Versicherungen: Anlagepolitik:Zähmt die Politiker!

Versicherer müssen Milliarden Euro anlegen. Viele sagen jetzt: Bloß keine Aktien. Aber das Gegenteil ist richtig: Versicherer sollten mehr Aktien kaufen dürfen. Alles andere ist riskant.

Catherine Hoffmann

Nur ja kein Risiko! Das ist die Devise der Politiker, der Aufseher und Bilanzexperten, wenn es darum geht, wie Versicherungsunternehmen künftig das Geld ihrer Kunden anlegen dürfen. Das ist gut gemeint und doch grundverkehrt. Wenn der gesunde Menschenverstand nicht trügt, erreichen die Aufpasser mit ihrem Ansinnen sogar genau das Gegenteil: mehr Risiko - für die Unternehmen und ihre Kunden, die deutschen Sparer.

New York Stock Exchange

Aktien versprechen auch dann noch gute Renditen, wenn die Teuerung aus dem Ruder läuft.

(Foto: dpa)

Während die Versicherer Anlagen in Staatsanleihen kaum mit eigenem Kapital unterfüttern müssen, werden für Investitionen in Sachwerte wie Aktien und Immobilien hohe Kapitalanforderungen von bis zu 40 Prozent geltend gemacht. Die Folge: Deutsche Versicherungskonzerne halten schon heute kaum noch Aktien in ihren Beständen. Waren die Quoten in den 1990er Jahren noch zweistellig, sind es heute kaum mehr als zwei Prozent.

Den Löwenanteil ihres Vermögens stecken die Lebensversicherer in festverzinsliche Wertpapiere, vor allem in vermeintlich sichere Staatsanleihen. Die europäischen Regierungen, die ein immer größeres Schuldenrad drehen, zwingen die Assekuranzen geradezu, ihre Anleihen zu kaufen, die sonst kaum noch einer haben will. Ein Zyniker, wer angesichts solcher Vorschläge Böses denkt.

Nun gibt es genügend historische Beispiele dafür, dass Staaten, die sich übernommen haben, ihre Finanzprobleme durch Inflation zu lösen suchen. Die Notenpresse jedenfalls ist schon in Schwung. Kommt es tatsächlich zum inflationären Schock, erleiden Zinspapiere schnell hohe Verluste. Wer dem vorbeugen will, schichtet frühzeitig in Aktien und andere Sachwerte um. Denn Aktien und Immobilien versprechen auch dann noch gute Renditen, wenn die Teuerung aus dem Ruder läuft. Jeder vernünftige Anleger handelt nach dieser Maxime. Nur die Versicherer dürfen nicht. Weil die Politiker sie nicht lassen.

Berlin und Brüssel sollten noch einmal über ihr Vorhaben nachdenken. Denn der Generationenvertrag hält in vielen Ländern schon heute nicht mehr, was er einst versprochen hat. In den Sozialversicherungen klaffen schwarze Löcher, die künftig noch größer werden. Kein Euro-Staat kann die Defizite dauerhaft mit noch mehr Krediten stopfen. Bald schon werden Politiker die Bürger zu mehr Eigenverantwortung und privater Vorsorge ermuntern und weitere Teile der Rentenversicherung privatisieren. Es wäre schön, wenn es dann finanzstarke Versicherungen gäbe, die den Deutschen überzeugende Angebote machen könnten. Nicht die Versicherer sollten gezähmt werden, sondern die Politiker.

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