Vermögen:Arme Millionäre - die USA rutschen ab

Die Wirtschaftskrise lässt die Vermögen weltweit massiv schrumpfen - die Zahl der Millionäre sinkt. Besonders betroffen: Nordamerika. Europa ist nun die reichste Region.

Miriam Olbrisch

Die Reichen von einst sind nicht mehr die Reichen von heute. Die Finanzkrise hat die weltweiten Vermögensverhältnisse gründlich auf den Kopf gestellt. Bisher galten die USA und Kanada als uneinholbare Spitzenreiter.

Nach einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group, die an diesem Dienstag vorgestellt wird und der Süddeutschen Zeitung vorab vorlag, hat Europa den nordamerikanischen Kontinent jetzt als wohlhabendste Region der Welt abgelöst. Die Amerikaner haben im letzten Jahr knapp 22 Prozent ihres Wohlstandes eingebüßt. Auf dem alten Kontinent waren es nur 5,8 Prozent.

Gleichzeitig bescheinigt die Unternehmensberatung mit dem Global-Wealth-Report eine weltweite Annäherung zwischen Arm und Reich. Während gerade die vermögenderen Schichten große Einschnitte hinnehmen mussten, wuchs der Wohlstand von Haushalten mit Besitztümern im Wert von weniger als 100.000 US-Dollar um zwei Prozent.

Verheerendes Bild

Das ist allerdings die einzige gute Nachricht. Denn eigentlich zeichnet die Studie ein verheerendes Bild: Nicht nur Nordamerika hat im letzten Jahr einen erheblichen Teil seines Vermögen eingebüßt. Der Wohlstand schrumpfte weltweit um 11,7 Prozent, von 105 Billionen auf 92 Billionen US-Dollar.

Damit steht das Jahr 2008 im krassen Gegensatz zu den Jahren davor, in denen der Wohlstand stetig wuchs. Seit 2001 hat es keinen Wohlstandseinbruch mehr gegeben.

Besonders hart trifft es die Millionäre, ganz gleich, auf welchen Kontinent sie leben: Gab es 2007 weltweit noch etwa elf Millionen Haushalte, die über ein Vermögen von mehr als einer Million US-Dollar verfügten, so waren es ein Jahr später nur noch neun Millionen.

In Europa liegt die Schweiz vorn

Die meisten Reichen - proportional zur Einwohnerzahl - trifft man in Singapur. In dem südostasiatischen Inselstaat sind 8,5 Prozent der Bevölkerung millionenschwer. In Europa liegt die Schweiz mit 6,6 Prozent vorn.

Trotz der zahlreichen Wohlstandseinbrüche gibt es eine Region auf der Erde, die auch zuletzt noch Zuwächse verzeichnete: Lateinamerika. Hier stieg das Vermögen der privaten Haushalte 2008 um drei Prozent.

Als Berechnungsgrundlage wählten die Autoren der Studie die Assets under Management, also das verwaltetes Vermögen, das etwa bei Banken, Fondsgesellschaften oder Vermögensverwaltern angelegt ist.

Amerikaner immer noch Aktienfans

Eingerechnet sind Bargeld, Aktien, Wertpapiere, Fonds, Immobilien und Luxusgüter, beispielsweise Kunstgegenstände, von Privathaushalten auf dem ganzen Globus. Untersucht wurden 62 Märkte, die 98 Prozent des gesamten weltweiten Vermögens repräsentieren.

Gerade die von der Krise so gebeutelten Amerikaner haben immer noch 38 Prozent ihres Vermögens in Wertpapieren angelegt. Das mag zwar im Vergleich zu 50 Prozent aus 2007 wenig erscheinen - trotzdem gibt es keine andere Nation, die den Aktienmärkten so viel Geld anvertraut. In Europa ist man vorsichtiger: Hier besteht das Vermögen der privaten Haushalte nur zu 28 Prozent aus Wertpapieren.

Doch die Untersuchung wirft nicht bloß einen Blick zurück, sie wagt auch einen Ausblick auf die kommenden Jahre und versucht zu klären, wie lange die Welt noch unter der Krise leiden wird. Eine leichte Erholung prognostizieren die Autoren schon für 2010.

Indien und China können fast ungehindert weiterwachsen

Das Wohlstandsniveau aus der Zeit vor der großen Krise wird aber der Studie zufolge erst 2013 wieder erreicht werden - vor allem dank der Staaten in Ostasien. Durchschnittlich um 9,5 Prozent wird das verwaltete Vermögen in dieser Region jährlich wachsen; weltweit erwartet die Studie nur 3,8 Prozent Zuwachs.

Der Anteil dieser Staaten am weltweiten Wohlstand wird von heute zwölf auf 16 Prozent im Jahr 2013 steigen. Grund: Schwellenländer wie Indien und China sind von der Finanzkrise nur marginal getroffen. So können sie fast ungehindert weiterwachsen.

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