Süddeutsche Zeitung

Urteile:Allein im Doppelbett

Durchgelegen, zurückgeschickt, verrutscht: Die Gerichte müssen sich manchmal mit ziemlich skurrilen Streitfällen rund ums Bett beschäftigen. Wer zum Beispiel sehr lang alleine in einem großen Boxspring-Bett schläft, muss mit den Folgen leben.

Von Marianne Körber

Es gibt kaum etwas auf der Welt, über das sich nicht streiten ließe. Und so zogen auch Menschen vor Gericht, die sich über ihre Betten ärgerten oder sonstwie ein Problem damit hatten. Hier eine kleine Auswahl von Urteilen, die Gerichte zum Thema sprechen mussten.

Boxspring

Was passiert, wenn ein Single sich in einem Doppelbett breit macht? Nichts, könnte man meinen, und doch kam es zum Rechtsstreit. Ein Mann kaufte ein großes Boxspringbett mit zwei Matratzen und einem Topper obendrauf. Nach einigen Monaten stellte er fest, dass sich in der Mitte des Bettes eine Kuhle gebildet hat und verlangte vom Möbelhaus, diesen Mangel zu beseitigen. Doch der Händler tat das nicht, mit dem Hinweis, dass das Bett nicht zur Alleinnutzung geeignet sei. Daraufhin zog der Single vor das Amtsgericht, das einen Sachverständigen zu Rate zog und die Klage dann abwies - das Bett sei nicht mangelhaft, mittiges Schlafen auf einem Doppelbett stelle eine nicht sach- und fachgerechte Nutzung dar. Der Kläger legte Berufung beim Landgericht ein. Ein normaler Verbraucher müsse davon ausgehen können, ein Boxspringbett auf der gesamten Fläche nutzen zu können. Doch auch hier zog der Bettenkäufer den Kürzeren; das Landgericht erläuterte, es entspreche nicht der üblichen Beschaffenheit eines Doppelbettes, dass der Übergangsbereich zwischen den beiden Liegeflächen zum Schlafen genutzt werden könne. Und das Möbelhaus müsse beim Kauf eines Doppelbettes auch nicht über etwaige Nutzungsmöglichkeiten aufklären (Landgericht Koblenz, Beschluss vom 17.08.2018- 6 S 92/18)

Ebenfalls ums Boxspringbett ging es in einem anderen Rechtsstreit. Ein Ehepaar beklagte sich darüber, dass die auf den Matratzen liegenden Topper auseinanderrutschten und eine Ritze bildeten. Sie forderten den Kaufpreis zurück, ohne Erfolg. Sowohl das Amtsgericht Neuss als auch das Landgericht Düsseldorf beschieden, dass das Bett zum Schlafen - "als seinem eigentlichen Zweck" - geeignet sei. Bei der Urteilsfindung half zuletzt ebenfalls ein Sachverständiger - ein Raumausstatter- und Polsterermeister wurde zur Liegeprobe gebeten. Diese hatte auch bei teils heftigen Bewegungen ergeben, dass die Matratzen zwar leicht schwingen, aber in ihrer Position blieben. (Az. 19 S 105/17).

Wasserbett

Aber dürfen sich Mieter überhaupt betten, wie sie wollen? Nein, meinte eine Vermieterin und verlangte von einem Bewohner, ein Wasserbett aus der Wohnung zu entfernen. Das Haus sei um die Jahrhundertwende erbaut worden und mit Holzbalkendecken versehen. Wasserbetten sah sie als Gefahr für die Immobilie an. Allerdings stand das Bett bereits mehrere Jahre im Zimmer, ohne dass der Altbau Schaden genommen hätte. Die Klage der Vermieterin wurde abgewiesen ( Az. 20 C 83/92). Experten raten dennoch dazu, vor dem Kauf eines Wasserbetts den Vermieter zu kontaktieren, wenn das Wohngebäude schon sehr alt ist. Wer ganz sicher gehen wolle, könne sich auch an einen Statiker wenden.

Widerruf

Mit Betten beziehungsweise Matratzen musste sich auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) befassen: Dürfen im Internet bestellte Matratzen zurückgegeben werden? Ja, urteilte er, und zwar auch dann, wenn die Schutzfolie bereits entfernt worden ist. Ähnlich wie bei Kleidung könne der Verkäufer die Matratze reinigen oder desinfizieren und wieder verkaufen, hieß es zur Begründung in der Entscheidung, die auf einen Fall aus Deutschland zurückgeht. Das Widerrufsrecht, das dem Verbraucher im Fall eines Onlinekaufs 14 Tage lang zusteht, gilt also auch beim Matratzenkauf (Rechtssache C-681/17).

Das Widerrufsrecht besteht allerdings nicht, wenn Ware nach speziellen Kundenwünschen angefertigt wurde. Aber was ist, wenn jemand im Online-Shop ein Bett aus mehreren Komponenten zusammensetzt? Das hat ein Verbraucher getan und im Internet Matratze, Unterbau mit Eckfüßen und Kopfteil ausgesucht und so sein Boxspringbett selbst zusammengestellt. Nach der Lieferung widerrief er den Kaufvertrag und forderte sein Geld zurück. Das lehnte der Händler ab, woraufhin der Kunde klagte - mit Erfolg. Das Gericht Arnsberg befand, es sei zwar richtig, dass der Kunde aus verschiedenen Komponenten habe auswählen können, allerdings würden sich diese problemlos wieder voneinander trennen lassen. Der Händler könne sie wieder verwerten, der Widerruf sei für den Händler nicht unzumutbar (Az.: I-3 S 120/15).

Schon 2010 sprach der BGH ein Urteil zur Rücknahme von Wasserbetten. Der Fall: Ein Kunde erwarb ein Wasserbett und befüllte es, um es auszuprobieren. Danach machte er von seinem Widerrufsrecht Gebrauch. Der Händler verweigerte aber die Rückerstattung des Kaufpreises, der Fall ging durch die Instanzen. Der BGH entschied schließlich, dass der Händler keinen Wertersatzanspruch habe. Die Prüfung der Ware müsse kostenlos möglich sein (Az.: VIII ZR 337/09).

Hotelbetten

Nicht nur zu Hause, auch auf Reisen gibt es bekanntlich oft Ärger. Wer ein Hotelzimmer mit Doppelbett gebucht hat, sollte auch genügend Platz darin haben - ein Bett mit 1,20 Meter Breite stelle einen Reisemangel dar, urteilte das Amtsgericht Düsseldorf (Az. 29 C 16301/97).

Kein Reisemangel liegt dagegen vor, wenn im Hotelzimmer statt eines Doppelbettes zwei Einzelbetten stehen. Ein Ehepaar sah sich dadurch in seinem Urlaub beeinträchtigt, da aufgrund dieses Umstands kein harmonischer Intimverkehr möglich sei. Es wollte den Reisepreis mindern, zog vor Gericht und verlor. Das Amtsgericht Mönchengladbach konnte die Haltung des Paars nicht nachvollziehen - und gab in seiner Urteilsbegründung praktische Tipps: Dem Gericht seien mehrere allgemein bekannte und übliche Variationen der Ausführung des Beischlafs bekannt, die auf einem einzelnen Bett ausgeübt werden könnten, und zwar durchaus zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Außerdem hätte es nur weniger Handgriffe bedurft, um die Betten miteinander zu verbinden. Eine Schnur sei für wenig Geld schnell zu besorgen, notfalls hätte es auch ein Hosengürtel getan. (Az.: 5a C 106/91).

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Quelle:
SZ vom 22.08.2020
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