US-Repräsentantenhaus:Votum für radikale Finanzmarktreform

Als Konsequenz aus der Wirtschaftskrise haben die US-Abgeordneten eine Reform des Finanzmarktes beschlossen - in diesem Bereich die größte Änderung seit Jahrzehnten.

Das US-Repräsentantenhaus hat die tiefgreifendste Reform der Finanzbranche seit den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts verabschiedet. Die Kammer stimmte am Freitag mit 223 zu 202 Stimmen für die mehr als 1000 Seiten umfassende Vorlage, die infolge der weltweiten Finanzkrise erarbeitet wurde.

USA, Finanzmarktreform, afp

Tiefgreifende Reform: Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, erläutert den Beschluss zur Finanzmarktreform.

(Foto: Foto: AFP)

Das Votum ist ein Sieg für die Regierung von Präsident Barack Obama. Der Präsident nannte die Entscheidung des Repräsentantenhauses einen "weiteren wichtigen Schritt" in Richtung eines umfassenden Umbaus, der zu einem stärkeren und stabileren Finanzsystem führe.

Der Entwurf sieht unter anderem die Schaffung eines behördenübergreifenden Gremiums vor, um systemische Risiken zu überwachen. Zudem soll es damit künftig möglich sein, gegenüber Hedgefonds und Ratingagenturen durchzugreifen.

Des weiteren sieht der Entwurf vor, dass die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve künftig vom Kongress überwacht werden soll. Auch die Schaffung einer Verbraucherschutzbehörde für Finanzkunden ist vorgesehen. Im Rahmen des Pakets sollen erstmals auch dem 450 Billionen Dollar schweren Markt für außerbörslich gehandelte Derivate Zügel angelegt werden - darunter fallen etwa Kreditausfallversicherungen, die zu den Problemen beim Versicherungsriesen AIG führten.

Abschwächen und verzögern

Das Gesetz werde die Transparenz auf diesem Markt steigern und die systemischen Risiken mindern, die sogenannte Over-the-Counter-Derivate (OTC) darstellen könnten, sollten sie unbeaufsichtigt bleiben, sagte der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses des Repräsentantenhauses, der Demokrat Collin Peterson.

Republikaner sowie Lobbyisten von Banken und anderen Wall-Street-Unternehmen haben monatelang für eine Abschwächung oder Verzögerung der Reformen gekämpft. Ihrer Ansicht nach stellen sie unnötige und kostspielige Eingriffe in die Branche dar. So stimmten die Republikaner in der Kammer geschlossen gegen das Gesetz. Ihnen schlossen sich 27 Demokraten an.

Die Auseinandersetzung dürften nun in den kommenden Monaten eine Fortsetzung im Senat finden. In der Kammer sind derzeit ähnliche Reformvorschläge anhängig. Der Senat dürfte allerdings einen gemäßigteren Entwurf beschließen. Beide Vorlagen müssen anschließend noch in Deckung gebracht werden, bevor sie Obama zur Unterschrift vorgelegt werden.

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