Unabhängige Finanzberater:Schein und Sein

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Verbraucherschützer beklagen immer wieder das Qualitätsgefälle zwischen Beratern, Planern und Verwaltern. Auf was Sparer achten sollten, wenn sie sich einem Finanzplaner anvertrauen.

Das Hemd ist gebügelt, der Scheitel sitzt und das Lächeln ist höflich und zurückhaltend. Ein solches Auftreten wird von einem kompetenten Finanzplaner erwartet.

(Foto: Foto: iStockphoto)

Hat der Bilderbuch-Berater dann über die Börse, Altersvorsorge und Renditen geredet, bleibt den meisten nur noch Zustimmung.

Doch die Folgen sind häufig fatal: Schon fast jeder hat von der 80-jährigen Rentnerin gehört, die sich an einem geschlossenen Fonds beteiligt, der nicht nur riskant ist, sondern auch erst in 20 Jahren aufgelöst wird. Und auch der 22-Jährige, der derartig viele Versicherungen abschließt, dass vom monatlichen Gehalt kaum etwas übrig bleibt, ist kein Novum.

Unisono beklagen daher Verbraucherschützer das Qualitätsgefälle zwischen Beratern, Planern und Verwaltern. Für Ratsuchende ist es nicht leicht, einen seriösen und unabhängigen Finanzplaner zu finden.

Die meisten Bezeichnungen sind nicht geschützt

Worauf sollte der Sparer bei der Suche also achten? Da ist zunächst die feine Unterscheidung zwischen Sein und Schein. Wer darf sich Finanzplaner nennen? Mögen die Visitenkarte und der darauf genannte Titel noch so eindrucksvoll sein, davon sollten sich Kunden nicht blenden lassen. Die meisten Bezeichnungen sind nicht geschützt.

Nach jüngeren Schätzungen läuft ungefähr ein Siebtel des jährlichen Geldanlagegeschäfts der privaten Haushalte über freie Finanzdienstleister. Die genaue Zahl kennt keiner, denn es existiert keine zentrale Kontrollstelle.

Vermögensverwalter unterliegen dagegen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Zwar schreibt eine EU-Richtlinie auch konkrete Anforderungen für Finanzdienstleister vor. Bis die in jeder Hinsicht in deutsches Recht umgesetzt sein wird, dürfte jedoch noch einige Zeit dauern.

Die Unabhängigkeit beginnt bei zehn Firmen

Welche Finanzplaner sind unabhängig? Selbst Experten sind sich uneins darüber, wann ein Finanzplaner oder -berater unabhängig ist. Berater, die nur Produkte eines Unternehmens vermitteln, sind es sicherlich nicht. Vielmehr gilt folgende Regel: Wer Produkte von mindestens zehn Firmen vertreibt, kann prinzipiell als relativ unabhängig betrachtet werden.

Doch selbst dann sind die Probleme nicht ausgeräumt. Denn da der Finanzberater nur an der Vermittlung verdient, liegt die Vermutung nahe, dass er bevorzugt Anlageprodukte empfiehlt, die ihm eine hohe Provision einbringen.

Die Höhe der Provisionen kann dabei erheblich schwanken: So liegt bei so genannten Steuersparmodellen die Abschlussprovision bei acht bis 15 Prozent der Einzahlungssumme, sagen Experten.

Bei aktiv gemanagten Aktienfonds sind es ungefähr vier bis sechs Prozent, Kapitallebensversicherungen bringen etwa drei bis fünf Prozent. Eine neutrale Beratung ist unter diesen Voraussetzungen naturgemäß schwierig zu realisieren.

Finanzierung über Honorare

Nach Auffassung vieler Verbraucherschützer wäre es daher am besten, wenn sich der Berater nicht über Provisionen, sondern über Honorare finanzieren würde.

Genau auf dieses Modell setzt inzwischen Karl Matthäus Schmidt mit seiner neu gegründeten Quirin-Bank. Das Institut finanziert sich nur über die Honorare der Kunden, nicht aber aus Provisionen. Der Gründer der ehemaligen Direktbank Consors (heute: CortalConsors) versucht sich also wieder an einer Innovation im deutschen Finanzdienstleistungssektor.

Ob das Geschäftsmodell der Quirin-Bank tragfähig ist, muss sich erst noch erweisen. Immerhin sind manche Experten der Meinung, dass eine vernünftige Finanzplanung auf Honorarbasis etwa tausend Euro kostet. Ein solcher Aufwand lohne sich erst ab einem Vermögen in Höhe von 100.000 Euro, heißt es immer wieder.

Schnell einige tausend Euro gespart

Doch andere Finanzwissenschaftler sehen das anders. Schließlich spare jener Anleger, der davor bewahrt werde, eine überflüssige Lebensversicherung abzuschließen, schnell einige tausend Euro.

Mit einer gängigen Gebührenordnung kann dieser Unsicherheit ebenfalls nicht begegnet werden: Es gibt sie schlicht nicht.

Vertraut der Anleger einem der wenigen Finanzplaner, die Honorare verlangen, ist zwar ein wesentlicher Zielkonflikt ausgeräumt, Vorsicht aus der Perspektive des Sparers ist dennoch angesagt. Die Einsicht darin, wie ein Finanzplaner arbeitet, kann helfen, die Spreu vom Weizen in der Branche zu trennen.

Kostenloses Informationsgespräch

Wie arbeitet also ein Finanzplaner? Ein Finanzplaner setzt schon aus Eigennutz auf eine langfristig orientierte Anlageberatung. Arbeitet er seriös, bietet er in der Regel zunächst ein kostenloses Informationsgespräch an.

Vor dem folgenden Auftrag sollte die zu erbringende Leistung schriftlich eindeutig festgehalten werden. Im Schnitt dauert eine Finanzplanung auf Honorarbasis zwischen zehn und 20 Stunden. Alle Fakten zur finanziellen Situation werden gesammelt, der Planer wertet die Daten aus.

Im Gespräch wird analysiert, was dem Kunden wichtig ist. Viele Fragen kann nicht der Berater beantworten, sondern muss der Kunde entscheiden. Wie viel Liquidität benötigt er? Ist die Familie optimal abgesichert? Wie stellt der Kunde sich seine Zukunft vor? Welche Zielrendite peilt er an? Mit der letzten Frage hängt unauflösbar zusammen, welches Risiko der Kunde eingehen will. Am Ende erhält der Sparer schriftlich, welche finanziellen Möglichkeiten er hat. Er kann die Ratschläge umsetzen, muss es aber nicht.

Ein Gütesiegel gibt es nicht

Welche Kriterien sollte ein Finanzplaner erfüllen? Ein Gütesiegel gibt es nicht. Der Kunde muss sich auf seinen persönlichen Eindruck verlassen. Er kann zumindest aber fragen, welche Ausbildung der Planer absolviert hat.

Finanziert sich der Planer über Provisionen ist noch stärkere Vorsicht angesagt: Denn dann mutiert die Finanzplanung häufig zu einem Verkaufsfördersystem. Typisch ist folgende Situation: Der Planer entdeckt zahlreiche Versorgungslücken und hat zugleich passende Produkte parat. Schlägt er dann noch den Verkauf sämtlicher Aktien sowie den Austausch aller Versicherungen vor, ist Vorsicht geboten.

Eine weitere wichtige Grundregel bei der Finanzplanung lautet: Transaktionsgebühren möglichst minimieren. Denn die schöpfen eine Menge von der zu erwartenden Rendite ab. Der Berater sollte daher auf die Risiken einer Anlage hinweisen und mehrere Tage Bedenkzeit einräumen. Kosten, Rendite und Laufzeit sollten schriftlich fixiert werden.

Psychologische Fallstricks

Auch die Kenntnis über psychologische Fallstricke kann helfen, Fehler zu vermeiden. Viele Planer wissen nämlich, wie unsicher die Verbraucher sind und nutzen diesen Umstand aus.

Weiß ein Berater allzu genau, wie sich seiner Meinung nach die Märkte entwickeln werden und was konkret getan werden müsste, ist Vorsicht angesagt. Doch häufig passiert genau das Gegenteil: Die Kunden sind erleichtert und nehmen den Rat sowie das Produkt unreflektiert an. Und genau darauf setzen manche Berater.

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