USA: Immobilienmarkt:Achterbahnfahrt in Amerika

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Im Sommer sind die US-Immobilienpreise wieder gestiegen - doch an einen Aufschwung ist nicht zu denken. Im Gegenteil. Sogar ein neuer Rettungsschirm ist im Gespräch.

M. Koch, New York

Vieles scheint auf eine Belebung an der Wurzel allen Übels hinzudeuten. Der amerikanische Immobilienmarkt, dessen Absturz in die Weltwirtschaftskrise führte, findet Halt. Im Sommer zogen die Häuserpreise in vielen Landesteilen wieder an, und Bauunternehmer bekamen neue Aufträge. Auch am Montag gab es gute Nachrichten. Im Oktober wurden weit mehr Häuser verkauft, als erwartet. Die Börsen reagierten mit einem Kurssprung. Doch es ist zu früh, die Wende auszurufen. Bevor eine echte Erholung einsetzt, dürfte es wieder abwärts gehen - trotz milliardenschwerer Subventionen für Häuserkäufer. Die Regierung in Washington könnte sogar gezwungen sein, einen neuen Rettungsschirm aufzuspannen.

Baustelle in Miami, US-Bundesstaat Florida: Im Sommer zogen die Häuserpreise in Amerika wieder an - doch die Gefahr ist noch immer akut. (Foto: Foto: AFP)

Die Vereinigung der Hypothekenbanker MBAA meldete vergangene Woche, dass die Zahl der säumigen Immobilienkredite auf einen Rekordwert gestiegen ist. Mehr als ein Zehntel der US-Hypotheken wird nicht mehr rechtzeitig bedient, weiteren fünf Millionen Kreditnehmern droht damit eine Räumungsklage. Die Brokerfirma Amherst Securities Group erwartet sogar, dass in den nächsten Jahren sieben Millionen Häuser auf den Markt gespült werden.

Dieses Überangebot wird die Immobilienpreise weiter nach unten ziehen, glauben Experten. Von einer nachhaltigen Erholung kann also kaum eine Rede sein, erst recht nicht in jenen Bundesstaaten, in denen der Bau in den Jahren vor der Krise besonders boomte: Kalifornien, Florida, Arizona und Nevada. In Florida kommt heute schon jeder vierte Schuldner mit seiner Hypothekenzahlung nicht nach.

Besserverdienende in Not

Die erste Phase des Absturzes wurde durch sogenannte Subprimekredite ausgelöst, Hypotheken, die Amerikanern mit niedrigen Einkommen, geringen Ersparnissen oder schlechter Zahlungsmoral angeboten wurden. Die Kreditnehmer waren auf Lockangebote mit variablen Zinssätzen reingefallen, die schnell ihre Zahlungsfähigkeit überstiegen.

Inzwischen aber sind auch Besserverdienende in Not. Ein Drittel der aktuellen Zwangsräumungen trifft Haushalte, die sich bisher die als sicher geltenden festverzinslichen Kredite leisten konnten. "Diese Veränderungen werden von der steigenden Arbeitslosigkeit getrieben", sagt Jay Brinkmann, Chefökonom der Hypothekenbanker. Ohne Jobs verliert auch die Mittelschicht die Fähigkeit, Kredite zu bedienen.

Die Arbeitslosenquote von mehr als zehn Prozent und die Wellen neuer Zwangsversteigerungen hinterlassen schon jetzt deutliche Spuren auf dem Markt. Zwischen August und Oktober fiel die Zahl der Spatenstiche für Privathäuser überraschend um mehr als zehn Prozent. Dies unterbrach den leichten Aufwärtstrend am Bau, der im Juni begonnen hatte. Experten warnen: Eine erneute Schwäche des Immobilienmarkts könnte den Aufschwung abwürgen, weil die Amerikaner ihren Konsum noch weiter beschränken und Banken mehr Abschreibungen vornehmen müssten.

Behörde unter Druck

Wahrscheinlich erscheint inzwischen ein neuer Rettungseinsatz der Regierung: Die Federal Housing Administration, FHA, steht mit dem Rücken zur Wand. Je mehr Hypotheken faul werden, desto größer werden ihre Nöte. Denn die Behörde agiert als Kreditversicherung. Sie garantiert Hypotheken, schultert also das Risiko eines Zahlungsausfalls. Die staatliche Garantie drückt die Preise für Hypotheken, was vielen Amerikanern den Kauf eines Eigenheims erst ermöglicht.

In der Krise hat die FHA ihre Tätigkeit massiv ausgeweitet, um den Häusermarkt zu stützen. 2008 versicherte sie viermal so viele Hypotheken wie 2007. Das könnte ihr nun zum Verhängnis werden. Die Reserven der FHA sind weit unter das Mindestniveau gefallen, das der Kongress vorschreibt.

Die Behörde versucht zu beruhigen: Schlimmstenfalls müsste sie sich 1,6 Milliarden Dollar leihen. Doch Prognosen der Federal Housing Administration sind mit Vorsicht zu genießen. Schon im vergangenen Jahr spielte sie ihre Probleme herunter und sagte nur einen leichten Rückgang ihrer Reserven voraus. Es wäre nicht das erste Mal, dass der US-Regierung ihr Engagement am Immobilienmarkt teuer zu stehen kommt. Im Herbst 2008 musste sie den Häuserfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac zur Seite springen. Deren Rettung belastet die Steuerzahler inzwischen mit 111 Milliarden Dollar. Auch damit hatte keiner gerechnet.

© SZ vom 24.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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