Süddeutsche Zeitung

US-Bundesstaat Colorado:Marihuana-Geld für alle

  • Das Marihuana-Geschäft im US-Bundesstaat Colorado boomt. Die Steuereinahmen sind höher als erwartet.
  • Ein Gesetz könnte dafür sorgen, dass der Staat Einnahmen an die Bevölkerung zurückzahlen muss.
  • Die Regierung will das verhindern.

Von Jurik Caspar Iser

Den Verkauf und Konsum von Marihuana legalisieren, so Touristen ins Land locken und jede Menge Steuereinnahmen einkassieren. Der Plan des US-amerikanischen Bundesstaats Colorado ist bisher voll aufgegangen. Das Geschäft mit der berauschenden Pflanze floriert. Und davon haben alle was. Denn eine ungewöhnliche Klausel in der Verfassung des Bundesstaates könnte die Steuereinnahmen jetzt wieder in die Taschen der Bevölkerung zurückspülen. Es geht um viel Geld. Knapp 60 Millionen US-Dollar soll die Regierung nun an die Bevölkerung zurückzahlen.

Zum Hintergrund: Seit Anfang 2014 darf jeder 21-Jährige in Colorado Cannabis kaufen. Damals verkündete die Regierung, einen Großteil der Einnahmen ins Bildungssystem stecken zu wollen. Dem entgegen steht die sogenannte Taxpayers Bill of Rights (TABOR). Dieses Gesetz ist dazu gedacht, die Staatsausgaben zu begrenzen: Demnach darf die Regierung nur so viel Geld wie im vorherigen Kalenderjahr ausgeben. Zusätzliche Investitionen darf der Staat nur tätigen, wenn gleichzeitig die Inflation zunimmt und die Bevölkerung wächst. Weicht die Regierung von ihrer Umsatzprognose ab, muss sie die zusätzlichen Einnahmen wieder an die Steuerzahler zurückgeben. Auch Steuererhöhungen sind nur mit Zustimmung der Bevölkerung möglich. Ein sehr amerikanisches Verständnis von der Rolle des Staates.

In der Vergangenheit ist immer wieder Geld in die Tasche der Verbraucher zurückgeflossen. Laut dem Schatzamt von Colorado hat der Staat seit 1992 mehr als zwei Milliarden US-Dollar direkt an seine Bevölkerung zurückgezahlt.

Im vergangenen Jahr hat Colorado nun 240 Millionen Dollar Steuern mehr eingenommen als geplant. Für das jetzige Fiskaljahr erwartet der Staat einen Überschuss von rund 190 Millionen US-Dollar. Mehr als 80 Millionen Dollar plant die Regierung durch Steuern auf den Marihuana-Handel einzunehmen. Davon würden knapp 60 Millionen unter die TABOR-Klausel fallen. Diese Summe müsste also eigentlich an die Bevölkerung zurück gegeben werden. Das geht aus der Umsatzprognose der Regierung vom 22. Dezember 2014 hervor.

Parteiübergreifend wollen Politiker die Einnahmen behalten

Es gibt Ausnahmen: Die Bevölkerung von Colorado hat seit Bestehen der Klausel 1992 bereits zweimal zugestimmt, dass die Regierung die Umsatzprognose nach oben korrigieren und die Klausel außer Kraft setzen darf. In diesem Jahr könnte es wieder zu einer solchen Abstimmung kommen, die die Bestimmung aufhebt. Colorados politische Führung arbeite bereits an einer Lösung, um die Einnahmen nicht in die Taschen der Bevölkerung zurückfließen lassen zu müssen. Das berichtet die amerikanische Presseagentur Associated Press.

Demokraten und Republikaner seien sich in diesem Fall sogar einig. "Es ist einfach absurd", sagt der demokratische Senator Pat Steadman und verteidigt die hohe Besteuerung des Marihuana-Handels. Ähnlich sieht es sein republikanischer Kollege und Senatspräsident Bill Cadman: "Ich denke, es ist angemessen, dass wir das Geld behalten", sagt er. Seine Partei lehne eine Rückerstattung der Steuereinnahmen strikt ab und setzt sich für eine entsprechende Abstimmung ein. So berichtetet AP.

Die Wirtschaft profitiert vom Marihuana-Boom

Die Abgabe auf Marihuana-Handel liegt derzeit bei 15 Prozent. Falls es der Regierung nicht gelingt, die Regel zu umgehen, könnte die Regierung die Steuern senken, um zukünftig einen Überschuss an Steuereinnahmen zu vermeiden.

Die Staatskasse füllt sich nicht nur durch die Marihuana-Steuer so kräftig. Indem die Wirtschaft wächst, steigen gleichzeitig auch die Steuereinnahmen des Bundesstaates Colorado in anderen Branchen und Bereichen. Die Tourismusbranche zum Beispiel brummt. Die Stadt Denver wird schon zum Amsterdam der Vereinigten Staaten verklärt. Urlauber aus den umliegenden Bundesstaaten kommen hierher, um die neue Freiheit zu nutzen und die hier legalisierte Pflanze zu konsumieren. Außerdem hat die Reform auch zahlreiche Arbeitsplätze im Verkauf und im Anbau von Marihuana geschaffen.

Auch in anderen amerikanischen Bundesstaaten gibt es Gesetze, die Steuereinnahmen und Ausgaben der Regierungen kontrollieren. Mit seinen weitreichenden Konsequenzen ist Colorados Taxpayers Bill of Rights jedoch selbst in den Vereinigten Staaten einzigartig.

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Quelle:
SZ vom 05.02.2015/jci
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