US-Banken: Geschäftszahlen:Kluft an der Wall Street

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Es ist ein tiefer Graben zwischen Gewinnern und Verlierern: In den USA stehen die Investmentbanken bilanziell gut da. Aber die Institute der kleinen Leute leiden.

Moritz Koch, New York

Die Finanzkrise hat einen tiefen Graben an der Wall Street aufgerissen. Und wie die Bilanzen der Großbanken für das vierte Quartal zeigen, schließt sich die Kluft zwischen Gewinnern und Verlierern, wenn überhaupt, nur langsam.

Amerikas Banken geht es insgesamt wieder besser. Für die gesamte Grafik auf das Bild klicken. (Foto: Grafik: Süddeutsche Zeitung)

Während Goldman Sachs und JP Morgan Milliardenprofite anhäufen, und selbst Morgan Stanley wieder schwarze Zahlen schreibt, fahren Konzerne wie die Citigroup und die Bank of America weiter Verluste ein. Die US-Finanzindustrie entwickelt sich zu einer Zweiklassengesellschaft.

Die größte US-Bank, die Bank of America, meldete am Mittwoch Einbußen, die deutlich über denen des Schlussquartals 2008 lagen, als die Finanzkrise mit voller Zerstörungskraft wütete. Vor allem die Rückzahlung der Staatshilfen verhagelte dem Finanzkonzern die Bilanz.

Faule Kredite

Mit 45 Milliarden Dollar hatte die US-Regierung die Bank vor einem Jahr vor der Pleite bewahrt. Doch auch faule Kredite belasten das Institut. Dagegen zahlen sich spekulative Finanzwetten aus. Das Geschäftsergebnis der Bank of America ist für die gesamte Branche typisch. Die führenden Finanzinstitute profitieren vor allem vom Investmentbanking, das Kreditgeschäft zieht sie dagegen nach unten.

Der Eigenhandel mit Aktien, Währungen, Wertpapieren und Rohstoffen bringt den Hauptteil ihrer Einnahmen. Verluste entstehen vor allem im Privatkundensegment. Viele Amerikaner haben sich vor der Krise überschuldet, nahmen Hypotheken auf, schlossen Autodarlehen ab und kauften sich mit ihren Kreditkarten Flachbildfernseher und Edelstahlküchen. Im Glauben an einen dauerhaften Aufschwung vergaben die Banken bereitwillig Geld.

Dieser Überschwang rächte sich in der Krise und auch mehr als ein Jahr nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers zahlt die Wall Street für die Sünden der Vergangenheit. Die hohe Arbeitslosigkeit treibt mehr und mehr Amerikaner in den Bankrott und lässt immer mehr Kredite faul werden.

Enttäuschung bei Anlegern und Analysten

Selbst der Bank JP Morgan, die weithin als Gewinnerin der Krise gilt, bereitet das Privatkundengeschäft Probleme. Das Geldhaus, das am vergangenen Freitag die Bilanzsaison an der Wall Street eröffnete, musste unerwartet hohe Einbußen durch nicht zurückgezahlte Kreditkartenschulden vornehmen. Anleger und Analysten reagierten enttäuscht.

Vor allem Investmentbanken wie Morgan Stanley und Goldman Sachs, die kaum Geschäfte mit einfachen Bürgern machen, profitieren vom Trend zum Eigenhandel. Morgan Stanley, das von der Finanzkrise hart getroffen wurde, meldete am Mittwoch einen Quartalsgewinn, nachdem es vor einem Jahr noch einen Verlust von mehr als zehn Milliarden Dollar verbucht hatte.

Doch dem Institut gelingt es nicht, zu seinem ärgsten Wettbewerber, Goldman Sachs, aufzuschließen. Die größte US-Investmentbank gibt ihre Ergebnisse erst am Donnerstag bekannt. Beobachter erwarten, dass Goldman einen Quartalsgewinn in Milliardenhöhe ausweist. Für das Gesamtjahr sei sogar ein Rekordergebnis möglich, heißt es.

Vikram Pandit kann von solchen Profiten nur träumen. Der Chef der Citigroup bemühte sich im Dezember um eine rasche Rückzahlung der Staatshilfen, kurz nachdem die Bank of America die Tilgung ihrer Schulden in Washington bekanntgegeben hatte.

Der größte Sorgenfall

Diese Kraftanstrengung belastete das Ergebnis für das vierte Quartal erheblich. Vor der Krise war die Citigroup die größte Bank der Welt, doch das Institut schreibt schon seit zwei Jahren Verluste und ist damit zum größten Sorgenfall an der Wall Street geworden. Pandit ließ keinen Zweifel daran, was ihn besonders beunruhigt. Nun, da die Staatshilfen zurückgezahlt seien, blieben "die US-Konsumentenkredite das Schlüsselproblem", sagte er.

Deutlich optimistischer klingt Brian Moynihan, der seit Jahresbeginn die Bank of America leitet. Nachdem die Schulden in Washington beglichen seien, könne sich die Bank wieder auf das Geschäft konzentrieren, sagte er. Viele Experten teilen Moynihans Zuversicht.

Die Bank of America habe durch den Zukauf der Investmentbank Merrill Lynch deutlich bessere Chancen als die Citigroup, zu den erfolgreichen Konkurrenten aufzuschließen - und die Zweiklassengesellschaft an der Wall Street zu überwinden. Zugleich aber bleiben erhebliche Risiken.

Analysten erwarten, dass die Verluste aus dem Privatkundengeschäft ihren Höhepunkt erst in ein paar Monaten erreichen und dann auf hohem Niveau verharren. Nur, wenn die Arbeitslosigkeit in Amerika deutlich zurückgehen sollte, wäre eine rasche Erholung möglich. Doch dafür spricht zur Zeit nicht viel.

© SZ vom 21.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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