. "Die Bundesregierung hatte wohl die Sorge, dass ein so drastischer Schritt den Bürgern signalisiert, dass die Lage viel schlimmer ist als bisher gedacht."

Die Freunde der Verstaatlichung sehen das anders. Sie argumentieren, dass die Regierung als Miteigentümer einfach mehr Kontrolle ausüben kann. "Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass mit meinem Geld kein Schindluder getrieben wird", sagt der Berliner Wirtschaftsprofessor Henrik Enderlein. "Das kann sie nur als Anteilseigner. Wer garantiert, dass die HRE in zwei Wochen nicht noch mehr Geld fordert?"

Die Mogelpackung

Die Freunde der Verstaatlichung sind inzwischen eine bunte Koalition. Zum Linken-Parteichef Oskar Lafontaine gesellt sich der Deutschbanker Kopper, der argumentiert, für den Steuerzahler könne sich das ganze sogar lohnen: "Er kauft in der Krise und verkauft, wenn es wieder besser geht." Damit ist natürlich klar, dass Kopper kein Freund dauerhafter Verstaatlichung ist, sondern den Staat nur als Reparaturbetrieb des Kapitalismus sieht.

Paradebeispiel Schweden

Befürworter solcher Lösungen verweisen gerne auf Schweden. Dort wurde die Regierung in einer Krise Anfang der neunziger Jahre Eigentümer zweier Banken. Sie drückte die Abfindung gefeuerter Vorstände - und nahm nach einer neuen Studie sogar einen kleinen Gewinn mit. Doch ob es wirklich immer so glatt läuft, wenn die Regierung Eigentümerin wird, statt Bürgschaften oder Krediten zu vergeben, das ist sehr die Frage.

Vor einem Jahr verstaatlichte die britische Regierung schon einmal eine Bank - der Baufinanzierer Northern Rock war eines der ersten Opfer der Finanzkrise. Seitdem lief es nicht besonders gut. Die Bank verzeichnete im ersten Halbjahr dieses Jahres einen höheren Verlust als geplant. Der Staat mußte noch einmal drei Milliarden Pfund frisches Kapital nachschießen, insgesamt schuldet Northern Rock dem Staat jetzt 15 Milliarden Pfund.

Ähnlich wacklig ist die Lage bei den US-Baufinanzierern Fannie und Freddie, die jeden zweiten Hausbau in Amerika garantieren. Die Regierung pumpt 200 Milliarden Dollar in die maroden Geschwister. Nach Zeitungsberichten rechnet sie selbst damit, dass ihr Ausflug ins Aktionärsleben sie mindestens 25 Milliarden Dollar kosten wird - Geld der Steuerzahler.

Eigentum verpflichtet

In Deutschland hat der Staat als Eigentümer von Banken nicht immer besonders glücklich agiert. Der staatliche Großaktionär KfW verhinderte nicht, dass sich die Mittelstandsbank IKB mit US-Papieren verzockte - und mit acht Milliarden Euro Steuergeld gerettet wurde. Und die staatlichen Landesbanken sind alle mehr oder weniger angeschlagen, weil sie ebenfalls mit hochriskanten Geschäften gestolpert sind.

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