USA:Hartgeld im Ausverkauf

Wenn das Geld ausgeht: In den USA werden Goldmünzen und der südafrikanische Krügerrand knapp. Private Anleger nutzen den Preissturz - und investieren.

S. Boehringer

Münzkrise in den Vereinigten Staaten: Die beliebtesten Anlagemünzen sind ausverkauft. Es sind die Ein-Unzen-Gold- und die Silver-Eagles. "Wegen einer unvorhergesehenen Nachfrage sind die Vorräte erschöpft. Wir haben deshalb vorübergehend den Verkauf dieser Münzen eingestellt", teilte die Prägestätte US Mint vor kurzem Großhändlern mit.

USA: Die südafrikanische Krügerrand-Ein-Unzen-Goldmünze ist die beliebteste Anlagemünze in Deutschland.

Die südafrikanische Krügerrand-Ein-Unzen-Goldmünze ist die beliebteste Anlagemünze in Deutschland.

(Foto: Foto: Reuters)

Schlicht ausverkauft

Seitdem brodelt die Gerüchteküche: "Die US-Regierung bereitet sich wohl auf die Kernschmelze an den Finanzmärkten vor, indem sie alles verbliebene Gold im Land hortet", schreibt ein Sammler in einem Internetforum.

"Es ist genügend Gold und Silber vorhanden, es ist nur zur falschen Zeit am falschen Ort", relativiert ein anderer. Die US-Münze - sie gehört zum Finanzministerium in Washington - teilte mit, man sei schlicht ausverkauft, weil das Anlegerinteresse so stark angezogen habe.

Auch im wichtigsten Münzanlageland Europas, in Deutschland, verbreitet sich die Nachricht wie ein Lauffeuer: "Die US Mint nimmt Aufträge von ihren Großhändlern erst gar nicht an", berichtet Martin Siegel, Chef des Edelmetall-Versandhändlers Westgold in der Nähe von Hannover.

Anlegen in Edelmetall wird zum Volkssport

Und weil die Kunden ausweichen auf ähnliche Produkte wie den kanadischen Maple Leaf oder die australischen Kangaroo-Münze, komme es auch bei deren Prägeanstalten schon zu Engpässen. Es sei damit absehbar, dass der deutsche Markt "nicht mehr ausreichend versorgt werden kann", so Siegel.

In normalen Börsenzeiten wäre diese Nachricht höchstens für eingefleischte Goldanhänger eine Schlagzeile wert. Doch mit zunehmender Dauer der Finanzkrise, die erst vergangene Woche mit den Verstaatlichungsideen um die beiden größten Immobilienbanken Fannie Mae und Freddie Mac einen neuen Höhepunkt erreicht hat, ist die Geldanlage in Edelmetall zum Volkssport geworden.

Anfangs wurden zunächst Zertifikate oder börsengehandelte Edelmetallfonds auf Gold und Silber gekauft. Diese verbriefen allein bei Gold derzeit den Besitzanspruch auf ein Volumen von rund 1000 Tonnen, rechnet die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) vor. Jährlich kämen zwischen 150 und 200 Tonnen hinzu. Nach den ersten Beinahe-Bankenpleiten à la IKB oder auch Bear Stearns in Amerika setzte dann ein verstärkter Ansturm auf physische Münzen und Barren ein, berichten Banken und Münzhändler.

Zu groß ist bei vielen das Misstrauen, im Falle einer Schieflage einer Bank leer auszugehen. Zertifikate würden dann nachrangig bedient. "Der südafrikanische Krügerrand ist uns bereits ausgegangen", heißt es bei der LBBW. Die Ein-Unzen-Goldmünze vom Kap der Guten Hoffnung ist die beliebteste Anlagemünze in Deutschland.

"Wir fahren im Zweischichtbetrieb, um das sehr hohe Auftragsaufkommen bedienen zu können", sagt Robert Hartmann, Chef bei Pro Aurum in München, dem größten unabhängigen Edelmetall-Handelshaus des Landes. Wegen der Nachfrage seien die Aufgelder für Münzen im Monatsvergleich um mehr als drei Prozentpunkte gestiegen. Beim Kauf einer goldenen Unzen-Münze Krügerrand müssen Privatanleger derzeit mit bis zu sieben Prozent Aufschlag auf den Metallwert rechnen.

Hartgeld im Ausverkauf

Auf den ersten Blick überrascht, dass die Preisentwicklung von Gold und Silber an den Börsen in den vergangenen Wochen so gar nicht die Nachfrage für physisches Metall widerspiegelte. Seit dem Rekordhoch im März bei 1022 Dollar je Feinunze Gold ist die Notierung zuletzt auf rund 822 Dollar abgefallen. Die Unze Silber kostete in der Spitze 21 Dollar, jüngst wurden 13,30 Dollar bezahlt.

Gold als wichtigste Ersatzwährung

Für bekennende Goldanhänger wie den Briten James Turk ist die Entwicklung ein "Zeichen für die immer stärkere Entkopplung der physischen Metallmärkte von den Papier-Goldmärkten". Mit Papiermärkten meint er die vom Handel mit Terminkontrakten getriebenen Metallbörsen wie die Comex in New York. Auf ihre Marktpreise schaut die Welt, und sie zeigten in den vergangenen Wochen deutlich nach unten und deuteten damit eine eher geringe Nachfrage an.

"Die Preisentwicklung wurde stark von Termingeschäften bestimmt", sagt auch Frank Schallenberger, Rohstoffanalyst bei der LBBW. Im Zuge des gestiegenen Dollars seien binnen weniger Tage Terminkontrakte im Wert von umgerechnet 1,9 Milliarden Euro oder 100 Tonnen Gold aufgelöst worden. "Das entspricht immerhin vier Prozent der jährlichen Minenförderung an Gold in Höhe von 2400 Tonnen", erklärt Schallenberger.

Tatsächlich avancierte Gold in den vergangenen Tagen für viele Anleger im Dollarraum zur wichtigsten Ersatzwährung, sobald die US-Devise schwächelte. "Die jüngste Erholung des Dollar haben dann wohl vor allem Profis zum Ausstieg genutzt, während Privatanleger nun verstärkt einsteigen", sagt Schallenberger. Dass die physische Nachfrage den Marktpreis bislang kaum nach oben brachte, liege vorwiegend daran, dass "die Papier-Goldmärkte bedeutend größer sind als der physische Markt", erklärt Robert Hartmann von Pro Aurum.

Die meisten Experten rechnen damit, dass die Preise auf beiden Märkten mittelfristig zusammenfinden - und zwar tendenziell auf höherem Niveau. Zwischen 850 und 1200 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) liegen die Prognosen für Gold bis Ende des Jahres bei den befragten Analysten. Als Hauptgrund nennen sie die anziehende Nachfrage aus Indien. Dort stehen im Herbst wichtige Feste an und die Hochzeitssaison dort beginnt. Das Land steht für 20 bis 30 Prozent der weltweiten Goldnachfrage.

Einige Analysten kalkulieren aber zumindest kurzfristig einen weiteren Tiefschlag mit ein. "Etwa viermal so viele Terminkontrakte wie zuletzt aufgelöst wurden, setzen derzeit noch auf einen steigenden Goldpreis", sagt Thorsten Proettel, ebenso Rohstoffanalyst von der LBBW. Gewinne der Dollar an Wert, könnten einige Investoren wieder aussteigen. Im Blickpunkt bei den Profis steht der kommende Dienstag: Dann ist an der Rohstoffbörse Comex in New York Verfalltag für viele Termingeschäfte. In der Regel versuchen Investoren vor dem Verfall ihrer Kontrakte den Preis noch in die gewünschte Richtung zu bewegen.

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