Süddeutsche Zeitung

Vermietete Immobilien:Mietnomaden und ihre Spuren

Müllberge, Katzendreck, von der Decke bröckelt Putz: Manche Mieter hinterlassen völlig verwüstete Wohnungen und einen Haufen Mietschulden.

Riesige Müllberge, eingeschlagene Türen, Katzen- und Hundekot in den Ecken: Gisela Marsden ist fassungslos, als sie nach dem Auszug der Mieter ihr Elternhaus in Celle betritt. "Ich finde keine Worte", sagt sie.

Nach dem Tod ihres Vaters 1999 hatte sich die Altenpflegerin entschlossen, das Haus zu vermieten. Ein schwerer Fehler, wie die 55-Jährige heute weiß. Gisela Marsden geriet an so genannte Mietnomaden. Das sind Mieter, die schon bald nicht mehr zahlen, dann plötzlich ausziehen und die Wohnung völlig verwüstet hinterlassen.

Dabei hatte das ältere Ehepaar und dessen Sohn mit Freundin einen guten Eindruck auf die Hausbesitzerin gemacht. Doch schon bald ging auf ihrem Konto kein Geld mehr ein. Sie schrieb Mahnungen über Mahnungen, schaltete einen Anwalt ein. Nichts half. "Bis heute schuldet mir die Familie mehr als 10.000 Euro", sagt die 55-Jährige.

Schon vorher hatte sie Pech mit Mietern. Die Schulden aller ehemaligen Bewohner belaufen sich auf 32.000 Euro.

Mit dem Auszug der Mieter war der Ärger nicht zu Ende. "Einen Saustall" habe die Familie hinterlassen, schimpft sie, und zeigt auf die Urinflecken im Parkett und den von der Decke gefallenen Putz.

"Die haben Stofffetzen mit Paketband an den Fensterscheiben festgeklebt", sagt sie kopfschüttelnd. Im Schlafzimmer deutet sie auf die Schimmelflecken an den Wänden. Hier ist nie richtig gelüftet worden.

Frank Bentes, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Hannover, kennt solche Geschichten zur Genüge. "Mietnomaden sind ein regelmäßiges Problem von Vermietern", sagt er. Häufig zahlten sie nur die Kaution und erste Miete. Danach gebe es monatelange Räumungsprozesse, kurz vor der Zwangsräumung seien die Mieter wie vom Erdboden verschluckt. Das Problem liegt laut Bentes darin, dass es keine Datei gibt, in der Mietnomaden erfasst werden. Aus diesem Grund könnten sich Vermieter auch nicht vor ihnen schützen.

Der Chef von Niedersachsens größter Hausbesitzerorganisation Haus & Grund, Hans Reinold Horst, sieht das ähnlich: "Sie können den Leuten nicht in den Kopf schauen." Die einzige Möglichkeit, um den Schaden durch Mietnomaden in Grenzen zu halten, sei die umgehende Reaktion der Hausbesitzer schon bei geringsten Außenständen. "Es ist ratsam, die Mieter sofort anzusprechen und parallel dazu anzuschreiben", empfiehlt er.

Für Bernd Stöver, Geschäftsführer beim Mieterbund Hannover, sind Mietnomaden ein "bundesweites Phänomen".

Allerdings sei die Welle inzwischen wieder verebbt. Er vermutet, dass die Vermieter hellhöriger geworden sind und ihre Mieteingänge stärker überprüfen.

Genau das hat sich jetzt auch Gisela Marsden vorgenommen. Die Hausbesitzerin hat aus ihren Fehlern gelernt. Seitdem ihre Mieter ausgezogen sind, geht sie jeden Tag zum Haus, um containerweise Müll zu entsorgen, Fußböden zu schrubben und Fenster zu putzen. Sie möchte das gesamte Gebäude renovieren, um wieder vermieten zu können. Doch dieses Mal will sie ihre künftigen Hausbewohner vor der Unterschrift unter dem Mietvertrag gründlicher prüfen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.570888
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Simone Haserodt, dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.