US-Untersuchungsausschuss:Mea culpa auf bankisch

Aufarbeitung der Krise: Die Chefs der Wall Street, allen voran Goldman-Boss Blankfein, räumen Fehler ein, verteidigen aber ihr Geschäftsmodell - und die Bonipolitik.

Nikolaus Piper, New York

Die Chefs der wichtigsten amerikanischen Großbanken haben vor der Untersuchungskommission des Kongresses schwerwiegende Fehler eingeräumt, das Geschäftsmodell der Wall Street, einschließlich der hohen Boni für Manager, aber entschieden verteidigt. Auf ihrer ersten Sitzung hatte die "Financial Crisis Inquiry Commission", FCIC, fünf Bankmanager unter Eid zu ihrer Rolle beim Entstehen der Krise und der anschließenden Rezession vernommen: den Chef von JP Morgan Chase, Jamie Dimon, Goldman Sachs-Chef Lloyd Blankfein, John Mack, Chairman von Morgan Stanley, und Brian Moynihan, den neu ernannten Chef der Bank of America.

Blankfein, Goldman, Reuters

Goldman Sachs-Chef Lloyd Blankfein verteidigte sich vor dem Untersuchungsausschuss. Sein Institut sei nur den Wünschen der Investoren nachgekommen.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Banker erklärten einhellig, dass es in ihren Instituten während der Jahre des billigen Geldes vor der Krise schwerwiegende Mängel im Risikomanagement gegeben habe. "Wir haben uns in einen Zustand der Nachlässigkeit hineingeredet", sagte Goldman-Chef Blankfein. Sein Institut sei in einem "Strudel des Marktes" gefangen gewesen. Dabei habe Goldman aber lediglich die Wünsche seiner professionellen Investoren nach hohen Risiken erfüllt. Er bedauere die Folgen der Krise.

Wette auf den Absturz

Zu einer längeren Auseinandersetzung kam es über die Praxis von Goldman Sachs, einerseits riskante Wertpapiere zu verkaufen, andererseits aber darauf zu wetten, dass deren Preise sinken. Der Vorsitzende der Kommission, der ehemalige Finanzminister von Kalifornien, Phil Angelides, meinte, diese Praxis komme ihm vor, als verkaufe jemand ein Auto mit schlechten Bremsen und schließe hinterher eine Versicherung auf den Käufer des Wagens ab. "Ich glaube nicht, dass diese Praxis Vertrauen in den Märkten schafft", meinte er.

Blankfein verteidigte die Praxis mit dem Hinweis darauf, dass Goldman kein Broker ist, der im Auftrage anderer Wertpapiere kauft und verkauft, sondern Geschäfte auf eigene Rechnung betreibt. Goldman habe Risiken in die Bilanz genommen und diese Risiken absichern müssen. Bei seiner Anhörung unterbrach Blankfein den Vorsitzenden mehrmals, was Beobachter als ungewöhnlichen Vorgang werteten.

Nach der Sitzung äußerte Angelides deutliche Kritik an Blankfein. Dieser habe nicht zugestanden, dass Goldman eine Verantwortung dafür hat, dass die verkauften Wertpapiere von guter Qualität sind, sagte er vor Journalisten. "Das ist sehr beunruhigend." Goldman Sachs steht ohnehin in der Kritik der Öffentlichkeit, weil die Bank im vergangenen Jahr Rekordgewinne erwirtschaftete und vermutlich kommende Woche eine ungewöhnlich hohe Summe an Boni an ihre Beschäftigten ausschütten wird.

Viel zu hohe Schulden

John Mack von Morgan Stanley sagte, viele Firmen seien vor der Krise zu hoch verschuldet gewesen, sie hätten zu hohe Risiken aufgenommen und nicht über die Ressourcen verfügt, um diese Risiken in einem sich rasch wandelnden Umfeld wirkungsvoll zu managen. "Die Finanzkrise hat auch gezeigt, dass die Regulierer ganz einfach nicht die Weitsicht, die Instrumente und die Autorität hatten, um die Stabilität des Finanzsystem als ganzes zu schützen", meinte Mack.

Die Ergebnisse der Befragungen sollen dem Kongress und Präsident Barack Obama spätestens am 15. Dezember dieses Jahres übergeben werden. Am Donnerstag will der Ausschuss Vertreter von Regierung und Behörden vernehmen, darunter Justizminister Eric Holder, die Chefin der Börsenaufsicht SEC, Mary Schapiro, und die Vorsitzende des staatlichen Einlagensicherungsfonds FDIC, Sheila Bair.

Die Arbeit der Unterschungskommission könnte zu weitreichenden Veränderungen im US-Finanzsystem führen. Sie wurde gebildet nach dem Vorbild der sogenannten Pecora-Kommission, die nach 1932 die Ursachen der Weltwirtschaftskrise erforschte. Sie gab zum Beispiel den entscheidenden Anstoß zur Gründung der SEC.

Präsident Obama wird nach Aussage eines Sprechers eine neue Sonderabgabe für die großen Banken der Vereinigten Staaten vorstellen. Nach den bisher vorliegenden Informationen soll die Abgabe auf riskante Anlagen erhoben werden und zu Erlösen von bis zu 120 Milliarden Dollar führen. Mir dem Geld sollen Verluste der Steuerzahler aus dem Banken-Rettungsprogramm Tarp ausgeglichen werden. Der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, forderte eine Entschuldigung der Banker. Einige Bankenchefs agierten, als ob sich seit der Finanzkrise nicht verändert habe, sagte er.

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