Vermietung:Auf Stein gebaut

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Die Nachfrage nach Immobilien in München bleibt groß. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Eine Wohnung kann eine gute Kapitalanlage sein. Käufer erhoffen sich vor allem Sicherheit und stabile Einnahmen durch die Miete. Doch mit den Preisen sind auch die Risiken gestiegen.

Von Norbert Hofmann

Das hatte sich der auf Sicherheit bedachte Anleger nach den guten Erfahrungen mit dem Eigenheim so schön vorgestellt. Warum jetzt nicht noch das freie Geld zusammen mit einer ergänzenden Bankfinanzierung in eine Wohnimmobilie stecken und sie dann vermieten? Das gefundene Objekt sollte mit seiner guten Lage allemal stabile Mieteinnahmen generieren. Was der Käufer nicht vorhersehen konnte: Wenige Monate nach dem Erwerb war die Duplex-Parkgarage völlig defekt, und eine beachtliche Summe von fast 9000 Euro wurde für deren Sanierung fällig. Eine Summe, die sowohl die laufenden Mieteinnahmen als auch die Raten zur Bedienung des Bankkredits für das ganze Jahr übertraf. Konsequenz: Die Autos hatten zwar wieder ihre Stellplätze, dem Vermieter aber drohte urplötzlich ein finanzieller Engpass.

Das Beispiel zeigt, dass sich ein Investment in Wohnimmobilien nicht gerade für Anleger mit begrenzten finanziellen Reserven eignet. "Kleinanleger, die bei ihrer Altersvorsorge oder dem Vermögensaufbau ausschließlich auf Immobilien setzen, tragen ein erhebliches Klumpenrisiko", warnt Professor Tobias Just, Wissenschaftlicher Leiter der IREBS Immobilienakademie an der Universität Regensburg. Zu den Risiken gehören neben unvorhergesehenen Reparaturen auch Zahlungsausfälle bei unzuverlässigen Mietern, Leerstandzeiten bei Mieterwechseln oder die künftige Preisentwicklung am Immobilienmarkt.

Auch wer über genug Liquidität zum Schließen unerwarteter Lücken verfügt, sollte vor einem Kauf genau rechnen. Dazu gehört es auch, die Renditeerwartung möglichst realistisch einzuschätzen. Eine Komponente der Renditeerwartung ist die sogenannte Nettoanfangsrendite. Dieser auch als Ausschüttungsrendite bezeichnete Indikator zielt auf das Verhältnis der jährlichen Mieteinnahmen zum Kaufpreis ab. Bei einer Jahresmiete von beispielsweise 13 000 Euro und einem Kaufpreis von 400 000 Euro beträgt diese Rendite also 3,25 Prozent. Da die Kaufpreise in den vergangenen sechs Jahren deutlich stärker gestiegen sind als die Mieten, müssen sich Anleger heute mit im Durchschnitt um gut einen Prozentpunkt niedrigeren Mietrenditen begnügen als früher - teilweise sogar mit noch deutlich weniger. In guten Lagen und Ballungszentren wie Berlin, Hamburg oder München rechnet Wissenschaftler Just im Durchschnitt mit eher drei Prozent. "In sogenannten B-Städten wie Nürnberg, Ulm oder Darmstadt liegen die Mietrenditen eher zwischen vier und fünf Prozent", sagt er.

"Der Neubau ist einfacher in der Verwaltung und risikoärmer."

Hinzu kommt die Rendite aus möglichen Wertsteigerungen. In den vergangenen Jahren sind die Preise enorm gestiegen. Zuwächse von fünf bis sechs Prozent jährlich dürfte es auf Dauer allerdings nicht mehr geben. Immerhin werden in guten Lagen der großen Ballungszentren schon Preise aufgerufen, die dem 30- bis 50-Fachen der Jahresmiete entsprechen. Vorsichtige Anleger kalkulieren mit einer jährlichen Wertsteigerung von einem Prozent, die sie bei ihren Erwartungen auf die Ausschüttungsrendite oben draufschlagen können. In bestimmten Teilmärkten rechnen manche Experten damit, dass Immobilien schon heute überbewertet sind. Auch das Szenario fallender Preise sollten Anleger daher nicht ignorieren.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Erwerbsnebenkosten gestiegen sind. So fällt zusätzlich zum Kaufpreis die Grunderwerbsteuer an, die je nach Bundesland bis zu 6,5 Prozent betragen kann. Rechnet man noch die Gebühren für Makler, Notar und Grundbuchamt hinzu, belaufen sich die Erwerbsnebenkosten auf zehn bis elf Prozent des Kaufpreises. "Es dauert also erst einmal rund drei Jahre, bis allein diese Kosten mit den Mieteinnahmen wieder verdient sind", sagt Thomas Meyer, Vorstand von Wertgrund, einem Investmentmanager für Wohnimmobilien.

Danach kann der eigentliche Vermögensaufbau beginnen. Wo aber winken jetzt die besten Chancen auf Wertsteigerung? Ein wichtiger Faktor ist die Bevölkerungsentwicklung. "Davon profitieren die großen A-Städte, die immer mehr Menschen anziehen, ebenso wie kleinere B-Städte, wenn sie etwa als Universitätsstandort attraktiv sind und idealerweise steigende Studentenzahlen vorweisen", sagt Meyer. Viele Akademiker bleiben nach dem Studium in solchen Städten. Sie gründen eine Familie und vielleicht sogar eine Firma, was alles zusammengenommen für eine steigende Nachfrage nach Wohnungen wirkt.

Entscheidend ist aber auch, welche Bedeutung der Anleger einerseits der Rendite und andererseits dem Risiko beimisst. Wer in A-Städten investiert, muss derzeit mit eher niedrigeren Renditen rechnen, dafür aber ist der Markt liquider. "Ich finde also mit höherer Wahrscheinlichkeit in einer bestimmten Zeit einen Käufer für meine Immobilie als in B-Städten", sagt Professor Carsten Lausberg von der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Andererseits aber schwanken die Mieten in A-Städten stärker. "Wer das nicht mag, zum Beispiel weil er an stabilen Erträgen zur Bedienung des Kredits interessiert ist, sollte also etwa lieber in einer kleineren Stadt als in München investieren", sagt Lausberg.

Andere Anleger achten vor allem auf die Gefahr von Verlusten und auf die Frage, welches Ausmaß sie im Falle eines Verkaufs annehmen könnten. "Umso wichtiger ist es, vor dem Kauf eine genaue Analyse zu erstellen, die alle absehbaren Risiken erfasst. Und für die restlichen, nicht einschätzbaren Risiken sollte Vorsorge vor allem im Sinn von ausreichendem Eigenkapital getroffen werden", sagt Lausberg. Sachverständigengutachten und eine Beratung durch mit der Region vertraute Immobilienexperten sind allemal ihr Geld wert. Auf der Suche nach dem geeigneten Objekt helfen auch die Marktanalysen von Online-Plattformen weiter. Unverzichtbar ist es für den Anleger, sich persönlich mit dem Standort vertraut zu machen. "Hilfreich dabei sind etwa die Informationen der dort ansässigen statistischen Ämter, beispielsweise zur Entwicklung der Einwohner- und Haushaltszahlen einerseits sowie der Neubauzahlen andererseits, was wiederum auf das Angebot-Nachfrage-Verhältnis und künftige Preistrends schließen lässt", rät Just.

Eine andere Frage ist, ob Bestandsimmobilien oder Neubauten attraktiver sind. Im Bestand winkt eher die Chance, durch einen Mieterwechsel oder durch Modernisierungsmaßnahmen zu höheren Mieten zu kommen. "Der Neubau ist andererseits einfacher in der Verwaltung und risikoärmer", sagt Meyer. Für mehr Sicherheit vor Reparaturkosten sorgt gleichzeitig die meist fünfjährige Gewährleistung der in den Bau eingebundenden Gewerke. Neubauten sind zudem eher auf die aktuellen Bedürfnisse der Menschen von heute ausgerichtet. Sie sind energieeffizienter, sodass der Anleger auch besser gegen künftige Regulierungen gewappnet ist und bei Erreichen gewisser Effizienzhaus-Standards sogar KfW-Tilgungszuschüsse für den Kredit nutzen kann.

Vor der Investition in eine Mietimmobilie als Kapitalanlage sollte allerdings stets erst der Gedanke an das selbst genutzte Eigenheim stehen. Das nämlich hat einen entscheidenden Vorteil. "Ich spare mir die Miete, und auf diesen Ertrag greift der Fiskus nicht zu. Das entspricht de facto einer steuerfreien Rendite auf die Kapitalanlage", sagt Professor Gösta Jamin von der Hochschule Ludwigshafen. Die Mieteinnahmen aus einer Immobilie dagegen sind zu versteuern. Der Wissenschaftler rät zudem dazu, das Vermögen in einem weiteren Schritt durch den Erwerb von Aktien und Anleihen zu diversifizieren.

© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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