Ungarn: Gescheiterte IWF-Hilfen:Investoren gehen auf Distanz

Lange vor Griechenland hatte Ungarn den Internationalen Währungsfonds um Hilfe gebeten - und alles schien auf gutem Weg zu sein. Doch die neue Regierung hat keine Lust zu sparen. Jetzt gibt es Streit, der das Land hart trifft.

Hans von der Hagen

Ungarn steht vor einem Trümmerhaufen: Einige Zeit hatte es so ausgesehen, als würde das Land durch das frühe Einschalten des Internationalen Währungsfonds (IWF) einigermaßen sicher durch die Krise steuern, doch jetzt wurden die Verhandlungen mit dem IWF abgebrochen. Kredite fließen vorerst nicht.

Ungarische Nationalbank

Ungarns Regierung streitet mit dem Internationalen Währungsfonds. Die Landeswährung Forint gerät dadurch massiv unter Druck. Im Bild: Die Ungarische Nationalbank.

(Foto: hgn)

Dem Chef der sozialistischen Vorgängerregierung Gordon Bajnai - er selbst war parteilos - war es noch gelungen, die vom IWF und der EU geforderten Sparmaßnahmen überraschend konsequent durchzuziehen. Binnen relativ kurzer Zeit hatte sich die Finanzlage Ungarns deutlich gebessert.

Doch seit Frühjahr regiert der straff rechtsorientierten Fidesz das Land - und der Ton gegenüber den Geldgebern ist patzig geworden.

"Ergebnislos" beendet

Die Regierung habe dem IWF und der EU mitgeteilt, dass zusätzliche Anstrengungen nicht in Frage kämen, sagte Wirtschaftsminister György Matolscy in einem Fernsehinterview. Der IWF hatte diese gefordert, um das Defizit im laufenden Jahr auf 3,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 2011 auf unter drei Prozent des BIP zu senken.

Rund 14 Tage hatten die Gespräche zwischen Ungarn, und dem IWF gedauert. Matolcsy betonte eilig, die Verhandlungen seien nicht gescheitert, sondern nur "ergebnislos" beendet worden.

Das Platzen der Gepräche hatte sich indes wohl früh abgezeichnet: Mit Häme wurde in ungarischen Medien zu Kenntnis genommen, dass sich Ungarns fußballbegeisteter Ministerpräsident Viktor Orbán lieber bei der WM in Südafrika die Zeit vertrieb als mit dem IWF zu verhandeln. Er war spaßeshalber dort - das Land selbst war bei der WM nicht dabei.

Die Finanzmärkte reagierten besorgt auf das gespannte Verhältnis zwischen der ungarischen Regierung und dem IWF: Die Börse brach ein und die ungarische Landeswährung Forint verlor gegenüber dem Euro drastisch an Wert. Gegen Montagmittag notierte sie bei 289 Forint für einen Euro.

Regierung im Dilemma

Auch die Prämien für ungarische Kreditausfallversicherungen zogen deutlich an. Die Wertverlust des Forint ist gefährlich: Viele Ungarn haben Kredite in Schweizer Franken aufgenommen, da die Zinssätze für die ausländische Valuta erheblich tiefer lagen als die für Forint. Doch der Verfall der eigenen Währung macht es nun schwierig, die Raten für Kredite in Franken zu begleichen.

Die Regierung steckt also in einem Dilemma: Einerseits darf ihr der Forint nicht entgleiten, andererseits will sie die Wähler nicht mit zu viel Spareifer verschrecken. Immerhin stehen im Oktober die Kommunalwahlen an.

Da passt es auch ins Bild, dass jetzt die Rhetorik so kraftstrotzend ausfällt: Das Poltern gegen internationale Organisationen kommt in Ungarn zuweilen gut an. Noch.

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