USA:Obama will Großbanken aufspalten

US-Präsident Barack Obama macht Ernst: Kein Geldinstitut soll künftig wieder so mächtig sein, dass es bei einem Scheitern das gesamte Finanzsystem in den Abgrund stürzt. Den Großbanken der Wall Street droht nun die Aufspaltung.

Moritz Koch, New York

Den Großbanken der Wall Street droht die Aufspaltung. US-Präsident Barack Obama stellte sich nach langem Zögern hinter einen Vorschlag des früheren Notenbankchefs Paul Volcker, nach dem das klassische Kundengeschäft vom Investmentbanking getrennt werden soll.

US-Präsident Barack Obama; AP

US-Präsident Barack Obama: Die Zahlungsnot einzelner Banken soll künftig nicht mehr das gesamte Finanzsystem gefährden können.

(Foto: Foto: AP)

Der Kurswechsel folgt auf die schwere Niederlage von Obamas Demokraten bei der Senatswahl in Massachusetts. Der Präsident will dem Eindruck, die Wall Street zu hofieren, mit aller Macht entgegentreten.

Ziel der Initiative ist die Beschränkung der Größe der Banken und der Risiken, die sie eingehen. Kein Institut soll künftig mehr so groß sein, dass es bei einem Scheitern das gesamte Finanzsystem in den Abgrund stürzt.

"Während unser Finanzsystem heute weitaus robuster ist, als vor einem Jahr, operiert es doch noch immer unter den Regeln, die beinahe zu seinem Kollaps geführt haben", sagte Obama. Und weiter: "Wenn diese Leute (Banker) einen Kampf wollen, dann bin ich dazu bereit."

Sollten die neuen Vorschläge gesetzlich verankert werden, müssten Geschäftsbanken wie JP Morgan, Citigroup und Bank of America den lukrativen Eigenhandel aufgeben, der derzeit einen Großteil ihrer Gewinne erwirtschaftet. Außerdem dürften sie sich nicht mehr an Hedgefonds und Finanzinvestoren beteiligen.

Die Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley verlören den Zugang zu Niedrigzinskrediten der Notenbank, der Geschäftsbanken vorbehalten ist. Alle Finanzinstitute sollen zudem einer Größenbeschränkung unterliegen, die sich nach dem Marktanteil ihrer Finanzquellen bemisst.

Die USA besinnen sich somit auf ein Regulierungsmodell zurück, das während der Großen Depression der 1930er Jahre eingeführt und im Zuge der Liberalisierungswelle der 1990er Jahre abgeschafft wurde. Der "Glass-Steagall Act" verhinderte, dass sich Geschäftsbanken als Investmentbanken betätigten und umgekehrt. Nachdem diese Barriere 1999 fiel, entwickelten sich an der Wall Street gigantische Konglomerate.

Zuletzt wurden einige Institute durch die Übernahme gestrauchelter Konkurrenten sogar noch größer. Obama hatte den 82-jährigen früheren Notenbankchef Volcker vor einem Jahr mit der Leitung einer Expertenkommission beauftragt, die Lehren aus der Wirtschaftskrise ziehen soll.

Fehlspekulationen von Großbanken hatten in den USA eine tiefe Rezession ausgelöst und der Wall Street Verluste beschert, die die Wirtschaftskraft kleiner Nationen überstiegen. Die US-Regierung sah sich gezwungen, die Banken mit einem 700-Milliarden-Dollar-Programm zu stützen.

Volcker gelangte zu einen ebenso einfachen, wie radikalen Schluss: "Eine Bank, die einen Großteil ihrer Einnahmen aus dem Handel erzielt, sollte keine Banken-Lizenz bekommen."

Der Präsident schlägt seit einigen Wochen zunehmend populistische Töne an. Er reagiert damit auf den Volkszorn, den die Wall Street heraufbeschworen hat.

Nur ein Jahr nach dem Beinahe-Kollaps des Finanzsystems schließen Großbanken wieder riskante Wetten ab, profitieren massiv von staatlichen Hilfen und zahlen Millionengehälter. Gleichzeitig sind 15 Millionen Amerikaner arbeitslos und fühlen sich vom Staat im Stich gelassen.

Der Unmut über die Wirtschaftspolitik trug zur Niederlage der Demokraten in Massachusetts bei, durch die die Opposition eine Sperrminorität im Kongress erobert hat. Ein harter Umgang mit der Wall Street soll den Präsidenten bei den Wählern wieder populärer machen.

Erst vergangene Woche schlug Obama eine Sondersteuer für Großbanken vor. Der Kongress, der derzeit über eine große Finanzreform berät, muss den neuen Initiativen noch zustimmen.

Einige Wall-Street-Institute haben inzwischen erkannt, dass sie mit der eiligen Rückkehr zu alten Gewohnheiten ihre Zukunft aufs Spiel setzen. So senkte die führende amerikanische Investmentbank Goldman Sachs am Donnerstag den Anteil ihrer Erlöse, der für Boni reserviert ist, auf einen historischen Tiefstwert ab - obwohl sie 2009 eines der besten Jahre ihrer Geschichte erlebte.

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