Verkauf der Dresdner Bank:Die chinesische Lösung

Die Commerzbank gilt zwar als Favorit - Doch es gibt drei gute Gründe, die Dresdner Bank der staatlichen Förderbank China Development Bank anzuvertrauen.

Martin Hesse

Man stelle sich vor, die staatliche deutsche Förderbank KfW wolle für mehr als zehn Milliarden Euro ein angeschlagenes privates Kreditinstitut in Amerika kaufen. Da würde manch ein Politiker hüben wie drüben nach Luft ringen vor Empörung. Zugegeben, das ist nicht realistisch. Ganz ernsthaft aber wird die staatliche Chinesische Förderbank China Development Bank (CDB) als Käufer für die angeschlagene Dresdner Bank gehandelt.

Verkauf der Dresdner Bank: Noch erscheint die Zukunft der Dresdner Bank verschwommen: Zwei ernsthafte Kaufangebote gibt es bisher.

Noch erscheint die Zukunft der Dresdner Bank verschwommen: Zwei ernsthafte Kaufangebote gibt es bisher.

(Foto: Foto: AP)

Nur zwei Angebote

Wie kann das sein? Aus Sicht der Allianz kann das sein, weil bei ihr in den fast sechs Monaten, seit die Dresdner Bank zum Verkauf steht, nur zwei konkrete Angebote eingegangen sind: Von der Commerzbank und von der CDB. Bis heute gilt in Bankenkreisen zwar die Commerzbank als Favorit.

Auch die Allianz macht keinen Hehl daraus, dass sie große Sympathie für eine deutsche Lösung hat: Sie ist politisch erwünscht und würde dem Versicherer über eine Minderheitsbeteiligung an einer Dresdner-Commerzbank ein einzigartiges Vertriebsnetz sichern.

Doch aus drei Gründen erwägt die Allianz ernsthaft, ihre Tochter Chen Yuan anzuvertrauen, dem ehrgeizigen Gouverneur der CDB. Erstens quälen Allianz-Chef Michael Dieckmann offenbar Zweifel, ob die Commerzbank stark genug ist, den Kauf der Dresdner zu stemmen.

Vorsichtiges Herantasten

In Verhandlungskreisen gilt als wahrscheinlich, dass die Commerzbank zunächst nur 51 Prozent an der Dresdner kaufen würde, um die eigene Finanzkraft nicht überzustrapazieren. So schreiben die Analysten von J.P. Morgan, ein Komplettkauf würde die Eigenkapitalquote der Commerzbank auf "kaum akzeptable" 5,7 Prozent sinken lassen.

Die Finanzierung des zweiten Schrittes aber müsste sich der Vorstand um Martin Blessing erst von den Aktionären genehmigen lassen. Die Transaktion wäre also aus Sicht der Allianz mit Unwägbarkeiten behaftet. Außerdem wäre der Versicherer als Großaktionär mitbetroffen, wenn der Commerzbank die Integration der Dresdner Bank nicht gelingt oder neue Lasten aus der Kreditkrise auftauchen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Ein sehr verlockendes Angebot der Chinesen.

Die chinesische Lösung

Zu den Zweifeln an der Stärke der Commerzbank kommt, zweitens, der Charme der Chinesen. Er speist sich aus viel Geld und einem für die Allianz reizvollen Marktzugang zu China. Die CDB ist angeblich bereit, deutlich mehr zu zahlen als die etwa neun Milliarden Euro, die als Kaufpreis der Commerzbank kolportiert werden.

Entwicklung von der Förder- zur Geschäftsbank

Geld ist für die Chinesen eher eine Frage des politischen Willens. Der Staatsfonds CIC hat Anfang des Jahres 20 Milliarden Dollar in die Bilanz der CDB gepumpt. Staatlicher Auftrag: Die Bank soll börsenfähig werden, Chinas wirtschaftliche Rolle in der Welt untermauern und die Finanzwirtschaft internationalisieren. Privat- oder Firmenkunden hat die CDB bislang nicht.

Doch die Bank soll sich nach dem Willen Pekings von einer Förderbank zu einer Geschäftsbank entwickeln. Einen ersten Schritt in diese Richtung hat die 1994 gegründete CDB bereits gemacht: Sie erwarb für 3,2 Milliarden Dollar drei Prozent an der britischen Bank Barclays. Allerdings hat die CDB wegen der Kreditkrise auf dem Papier bereits mehr als die Hälfte dieses Geldes verloren. Einen Einstieg bei der amerikanischen Großbank Citi stoppte Peking deshalb kurzfristig.

Ein drittes Argument für die Chinesen haben in diesen Tagen die Beschäftigten der Dresdner Bank genannt: Viele glauben, dass ein Einstieg der CDB weniger Arbeitsplätze kosten könnte. Vor allem die Investmentbanker hoffen, unter chinesischer Regie könnten sie eine wichtige Rolle behalten. Dagegen packen dem Vernehmen nach viele von ihnen schon die Koffer, weil sie im Falle eines Verkaufs an die Commerzbank mit drastischen Einschnitten rechnen.

Fragwürdige Projekte in Afrika

Trotz dieser Argumente für die CDB gibt es in Frankfurt viele Stimmen, die vermuten, die Chinesen dienten vor allem als Drohkulisse in der letzten Verhandlungsrunde mit der Commerzbank. Politisch sei ein Verkauf an die CDB ohnehin nicht durchsetzbar.

Beispielsweise finanziert die Bank im Regierungsauftrag fragwürdige Rohstoffprojekte in Afrika. Der Bund hält sich zu dem Thema bislang bedeckt. Doch auch Kunden der Dresdner Bank sind dem Vernehmen nach nicht erbaut von der Aussicht, dass die selbsternannte Beraterbank demnächst von Peking aus gesteuert wird.

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