VdK zu Steuernachzahlungen:"Das kann eine vierstellige Summe werden"

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VdK-Präsidentin Mascher warnt vor der Kriminalisierung der Rentner. Wenn das Finanzamt hohe Steuernachforderungen stelle, drohten Proteste.

F. Berth

Ulrike Mascher, die Präsidentin des Sozialverbands VdK, warnt vor einer Kriminalisierung der Rentner: Wenn sie vom Finanzamt mit hohen Steuernachforderungen konfrontiert würden, könnte das große Proteste auslösen.

VdK-Präsidentin Ulrike Mascher: "Ältere Menschen fragen besorgt: Bin ich denn ein Krimineller, wenn mir das Finanzamt solche Briefe schreibt?" (Foto: Foto: dpa)

SZ: Wenn die Finanzämter von Oktober an genauer kontrollieren - was steht den Rentnern dann bevor?

Ulrike Mascher: Ich fürchte, dass Menschen mit durchschnittlicher Rente und niedrigen weiteren Einkünften mit Nachzahlungen überzogen werden. Falls sie für die letzten Jahre ihre weiteren Einkünfte - zum Beispiel aus Betriebsrenten - nicht angegeben haben, kann das sehr unangenehm werden. Denn das Finanzamt darf Nachzahlungen für mehrere Jahre verlangen; da kann eine vierstellige Summe zusammenkommen, die für Rentner nicht locker zu zahlen ist. Dazu kommt, dass sich ältere Menschen besorgt fragen: Bin ich denn ein Krimineller, wenn mir das Finanzamt solche Briefe schreibt?

SZ: Erwarten Sie Proteste?

Mascher: Ich kann mir vorstellen, dass das Thema die Abgeordneten beschäftigen wird, wenn sie Briefe von den Betroffenen bekommen oder in den Zeitungen zahlreiche Leserbriefe dazu sehen. Sie werden gefragt werden, warum über die neue Rechtslage nicht früher und nicht ausreichend informiert wurde.

SZ: Das Gesetz gilt seit 2005.

Mascher: Sicher, aber man kann nicht erwarten, dass jeder Rentner das deutsche Steuerrecht kapiert. Ich stelle in Gesprächen jedenfalls oft fest, dass ältere Menschen wenig darüber wissen. Sie halten Renten für grundsätzlich steuerfrei.

SZ: Das Ministerium würde antworten: Steht alles in unseren Broschüren.

Mascher: Ich sage auch nicht, dass das aus heiterem Himmel kommt. Aber wenn ich mit Rentnern rede, merke ich oft, wie wenig sie über ihre Steuerpflicht wissen.

SZ: Glauben Sie, dass die Regierung den Protest der Rentner fürchtet?

Mascher: Kann sein. Auffällig ist jedenfalls, dass der Abgleich nicht im August passiert oder im September, sondern nach der Bundestagswahl beginnt.

SZ: Das Finanzministerium kündigt an, "mit Augenmaß" vorzugehen.

Mascher: Das kann ich nur hoffen. Sonst lösen Nachzahlungen bei den Betroffenen eine enorme Bitterkeit aus.

SZ: Ihr Verband hatte vorgeschlagen, Nachforderungen von weniger als 500Euro zu vernachlässigen.

Mascher: Das hätte den Betroffenen signalisiert, dass es nicht darum geht, jemanden zu kriminalisieren.

SZ: Andere, die zu wenig Steuern zahlen, kriegen auch keinen Nachlass.

Mascher: Sicher, solche Grenzen stellen eine Gratwanderung dar. Denn Rentner, die alles korrekt bezahlt haben, würden sich zurecht ärgern. Ich denke aber, dass ein Verzicht auf Nachzahlungen bei Bagatellfällen den Aufwand der Finanzämter begrenzt hätte. Das wäre richtig.

© SZ vom 3.8.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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