Urteile und Meinungen:Rauch im Raum

Derzeit wird wieder über Qualm in Kneipen diskutiert. Konflikte gibt es aber auch bei Nachbarn und Vermietern.

Andreas Remien

Vom 19. November an können sich Bürger in Bayern für ein Volksbegehren eintragen, das sich den Nichtraucherschutz auf die Fahnen geschrieben hat. Den Initiatoren geht es um rauchfreie Gaststätten, Diskotheken oder Festzelte. Das Rauchen in der eigenen Wohnung ist zwar nicht Gegenstand der aktuellen Diskussion. Für Konflikte mit Nachbarn oder dem Vermieter sorgt der Qualm aber trotzdem.

Urteile und Meinungen: In den kommenden Wochen können sich die Bürger in Bayern für ein Volksbegehren zum Nichtraucherschutz in Gaststätten eintragen. Die eigene Wohnung ist davon nicht berührt: Dort dürfen Mieter rauchen, ebenso auf dem Balkon oder auf der Terrasse. Wer es aber übertreibt, muss beim Auszug im Extremfall für die Reparaturen aufkommen. Fühlen sich Nachbarn von dem Rauch gestört, können diese unter Umständen die Miete mindern, wenn der Qualm auch bei geschlossenen Fenstern und Türen in die Wohnung dringt.

In den kommenden Wochen können sich die Bürger in Bayern für ein Volksbegehren zum Nichtraucherschutz in Gaststätten eintragen. Die eigene Wohnung ist davon nicht berührt: Dort dürfen Mieter rauchen, ebenso auf dem Balkon oder auf der Terrasse. Wer es aber übertreibt, muss beim Auszug im Extremfall für die Reparaturen aufkommen. Fühlen sich Nachbarn von dem Rauch gestört, können diese unter Umständen die Miete mindern, wenn der Qualm auch bei geschlossenen Fenstern und Türen in die Wohnung dringt.

(Foto: Foto: ddp)

Den meisten Ärger gibt es, wenn sich Nichtraucher am Rauch aus der Nachbarwohnung stören. Kommt gelegentlich Qualm über geöffnete Fenster oder Türen hinein, bleibt einem nichts anderes übrig, als diese zu schließen. Besser noch ist natürlich ein vernünftiges Gespräch - Konfliktberater raten geplagten Bewohnern zum Beispiel dazu, sich mit Rauchern auf "Nichtraucherzeiten" zu einigen.

Kaum Rauch-Einschränkungen möglich

Scheitert dies, gibt es so gut wie keine juristische Grundlage, die dem belästigten Nachbarn helfen könnte. Der Rauch von draußen sei zwar eine "ärgerliche Belästigung", aber hinzunehmen (Amtsgericht Wennigsen, Az. 9 C 156/01). "Ein tabakrauchfreies Wohnen im verdichteten Wohngebiet gibt die geltende Rechtsordnung nicht her", meinte das Amtsgericht Bonn (Az. 6 C 510/98). Der Vermieter kann dem Mieter auch keine bestimmten Lüftungszeiten vorschreiben (Landgericht Berlin, Az. 63 S 470/08).

Ob ein Nachbar in jedem Fall grenzenlos qualmen darf, bleibt unter den Rechtsexperten aber umstritten. Schließlich gilt in einem Wohnhaus auch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Die vorwiegend erstinstanzliche Rechtsprechung ist nicht einheitlich. Grundsätzlich aber gilt, dass das Rauchen eines Nachbarn auf dem Balkon oder am Fenster - wenn überhaupt - nur im Extremfall eingeschränkt werden kann. In der Beurteilung tun sich die Gerichte naturgemäß schwer, zwischen einer "normalen" und einer extremen Beeinträchtigung zu unterscheiden, wie sie zum Beispiel ein Kettenraucher verursachen kann.

Recht auf Mietminderung

Wenn aber Rauch in die Wohnung dringt, obwohl Türen und Fenster geschlossen sind, können Mieter in besonders ausgeprägten Fällen die Miete mindern. Oft zitiert wird in diesem Zusammenhang ein Urteil des Landgerichts Stuttgart, das einem Mieter vor elf Jahren weger starker Nikotin- und Essensgerüche aus der Nachbarwohnung eine Mietminderung von zwanzig Prozent zugestand (Az. 5 S 421/97).

Auch danach haben sich immer wieder Gerichte mit der Geruchsbelästigung beschäftigt. Im Sommer vergangenen Jahres urteilte zum Beispiel das Landgericht Berlin, dass der Vermieter geeignete Maßnahmen ergreifen müsse, damit in die Räume des Mieters kein Rauch aus der darunterliegenden Wohnung eindringen könne (Az. 65 S 124/08). Das Gericht erachtete eine Mietminderung von zehn Prozent als gerechtfertigt, "denn kalter Zigarettengeruch mindert das Wohlbefinden im Allgemeinen erheblich".

Treppenhaus ist kein Rauchersalon

Auch im traditionellen Wohnungsbau könne und müsse gefordert werden, dass nicht jeder Geruch in die eigene Wohnung dringe - insbesondere "kein erheblicher Zigarettengeruch mit den bekannten möglichen negativen gesundheitlichen Auswirkungen". Gutachter hatten zuvor bestätigt, dass der Rauch nicht durch offene Türen oder Fenster in das Wohnzimmer gelangte.

In Gemeinschaftsräumen wie dem Treppenhaus muss der Mieter den Qualm dulden, auch, weil sich die Bewohner dort in der Regel ohnehin nur kurz aufhalten. Allerdings darf der Eigentümer dort das Rauchen untersagen. In einem Fall hatten sich zum Beispiel Bewohner daran gestört, dass ein Nachbar täglich im Treppenhaus mehrere Zigaretten rauchte, um seiner Ehefrau den Qualm in der Wohnung zu ersparen. Laut Amtsgericht Hannover ist ein Rauchverbot im Treppenhaus wirksam (Az. 70 II 414/99), schließlich widerspreche das regelmäßige Rauchen der "Zweckbestimmung des Treppenhauses".

Bei starken Spuren ist der Mieter dran

Sehr kompliziert ist dagegen die Frage, ob und wie Mieter und Vermieter ein wirksames Rauchverbot vereinbaren können, denn Rauchen in der Mietwohnung ist grundsätzlich erlaubt (BGH, Az. VII ZR 124/05). Es fällt unter den Grundrechtschutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit. Auch das Landgericht Karlsruhe bezeichnete das Rauchen als "Teil sozialadäquaten Verhaltens, zumindest in der vom Mieter bewohnten Wohnung".

Weitgehend einig sind sich Experten darin, dass eine Nichtraucher-Vereinbarung (wenn überhaupt) nur individuell ausgehandelt werden kann, in einem Formularmietvertrag also unwirksam ist. Faktisch ist ein Rauchverbot ohnehin schwer durchsetzbar, schon allein deshalb, weil es der Vermieter kaum überprüfen kann. Und hat ein Mieter zum Beispiel bei Vertragsabschluss erklärt, er habe mit dem Rauchen aufgehört, dann aber doch rückfällig wird, kann der Mietvertrag nicht durch den Vermieter angefochten werden (LG Stuttgart, Az. 16 S 137/92).

Beim Auszug muss der Mieter seine Nikotinspuren im Zuge der Schönheitsreparaturen beseitigen. Der Bundesgerichtshof hat im vergangenen Jahr zwar nochmals festgestellt, dass Rauchen zur vertragsgemäßen Nutzung des Mietobjekts gehört und damit im konkreten Fall dem Mieter recht gegeben. Das Gericht wies aber gleichzeitig darauf hin, dass der Vermieter durchaus dann von seinem Mieter Schadenersatz fordern kann, wenn sich die Schäden nicht mit den üblichen Schönheitsreparaturen wie Tapezieren, Anstreichen oder Kalken beseitigen lassen (BGH, Az. VIII ZR 37/07). Im Gegensatz zum Rauchverbot in bayerischen Gaststätten gibt es damit eine vergleichsweise klare Regelung.

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