USA ermitteln gegen europäische Banken:Financiers des Bösen

Europäische Banken sollen in den USA illegalerweise Geschäfte mit terroristisch eingestuften Staaten wie Iran, Sudan und Libyen gemacht haben. Nun ermitteln die Behörden.

P.-A. Krüger

Das US-Justizministerium und der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan ermitteln gegen zehn Großbanken aus Europa, die in den USA illegal verschleierte Finanztransaktionen in Milliardenhöhe für Iran, Sudan und Libyen abgewickelt haben sollen.

USA ermitteln gegen europäische Banken: Abschuss von Raketen im Iran. Europäische Banken sollen dem Land Mittel zum Aufbau seines Atom- und Raketenprogramms zur Verfügung gestellt haben.

Abschuss von Raketen im Iran. Europäische Banken sollen dem Land Mittel zum Aufbau seines Atom- und Raketenprogramms zur Verfügung gestellt haben.

(Foto: Foto: AFP)

US-Sanktionen verbieten es amerikanischen Instituten, Geschäfte mit Kunden aus diesen Ländern zu machen, wobei die Strafmaßnahmen gegen Libyen 2004 aufgehoben wurden.

In einigen Fällen soll das Geld laut den Ermittlern dazu gedient haben, Einkäufe für Irans Atom- oder Raketenprogramm zu bezahlen. Laut dem Wall Street Journal richten sich die Untersuchungen auch gegen eine Bank aus Deutschland.

Die Ermittlungen wurden in der Nacht zum Samstag bekannt, als die US-Justizbehörden in einer Pressekonferenz mitteilten, die britische Bank Lloyds TSB habe in der Sache eine Strafe von 350 Millionen Dollar akzeptiert.

Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen

Das Institut muss Behörden und Geheimdiensten in den USA seine Bücher öffnen, damit alle Überweisungen zurückverfolgt werden können. Sofern die Ermittler nicht zum Schluss kommen, Lloyds-Mitarbeiter hätten wissentlich terroristische Organisationen oder die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen unterstützt, werden alle strafrechtlichen Verfahren in zwei Jahren eingestellt. Das geht aus der Vereinbarung zwischen Lloyds TSB und der Justiz hervor.

Die Bank räumte ein, dass Filialen in Großbritannien, Dubai und Tokio zwischen 1995 und 2004 manipulierte Überweisungen iranischer Banken an Empfänger in den USA oder für in Dollar zu begleichende Geschäfte über das elektronische Zahlungssystem Swift an US-Banken weitergeleitet haben.

Um die Herkunft der Zahlungen zu verschleiern, entfernten Mitarbeiter Adressen, Firmennamen und Auftraggeber aus den zu übermittelnden Daten, die auf eine Verbindung zu Iran hingedeutet hätten. Indem sie vorgaukelten, die Zahlungen seien von Lloyds TSB ausgegangen, überlisteten sie die elektronischen Filter der US-Institute, die sonst die Überweisungen blockiert hätten. Die anderen Banken sollen ähnlich vorgegangen sein.

Manuell nachbearbeitet

Lloyds TSB hatte eigens Mitarbeiter abgestellt, die Zahlungsanweisungen iranischer Banken aus dem Computersystem herausfischten, das die Transaktionen normalerweise automatisch abwickelt.

Diese wurden dann manuell nachbearbeitet und wieder eingespeist. Es gab sogar eine interne Anweisung, wie mit Überweisungen iranischer Auftraggeber zu verfahren sei. Lloyds TBS soll etwa 300 Millionen Dollar für iranische Banken an Empfänger in den USA transferiert haben; in einem parallel gelagerten Fall waren es zwischen 1997 und 2007 weitere 20 Millionen Dollar für Auftraggeber aus dem Sudan und 20 Millionen Dollar für einen libyschen Kunden.

Nachdem Lloyds TBS intern das Frisieren der Belege gestoppt hatte, erläuterten Lloyds-Mitarbeiter iranischen Kunden, wie sie Überweisungen auszufüllen hätten, damit sie in den USA nicht abgefangen werden konnten.

Unter den Auftraggebern waren alle wichtigen iranischen Banken, von denen die meisten ganz oder zum Teil dem Staat gehören. Einige von ihnen stehen auf Embargolisten des UN-Sicherheitsrates und der EU und sind laut den USA an der Finanzierung von Terrorismus und Waffenprogrammen in Iran beteiligt.

Verdeckte Beschaffungen

Im Fall von Lloyds TSB ist laut den Ermittlern noch nicht nachvollziehbar, wofür die Gelder gezahlt wurden. In einem anderen Fall handele es sich aber wahrscheinlich um Geld für verdeckte Beschaffungen.

Bezirksstaatsanwalt Robert Morgenthau sprach von einer Bestellung über 30.000 Tonnen Wolfram, die für den Bau von Langstreckenraketen bestimmt gewesen seien. Laut Experten ist diese Verwendung vor allem in der Menge unwahrscheinlich. Bislang teilten Crédit Suisse und Barclays mit, sie kooperierten in der Sache mit US-Ermittlern.

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