Versicherungen für Azubis:Fit für die Zukunft

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Krankenversicherung, Altersvorsorge, Berufsunfähigkeitsversicherung: Was Jugendliche bei Ausbildungsbeginn beachten sollten - ein Überblick.

Marco Völklein

Zehntausende Schulabgänger fangen in diesen Wochen eine Lehre an. Für sie stellt sich nicht nur die Frage nach der Höhe ihrer Ausbildungsvergütung (Grafik). Sie müssen auch Fragen zu Versicherungen und Altersvorsorge klären. Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Punkte:

Ob das passt? Zwei Lehrlinge kontrollieren ihre gefeilten Metallteile mit einem Winkel. Das Foto entstand in der Siemens-Lehrwerkstatt. (Foto: Foto: dpa)

Die Krankenkasse

Wer als Azubi erstmals sein eigenes Geld verdient, muss sich auch selbst krankenversichern. Dabei können die Lehrlinge, wie andere Arbeitnehmer auch, ihre Krankenkasse frei wählen; einige Kassen sind aber nur für Mitglieder in speziellen Regionen oder Unternehmen geöffnet. Spätestens 14 Tage nach Beginn der Lehre muss sich der Lehrling entschieden haben. Wichtig: Seit diesem Jahr gilt ein einheitlicher Satz für alle Kassen von derzeit 14,9 Prozent. Experten erwarten aber, dass einige Kassen spätestens nach der Bundestagswahl einen Zusatzbeitrag erheben werden. Dann allerdings hat das Mitglied ein Sonderkündigungsrecht und kann, wenn es möchte, zu einer anderen Kasse wechseln, die keinen Sonderbeitrag erhebt - aber nur, wenn es sich nicht auf einen Sonder- oder Wahltarif eingelassen hat.

Übrigens: Wer bislang privat versichert war, kann mit Beginn der Versicherungspflicht seiner Privatkasse kündigen und in die Gesetzliche wechseln, sofern er mit seinem Einkommen unter 48.600 Euro im Jahr liegt. Das dürfte bei Azubis gegeben sein. Der Bund der Versicherten rät allerdings, die private Versicherung als Anwartschaft neben der gesetzlichen Krankenkasse weiterlaufen zu lassen: So könne man später ohne Gesundheitscheck zurückwechseln.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung

Verbraucherschützer sagen, eine solche BU-Police sollte eigentlich jeder haben. Denn wer seinen Beruf nach einer Krankheit oder einem Unfall nicht mehr ausüben kann, erhält von dieser Versicherung eine monatliche Rente. Dies ist für Berufsanfänger besonders wichtig, denn sie bekommen meist keine oder nur eine sehr geringe Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Absicherung. Die Police sollte vereinbart werden, solange man noch kerngesund ist, rät der Bund der Versicherten. Schon kleine Leiden verteuern später den Vertrag oder führen zu einer Ablehnung.

Verbraucherschützer empfehlen eine Nachversicherungsgarantie, mit der eine Erhöhung der Rente bei einer Heirat oder einer Einkommenserhöhung ohne neue Gesundheitsprüfung möglich ist. Wichtig: Bei Berufen mit einem statistisch höheren Risiko der Berufsunfähigkeit, etwa bei Dachdeckern oder Lehrern, sind die Policen meist teurer. Nach Angaben des Vergleichsportals Check24 zahlt ein 18-jähriger Industriekaufmann (BU-Rente: 500 Euro, Laufzeit: 47 Jahre) bei günstigen Anbietern einen Monatsbeitrag von etwa 20 Euro; der gleichaltriger Dachdecker muss bei gleicher Leistung, aber 42 Jahren Laufzeit, etwa zehn bis 15 Euro mehr pro Monat aufwenden.

Die Unfallversicherung

Wer aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt wird oder nicht genug Geld für eine Berufsunfähigkeitsversicherung hat, sollte zumindest eine Unfallversicherung haben, so der Bund der Versicherten. Sie zahlt bei dauerhaften Schäden nach einem Unfall. In 90 Prozent der Fälle führt aber eine Krankheit zu dauerhaften Schäden, was die Unfallpolice nicht abdeckt. Sie ist daher nur zweite Wahl nach der BU-Versicherung. Im Betrieb und auf dem Weg dorthin schützt die gesetzliche Unfallversicherung.

Die Altersvorsorge

Verbraucherschützer empfehlen Lehrlingen den Abschluss einer Riester-Rente: Wer zu Beginn der Beitragszahlungen unter 26 ist, bekommt zur Grundzulage von jährlich 154 Euro auch noch einmalig 200 Euro dazu. Der Bund der Versicherten rät, die Finger von Kapitallebensversicherungen, privaten Rentenversicherungen und fondsgebundenen Versicherungen zu lassen, bei denen der Großteil der Beiträge zuerst in die Taschen der Vermittler fließt. Besser seien Banksparpläne, die vor allem von Sparkanssen und Genossenschaftsbanken angeboten werden. Außerdem sollten sich Azubis bei ihrem Chef nach einer betrieblichen Altersvorsorge erkundigen; diese wird vom Staat steuerlich und bei den Sozialversicherungen bezuschusst. Bei großen Unternehmen gibt der Chef zudem oft noch einen Bonus zur Altersvorsorge.

Die Kapitallebensverischerung

Versicherungsvertreter verkaufen diese Versicherungen nach wie vor sehr gerne - sie sichern ihnen zum Teil hohe Prämien. Doch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät zur Vorsicht: Der Versicherungsnehmer verpflichtet sich zu Zahlungen, die er sich später vielleicht nicht mehr leisten kann. Und steigt er vorzeitig aus, ist das oft mit hohen Verlusten verbunden.

Die Haftpflichtversicherung

Wer jemandem einen Schaden zufügt, und sei es nur unabsichtlich und aus Unachtsamkeit, muss dafür haften. Werden dabei Menschen verletzt, kann das sehr schnell sehr teuer werden. Behandlungskosten, Schmerzensgeld und Schadenersatz, wenn das Unfallopfer vielleicht nicht mehr arbeiten kann - das kann in die Hunderttausende Euro gehen. Schon deshalb ist eine Privathaftpflicht ein Muss, rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Wesfalen. Gut zu wissen: Unverheiratete Azubis sind bis zum Ende der Ausbildung bei den Eltern mitversichert. Danach müssen sie sich selbst um eine Police kümmern. Die kostet laut dem Vergleichsportal Check24 für einen 18-Jährigen (Deckungssumme: mindestens zehn Millionen Euro) 50 bis 60 Euro im Jahr.

Andere Versicherungen

Eine Hausratversicherung ersetzt nach Feuer, Rohrbruch, Diebstahl oder Sturm die Schäden am Eigentum. Wer mit oder nach der Lehre seine erste eigene Wohnung hat, sollte zumindest überlegen, ob der Wert der Einrichtung den Abschluss lohnt. Und wer ein eigenes Auto hat, benötigt eine Kfz-Haftpflicht. Fahranfänger zahlen dort aber oft extrem hohe Beiträge. Wird der Wagen auf die Eltern angemeldet, ist es meist günstiger, raten Verbraucherschützer.

Vermögenswirksame Leistungen

Eine Frage sollten Azubis gleich zu Beginn der Lehre dem Chef stellen: "Was ist eigentlich mit den vermögenswirksamen Leistungen?", abgekürzt VL. Denn in vielen Branchen ist per Tarifvertrag geregelt, dass Arbeitnehmer zusätzliches Geld von ihrem Arbeitgeber erhalten, um sich einen (wenn auch kleinen) Vermögensgrundstock aufzubauen. Dazu müssen sie einen VL-Sparvertrag abschließen, etwa bei Banken, Bausparkassen oder Fondsanbietern. Der Chef zahlt dann jeden Monat den VL-Zuschuss auf das Konto ein. Zudem gibt es noch Zuschüsse vom Staat in Form von Arbeitnehmersparuzulage und Wohnungsbauprämie. Hierbei gelten aber Einschränkungen, etwa Höchstverdienstgrenzen. Wer neu in einen Job einsteigt, erhält laut Stiftung Warentest VL oft erst nach Ablauf der Probezeit.

© SZ vom 08.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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